Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. Februar 1886 Charles Martin Hall stellt Aluminium her

Charles Hall gelang es, den Schmelzpunkt für reines Aluminiumoxid auf etwa 950 °C herabzusetzen: Er entdeckte damit eine kostengünstigen Methode zur Herstellung von Aluminium. Autor: Hellmuth Nordwig

Stand: 23.02.2021 | Archiv

23 Februar

Dienstag, 23. Februar 2021

Autor(in): Hellmuth Nordwig

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

1886: Was könnte man aus diesem denkwürdigen Jahr alles erzählen! König Ludwig II. kommt im Starnberger See ums Leben, Robert Louis Stevenson veröffentlicht den "seltsamen Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde", und in New York wird die Freiheitsstatue eingeweiht. Gewissermaßen in deren Schatten segeln, zunächst unauffällig, zwei Erfindungen aus diesem Jahr.

Wenn ich einmal reich wär…

Eine davon nimmt ihren Anfang in Oberlin, Ohio. Wenn Ihnen dieses Städtchen nicht ganz so vertraut ist wie das Sterbedatum von König Ludwig - geschenkt. Man muss Oberlin nicht kennen, auch wenn der Ort ein eigenes College hat. Dort studiert in den 1880er-Jahren Charles Martin Hall. Entschlossener Blick, strenger Mittelscheitel und sein Lebtag lang nur mit der Chemie verheiratet. Eine Bemerkung seines Dozenten soll ihn ins Grübeln gebracht haben: Wer ein rentables Verfahren zur Aluminiumherstellung findet, der wird reich werden. Dass diese Geschichte stimmt, ist nicht sicher - fest steht aber: Aluminium war bis dahin äußerst kostbar, lange Zeit sogar teurer als Gold. Es konnte nämlich nur sehr aufwändig und in homöopathischen Mengen erzeugt werden.

Charles Hall beginnt in einem Holzschuppen zu experimentieren. Seine Idee: Einige Metalle kann man herstellen, indem man ihre Sauerstoffverbindungen, die Oxide, schmilzt und dann Strom durchleitet. Nun wird Aluminiumoxid leider erst bei 2050 Grad flüssig. Der 22-Jährige sucht deshalb nach Zusatzstoffen, die den Schmelzpunkt herabsetzen, so wie das Tausalz beim Eis. Am 23. Februar 1886 hat er Erfolg: Jetzt gelingt es schon bei 950 Grad, das Oxid zu schmelzen. Charles Hall erhält so die ersten Tröpfchen "Aluminum", wie er es nennt. In den USA heißt das Leichtmetall noch heute so.

Der Stoff, aus dem die Dosen sind

950 Grad: Das ist eine Temperatur, mit der die Metallindustrie umgehen kann. Die beginnt schnell damit, Aluminium nach dem Hall-Héroult-Verfahren herzustellen, das auch nach dem Franzosen Paul Héroult benannt ist. Er hat es etwa gleichzeitig mit Charles Hall entdeckt. Ohne die beiden gäbe es keine Flugzeuge, keinen ICE und keine Alufolie. Auch Aluminiumfenster wären unbekannt, was weniger schlimm wäre.

In unserer Zeit wird ja vieles kritisiert, was alternativlos ist, auch die Aluminiumherstellung. Zu Recht: Sie braucht extrem viel Strom, ist alles andere als energieeffizient und setzt Unmengen Kohlendioxid frei. Heute muss es also heißen: Wer ein klimaschonendes Verfahren zur Aluminiumherstellung findet, dem winken die besten Chancen auf ein Denkmal. So wie das für Charles Hall in Oberlin - natürlich aus Aluminium, so leicht, dass die Studierenden es gerne mal wegtragen.

Ach ja, die zweite bahnbrechende Erfindung jenes Jahres hätten wir fast vergessen: einen kohlensäurehaltigen braunen Sirup, der Kopfschmerzen und Müdigkeit vertreiben sollte, mit Koffein und massenweise Zucker drin, und damals auch noch mit Kokablättern und Kolanüssen. Gab's später natürlich auch in der Aludose.


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