Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. August 1749 Apokalypse im Gäuboden: Heuschreckenschwarm frisst Eggenfelden kahl

1749 brach eine Heuschreckenplage über Mitteleuropa herein. Fromme Gebete schienen wenig zu nützen, deshalb rückte man mit Dreschflegeln und Trommeln gegen die Insekten vor. Schließlich hatten sie schon Eggenfelden kahl gefressen. Also hätten sie. Wenn die Ente noch nicht eingebracht worden wäre. Bestimmt. Autor: Simon Demmelhuber

Published at: 24-8-2023 | Archiv

24.08.1749: Apokalypse im Gäuboden: Heuschreckenschwarm frisst Eggenfelden kahl

24 August

Donnerstag, 24. August 2023

Autor(in): Simon Demmelhuber

Sprecher(in): Caroline Ebner

Redaktion: Frank Halbach

Schwarz steigt das Unheil über dem Innviertel auf, fährt finster von Neuburg und Schärding her auf den Gäuboden zu, rast schreckensfeist die Rott hinauf und bricht gegen vier Uhr nachmittags am 24. August 1749 über Eggenfelden herein.

Die achte Plage!

Ein dunkles Brausen und Prasseln stürzt nieder, färbt Wiesen, Äcker, Wege rotbraun, deckt jeden Zoll Boden mit krabbelnden Leibern, knickt Äste, Blätter, Halme unter millionenfach wimmelnder Last.
Ihr heiligen Helfer, steht uns bei! Die Heuschrecken sind da! Sie fressen, bis sie jedes Feld, jeden Garten, jede Weide, jeden Wald zerbissen, zernagt und kahlgeraspelt haben. Sie fressen, bis der letzte Stengel, das letzte Grün, bis jede Ähre, jede Blüte, jede Frucht verschlungen ist. Wo sie einfallen, folgen Hunger, Mangel, Teuerung, Not.
Das Elend kommt nicht unerwartet. Zwei Jahre schon berichten Flugblätter und Zeitungen über donauaufwärts ziehende Schwärme, die Siebenbürgen, Ungarn, die Türkei und Polen verwüsten und nun gefräßig gegen Österreich und Bayern stürmen. Tag für Tag rückt das apokalyptische Heer näher und drängt sowohl die Kaiserin in Wien als auch den Kurfürsten in München, sich gegen das Übel zu wappnen.
Dass Maria Theresia und Max III. Joseph allem andern zuvor strengstes Fasten, Andachten und Bittgänge ansetzen, versteht sich von selbst. Denn wie Gott den verstockten Pharao einst durch Heuschrecken strafte, so züchtigt er die sündige Menschheit noch heute durch ausgeschicktes Ungeziefer. Darum können nur Tränen, Reue und tiefe Zerknirschung sein Erbarmen erflehen.

Geläut, Getrommel, Geböller und Geschrei

So war es immer, so ist es gut. Trotzdem mengt sich, leise zwar, doch unüberhörbar, ein neuer Ton unter den alten: Bislang ungehörte Gedanken stocken das Arsenal der bußfertig frommen Schädlingsabwehr auf. So lässt Maria Theresia ein Edikt erarbeiten, das religiöse Belange nur streift, um desto ausführlicher über das Brut-, Zug- und Fressverhalten der Insekten zu sprechen. Und an Stelle geistlicher Gegenwehr empfiehlt der Erlass ausgesprochen weltliche Vorgehensweisen:
Das elende Schadgetier ist erstens mit Geläut, Getrommel, Geböller und Geschrei von seinen Lagern aufzutreiben, zweitens mit Dreschflegeln, Besen, Brettern, Pritschen totzuschlagen, drittens mit brennendem Stroh zu überhäufen und vollständig einzuäschern. Insbesondere aber gilt es, die Gelege aufzuspüren, die Eier einzusammeln und zu vernichten, um jede Nachbrut zu verhindern.
Max III. Joseph übernimmt die rabiate Rezeptur. Wie die Kaiserin, befiehlt der bayerische Kurfürst gemeinsames Lärmen, Erschlagen, Verbrennen. Zusätzlich lobt er Prämien für gesammelte Eier aus, trägt allen Gemeinden die Bestellung berittener Alarmstaffeln auf und ordnet stets wehrhafte Wachsamkeit an.
Zum Glück aber kommt Eggenfelden ganz ohne Gefecht und Gemetzel davon. Die Bauern haben die Ernte bereits eingebracht. Der Tisch ist leergeräumt, der Schwarm findet schlichtweg nichts zu fressen. So zieht die Apokalypse am nächsten Morgen hungrig weiter und krabbelt "ohn sonderlichen Schaden, Jammer und Theuerung " am Gäuboden diesmal gottlob einfach vorbei.


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