Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. August 1935 Magnetophon wird vorgestellt

Die Spannung ist groß, als AEG und BASF das erste serienmäßige Tonbandgerät auf der Funkausstellung zeigen. Das Magnetophon K1 ist geeignet für jedwede Aufnahme, ob Hochzeitsfeier, Polizeiverhör oder Radiosendung. Die Bedienung ist leicht. Doch das K1 rauscht. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 16.08.2021 | Archiv

16 August

Montag, 16. August 2021

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Eine typische Situation einst im analogen Hörfunkstudio: Der Sprecher ist verabschiedet, die Tontechnikerin spielt dem Regisseur das Aufnahmeband vor. Darauf sagt der Sprecher: "Das wäre doch gelach… Hahahaha!" und dann lacht er nochmal als Variante: „Hahaha“. Das zweite Lachen – "Hahaha" – hinterher wäre gut. Aber er sagt vorher: "Es wäre doch gelach". Da fehlt ein "t"! Merkt keiner? Doch jeder: Das wäre doch gelach! Also sucht die Technikerin ein anderes Wort, dass der Sprecher mit "t" gesagt hat. Ja, "hat" zum Beispiel. Oder "macht". Davon schneidet sie das "t" ab und klebt es mit Bandkleber, einer Art Tesafilm, ans "gelach". Voilá: "Gelacht!"

Wär doch gelachT

Geschenkt - würden die damals vor allem Tontechnikerinnen sagen, die seit Mitte der 1930 Jahre tagaus tagein Bänder schneiden. Über Dekaden ist das ein Frauenberuf. Regisseure und Toningenieure an den Mischpultreglern sind - dereinst wie selbstverständlich - Männer. Die Bandkuchen auf den Bandtellern drehen die Damen. Versiert, virtuos, kein Bandsalat. Die Besten schneiden schneller als ihr Schatten, heißt es.


Tonaufnahmen editieren, oder erstmal überhaupt aufnehmen… Jahrzehntelang tüfteln Radio- und Technikpioniere in Europa und den USA an einem praktikablen und wohlklingenden Tonträger. An einer Alternative zur aufwendigen und störanfälligen Live-Sendung der 1920er und frühen 1930er Jahre, für die das Orchester komplett anrücken muss oder nach der der Chef den Ansager für jeden Versprecher rüffelt. Auf Wachsplatten und Schellackplatten lassen sich Töne bald konservieren. Versingt sich die Sängerin am Mikrofon – bleibt der falsche Ton. Nachbearbeiten ist nicht.

Das könnte mit Aufnahmen auf Stahlbändern oder magnetisierten Papierbändern funktionieren, würden die beim Spulen nicht dauernd reißen.

Das erste Tonbandgerät

Immens sind die Erwartungen, als die beiden deutschen Firmen AEG und BASF das Magnetophon ankündigen. Das erste seriengefertigte Tonbandgerät. Am 16. August 1935 präsentieren sie auf der Berliner Funkausstellung den Prototyp K1. Zwei Spulen, drei Tasten, Drehregler, Zählwerk. In einem großen Koffer, ergänzt von weiteren Koffern und Truhen, die Hilfsgeräte wie Verstärker und Lautsprecher enthalten. Das K1 hat extra Motoren zum Vor- und Zurückspulen, so reißt das Band nicht. Plakate am Messestand werben: Das K1 kann Geburtstagsfeiern festhalten, Hochzeiten, Betriebsversammlungen, Polizeiverhöre aufzeichnen, politische Großveranstaltungen. Das allgemeine Publikum ist begeistert, die Fachbesucher jubeln.

Das Magnetophon ist nicht mehr aufzuhalten. Mit einem speziellen Tonkopf und einem Tonband aus Kunststoff hält es sich bis zur Digitalisierung. Zunächst jedoch hält das K1 nicht ganz, was es verspricht. Es rauscht wie ein Wasserfall. Per Zufall entdeckt ein Angestellter der Berliner Reichsrundfunkgesellschaft die Hochfrequenzvormagnetisierung. Ein Verstärker fängt plötzlich an zu schwingen, das reduziert die Rauscherei. Ab da ist allerdings auch klar hörbar, wenn mal wo ein Buchstabe fehlt. Aber das wäre doch gelach…, wenn sich auf dem ganzen Bandkuchen kein "t" fände, dass sich dranschneiden ließe – zum "Gelacht"…  


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