Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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22. Dezember 1881 Die Drehtür wird patentiert

Unzählige Male geht der Mensch im Leben durch eine Drehtür, für die am 22. Dezember 1881 ein gewisser Herr Bockhacker das deutsche Patent erhielt. Autor: Thomas Grasberger

Stand: 22.12.2017 | Archiv

22 Dezember

Freitag, 22. Dezember 2017

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Ilse Neubauer und Martin Umbach

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Wie steht es eigentlich mit der Drehtür? Dient sie dem menschlichen Fortschritt? Ja, kann eine Erfindung, die sich immer um die eigene Achse bewegt und nicht vom Fleck kommt, überhaupt dem Fortschritt dienen?

Gut, eine solche Frage ist ungerecht, werden Sie jetzt sagen. Sie wird dem Wesen der Drehtür nicht gerecht. Aber was ist eigentlich dieses Wesen? Die wohl charmanteste Definition der Drehtür findet man im Internetkatalog eines tschechischen Versandhandels. Dort heißt es:

"Drehtüren ermöglichen einen Durchgang, da ohne es zum direkten Kontakt von Außen- und Innenumgebung kommen würde."

Bevor sie sich jetzt über diese böhmische Definition amüsieren, versuchen sie es lieber selbst mal. Garantiert, dass Sie anfangen mit dem Zeigefinger herumzufuchteln, wenn sie das Prinzip Drehtür beschreiben sollen. Irgendwie im Kreis oder so … Gar nicht einfach. Von wegen Fortschritt! Drehtüren können zumindest zu sprachlichem Verfall führen. Nehmen wir also lieber unsere böhmische Definition, denn sie hat einen richtiggehend philosophischen Ansatz: " … da ohne es zum direkten Kontakt von Außen- und Innenumgebung kommen würde". Klingt fast nach Immanuel Kant. Oder nach Hegel! Wo aber beginnt bei einer Drehtür Innen, wo Außen? Bin ich schon drin, wenn ich nicht mehr draußen stehe? Oder ist die Drehtüre gar die physikalische Aufhebung von Innen und Außen? Eine vierte Dimension quasi?

Praktischer Problemfall: Dame in der Drehtür

Okay, das führt jetzt zu weit. Aber ganz lebenspraktisch gefragt: Wie verhält man sich als Mann an einer Drehtür einer Dame gegenüber?

Lässt man sie vorgehen und somit auch kräftig schieben? Oder drängelt man sich zuerst hinein und zieht die Gute irgendwie hinter sich her?

Oder gewährt man ihr den Vortritt, überholt dann aber in der vierten Dimension und schiebt ganz fleißig, bis beide hoffentlich unverletzt durch sind?

Viele offene Fragen. Irgendwie machen einen diese Drehtüren ganz schwindlig. Aber das gehört wohl auch zu ihrem Wesen. Es muss daher erlaubt sein zu fragen, ob der niederländisch-amerikanische Erfinder Theophilus Van Kannel der Menschheit einen Dienst erwies, als er 1888 das US-Patent auf die Drehtür anmeldete. Van Kannel hatte ja lauter so lustige Ideen. 1865 ließ er sich schon eine Maschine zum Entkernen von Kirschen patentieren. Inwieweit solche Erfindungen ein Segen sind, mag jeder für sich entscheiden.

Philosophischer Problemfall: das Leben als Drehtür

Ein echter innovativer Fortschritt aber war das Drehtür-Patent Van Kannels zumindest nicht. Alles schon mal da gewesen! Denn bereits am 22. Dezember 1881 hatte ein gewisser Herr Bockhacker aus Berlin das deutsche Patent für seine "Thür ohne Luftzug" erhalten. Bockhacker aber hat seine Idee nicht weiter vermarktet; hat sich - bildlich gesprochen - nicht von der Stelle bewegt, sondern nur um die eigene Achse gedreht. Ganz im Sinne seiner Erfindung. Von Fortschritt also keine Spur.

Die Skeptiker unter uns wird es freuen! Und sie werden vielleicht hinzufügen: Ist nicht unser ganzes Leben wie eine Drehtür? Vorne stolpert man irgendwie hinein, dann absolviert man ein paar Runden im Hamsterrad, und unversehens purzelt man hinten wieder heraus? Ja, und ist nicht unsere ganze Menschheitsgeschichte eine einzige riesige Drehtür? Na gut, das führt jetzt wirklich zu weit. Ich hab das Gefühl wir drehen uns da ein wenig im Kreis. Übrigens, wo geht’s denn hier eigentlich wieder raus? Ach ja, genau: Da! Also, Servus beianand!


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