Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

12. September 1981 Chaos Computer Club in Berlin gegründet

Ein paar Nerds, die einsam und alleine nächtelang auf ihre Tastaturen einhacken, vermutet mancher. Doch hinter dem Chaos Computer Club verbirgt sich bei seiner Gründung nicht nur ein Haufen - chaotischer - Nerds. Da sind IT-Expertinnen und Experten gemeinsam am Werk. Autorin: Yvonne Maier

Stand: 12.09.2022 | Archiv

12 September

Montag, 12. September 2022

Autor(in): Yvonne Maier

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Sie tragen weite Kapuzenpullis, sitzen in dunklen Kellern und in ihren Augen spiegelt sich die grünlich-schimmernde Schrift einer DOS-Oberfläche vor schwarzem Hintergrund. Wahrscheinlich haben sie sich auch seit Wochen nicht gewaschen und essen nichts Anderes als kalt gewordene Pizza. Klar, Hacker eben. Blitzgescheite, aber auch ein bisschen schräge Computernerds. So jedenfalls sehen sie in Kinofilmen aus. Doch Hacker sehen natürlich ganz normal aus und vor allem - sie sind zumindest in Deutschland auf die spießigste Art und Weise zusammengeschlossen, die man sich nur vorstellen kann: als eingetragener Verein nämlich. Der Chaos Computer Club, der am 12. September 1981 in Berlin gegründet wird ist ein Verein, mit einem Vorsitzenden und einem Vorstand und jährlichen Mitgliederversammlungen.

Normale Nerds

Ok, gut, so ganz "normal" ist der Chaos Computer Club natürlich auch wieder nicht. Zunächst einmal wird er am Tisch der Kommune I in West-Berlin gegründet, doch bald schon liegt der Mittelpunkt des Hackervereins in Hamburg. Der Vereinszweck beinhaltet "Informationsfreiheit" und die Forderung nach einem "Menschenrecht auf weltweite, ungehinderte Kommunikation".

Post-Angriff

Es sollte aber ein paar Jahre dauern, bis die Öffentlichkeit von dem Hackerverein Notiz nehmen würde. 1984 ist es dann so weit. Mit dem sogenannten BTX-Hack wird der Chaos Computer Club in ganz Westdeutschland ein Begriff. Er führt den Beweis, dass der Bildschirmtext, abgekürzt BTX, der von der Deutschen Bundespost bereitgestellt wird, nicht sicher ist.

Das Internet, wie wir es heute kennen, gibt es 1984 ja noch nicht, der BTX ist aber eine Art Vorläufer davon. Die Hacker sagen, sie haben dort eine Sicherheitslücke gefunden, die Deutsche Bundespost bestreitet das. Bei einer Pressekonferenz wollen die Hacker beweisen, dass sie Recht haben. Doch die Bundespost hat in der Zwischenzeit die Lücke geschlossen. Die Präsentation schlägt fehl und die Bundespost behauptet dann: es gibt auch keine weiteren Sicherheitslücken.

Doch weit gefehlt. Denn der Chaos Computer Club hat noch eine andere Lücke gefunden, der Bundespost davon aber nichts erzählt. Die Hacker führen die Bundespost regelrecht vor mit ihrer zweiten Aktion: Sie loggen sich ins BTX-Netz ein, und zwar auf ein Nutzerkonto der Hamburger Sparkasse. Als das gelungen ist, rufen sie 13 Stunden lang immer wieder eine kostenpflichtige BTX-Seite auf, die Rechnung geht an die Sparkasse. Satte 134.694,70 DM kommen zusammen. Von wegen - es gibt keine Sicherheitslücke mehr.

Nach einigem Hin und Her und einem enormen Medienecho muss auch die Bundespost eingestehen, dass der Bildschirmtext angreifbar ist und beauftragt den Softwarehersteller IBM nachzubessern. Wie genau die Hacker aber zu den Login-Daten gekommen sind, ist bis heute ungeklärt. Für die Hacker ist es übrigens juristisch kein Problem, dass sie über den Computer die Hamburger Sparkasse theoretisch um fast 135.000 DM erleichtert haben. Denn im Jahr 1984 ist Computerkriminalität noch nicht strafbar. Es gibt noch gar kein entsprechendes Gesetz.


1