Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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12. Juni 1897 Das Schweizer Taschenmesser wird Handelsmarke

Das Schweizer Offiziers- oder Taschenmesser, auch Sackmesser genannt. Neben der für ein Messer obligatorischen Klinge sind noch weitere Werkzeuge in das Messer integriert – bis zu 81! Autor: Thomas Grasberger

Stand: 12.06.2019 | Archiv

12 Juni

Mittwoch, 12. Juni 2019

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Früher war alles einfacher. Die Herstellung von Schwertern zum Beispiel. Klar gab´s da auch Unterschiede. Im Großen und Ganzen aber waren die Anforderungen überschaubar. Ein gutes Schwert musste hart sein und gleichzeitig hochelastisch – am besten aus Damaszener Stahl. Die Passauer Wolfsklingen zum Beispiel waren im Spätmittelalter echte Wunderwaffen – bayerische Markenqualität! Mit so einem Bidenhänder konnte man Bäume fällen, Drachen töten und Feinde vierteilen. Naja, alles, was man halt so brauchte, früher.

Die Evolution des Bidenhänders

Kronkorken von Flaschenbieren zu entfernen wäre allerdings deutlich schwieriger gewesen, die Verletzungsgefahr erheblich. Auch fehlte beim Bidenhänder die Pinzettenfunktion. Und als Zahnstocher hat er sich ebenfalls nicht bewährt.

Aber die Welt blieb ja nicht stehen, und so hat sich auch unser Wunderschwert langsam angepasst. Kleiner, handlicher und praktischer ist es geworden.

Wir überspringen jetzt ein paar Evolutionsstufen und gehen gleich zum Endpunkt der Schwert-Geschichte. Oder genauer gesagt zum Höhepunkt. Am 12.Juni 1897 wurde nämlich das Schweizer Taschenmesser als Handelsmarke eingetragen. Und das völlig zu recht.

Kann (fast) alles

Denn das Schweizer Taschenmesser kann bekanntlich viel. Sehr viel. Man kann damit schneiden, sägen, bohren, feilen, Scharten schlagen, Scharten auswetzen, Schrauben reindrehen, Schrauben rausdrehen. Alles, was Männer halt gern machen – wenn ihnen fad ist. Und weil es bekanntlich kaum etwas Langweiligeres gibt als Gammeldienst beim Militär zu schieben, verwundert es nicht, dass das Schweizer Taschenmesser Ende des 19. Jahrhunderts für Schweizer Soldaten erfunden wurde. Als kompaktes und leichtes Werkzeug im Feld und auf der Wachstube. Von Essen fassen bis Gewehrreinigen – alles war damit möglich, dank Klinge, Dosenöffner, Schlitzschraubenzieher und Ahle. Ahlen nennt man übrigens spitz zulaufende, dünne Metallstifte, mit denen man irgendwo Löcher reinstechen kann. Bei Soldaten denkt man da natürlich sofort an den Feind; aber es kann auch etwas anderes sein. Jedenfalls war das Taschenmesser handlich, praktisch und vielseitig. Naja, die Schweiz eben, im Hosentaschenformat. Weil die Hosentasche aber auf Schwyzerdütsch Hosensack genannt wird,  heißt das Taschenmesser dort auch Sackmesser. Die ersten 15.000 Exemplare dieser Sackmesser wurden übrigens im deutschen Solingen produziert. Damals noch mit einem schwarzen Griff. Die fesche rote Griffschale mit dem weißen Schweizer Kreuz kam erst später dazu. Und auch jede Menge Werkzeuge, die  die Herzen aller Outdoorfreunde höher schlagen lassen: Holzsäge, Schere, Metallfeile oder Korkenzieher sind heute Standard. Manche Modelle haben auch Zahnstocher oder Fingernagelreiniger aufzuweisen. Für Angler gibt’s den Fisch-Entschupper, und für Golfer einen Rasenheber. Leichter wird’s dadurch freilich nicht, das Messer. 1,3 Kilogramm wiegt das umfangreichste Modell. Da beult sich der Hosensack ein wenig aus. Dafür hat es aber 81 Einzelwerkzeuge für 141 unterschiedliche Funktionen! Ob es auch ein Tool zum schonenden Kürzen von Kalenderblatttexten gibt? Na, klar, da ist es ja. Also: Grüezi beianand! Und... Schnitt!


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