Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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15. September 1930 Heinz Rühmanns "Die Drei von der Tankstelle" uraufgeführt

Hunger, Not, Armut – Deutschland in der Wirtschaftskrise hat Anfang der 1930er Jahre nichts zu lachen. Oder kaum etwas, denn das Kino setzt Klamauk gegen die Alltagstristess. "Die Drei von der Tankstelle", ein launiger Streifen um drei Freunde und die Liebe, wird zum Kassenschlager. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 15.09.2021 | Archiv

15 September

Mittwoch, 15. September 2021

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wie sich die Zeiten ändern. Der Film "Die Drei von der Tankstelle", uraufgeführt am 15. September 1930, wirkt heute komplett altmodisch, damals war er ein Kassenschlager. Nach Feierabend lief nahezu jeder, der noch Arbeit hatte und sich eine Kinokarte leisten konnte, in diese hochmoderne Filmoperette, um das harte Leben für zwei Stunden zu vergessen. Der Tonfilm war noch neu, die musikalische Untermalung setzte Maßstäbe für die spätere Entwicklung des Musicals, und das komödiantische Talent des jungen Heinz Rühmann erhellte die Gemüter. Spaß und Ablenkung hatte jeder nötig in der Zeit der großen Weltwirtschaftskrise, als Millionen Menschen ihre Jobs verloren, viele verhungerten, sich von Brücken stürzten und Links- und Rechtsradikale sich Straßenkämpfe lieferten.

Zwei Stunden im Kino abtauchen

Rühmann, der sprichwörtliche kleine Mann, gänzlich unmartialisch und augenzwinkernd dauervergnügt, spielt einen von drei Freunden, denen man das gesamte Besitztum weggepfändet hat. Das Einzige, was ihnen geblieben ist, nämlich das Auto, verkaufen sie, um eine mäßig frequentierte Tankstelle zu betreiben. Immerhin kommt die hübsche Lilian Harvey alias Lilian Cossmann öfter mal vorbei, ein emanzipiertes Zwanziger-Jahre-Mädchen mit Führerschein und eigenem Wagen. Jeder der drei Freunde verliebt sich in sie, doch Lilian weiß, wen sie will: nicht den Heinz Rühmann natürlich, sondern den schnittigen Willy Fritsch, auch im Film "Willy".

Damenwahl

Dass die zwei zum Schluss zusammenfinden, ist Lilians Vater zu verdanken, der eine Tankstellen-AG gründet, Willy zum Direktor macht und dessen Freunde auch gleich noch mit einstellt, weil Willy sich das wünscht.

Lilian trickst ein bisschen, indem sie Willy einen Ehevertrag unterjubelt, den er versehentlich unterschreibt, und die anderen beiden Freunde finden ihr Pech in der Liebe nicht weiter schlimm, weil auch ihre Arbeitsplätze nun gesichert sind. Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt. ((Drum sei auch nie betrübt, wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt. Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den's gibt.))

Ist das lustig? Nun ja, die Geschichte ist schmissig und filmtechnisch geschickt erzählt, die Lieder wurden zu Gassenhauern. Der Glamour der Zwanzigerjahre scheint noch auf, hat aber nichts Laszives oder Subversives mehr. Das Tragische, das auch zu einer guten Komödie gehört, wird weggetanzt und weggeträllert, und dies bisweilen in recht zackiger Manier. Ja, die drei Freunde sind pleite, arbeitslos und unbeweibt, aber einem fröhlichen Männerbund ist das Schicksal immer gewogen, es schickt einen mächtigen Mann mit hübscher Tochter und alles wird gut. Die Kritiker waren begeistert, und selbst die nationalsozialistische Zeitung "Der Angriff" zeigte sich angetan: "Endlich einmal ein paar Menschentypen, die vor nichts Bange haben, die das Leben meistern!" Wer weiß, was kommen wird, sieht die drei Freunde schon in den Krieg ziehen, Schulter an Schulter fröhlich pfeifend und mit dem Segen der lustigen Lilian.


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