Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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30. April 1938 Bugs Bunny hat seinen ersten Auftritt

Wer wie ein Häschen aussieht, muss noch lange kein Angsthase sein. Bugs Bunny, das ewig gejagte, aufrecht gehende Karnickel, behält in hunderten von Trickfilmen immer Kontrolle über das Geschehen. Zur Not mit Dynamit… Autorin: Anja Mösing

Stand: 30.04.2019 | Archiv

30 April

Dienstag, 30. April 2019

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Natürlich könnte er auch in einem Walt Disney Film mitspielen. Warum nicht?

Gut genug wäre er auf jeden Fall. Also, gut genug gezeichnet!

Seine Bewegungen sind wunderbar geschmeidig: Allein schon wie er den Arm aus seinem Bau herausstreckt, wie seine Hand dann im eng anliegenden weißen Fingerhandschuh vorsichtig nach einer Karotte tastet, wie seine Finger dabei in kleinen Schritten über den Waldboden gehen: alles so fantastisch gemacht, dass man sofort gebannt zuschaut!  Auch seine großen, meist halb geschlossenen Augen, seine flauschigen langen Ohren und sein puscheliges weißes Schwänzchen: perfekt geeignet für die zauberhaften Filme vom Zeichentrick-König Walt Disney.

Ein Hase mit Charakterschwächen

Aber sein Charakter? Puh!

Der würde bei Disney nur für eine Rolle als Bösewicht reichen. Als listiger Fuchs wär er klasse! Disneys Helden erwecken Mitgefühl bei den Zuschauern. Kein Thema für Bugs Bunny. Das ober-coole, scharfsinnige, aufrecht gehende Karnickel will nur eins: Überleben! Dazu sind ihm alle Mittel recht. Wirklich alle!

Und zum Vergnügen der Zuschauer sind die Mittel im Trickfilm unendlich. Dafür sorgten Bugs Bunnys Macher in den Warner Brother Studios. Denn die wollten genau das gleiche wie ihr neuer Held: Überleben. Wer sich in den goldenen Zeiten des Zeichentrickfilms neben dem übermächtigen Disney behaupten wollte, musste irgendwie anders sein. Bugs Bunny war es von Anfang an.

Schon als er am 30. April 1938 zum ersten Mal in einem Film auftrat, war er kein ängstliches Kuschelhäschen. Eigentlich hatte er nur die Nebenrolle: ein namenloses Karnickel, gejagt von Porky-Pig, also Schweinchen Dick. Zu dem Zeitpunkt ein bekannter Held in Cartoons, diesen kleinen Filmen, höchstens 10 Minuten lang und nur im Kino zu sehen. Im Cartoon Porky‘s Hasenjagd versucht Porky Pig verzweifelt, ein grau-weißes Karnickel aus seinem Loch zu locken und zu erlegen.

Der Hase, der für den Oscar nominiert war

Dass Hasen nicht in Erdlöchern wohnen: geschenkt. In Cartoons ging es noch nie um Realität: Eine Flinte, deren Lauf schon direkt auf das Fell einer Hasenbrust stupst? Im Cartoon kein Zeichen für das Ende! Von Bugs Bunny wird so ein Flintenlauf nur herablassend mit der weiß behandschuhten Hand beiseitegeschoben. Eine Sekunde später schlüpft Bugs gern komplett durch den Flintenlauf hindurch, um sich den Jäger vorzuknöpfen. Sein Hasenauge dann buchstäblich Aug in Aug mit dem des Jägers. Oder Bugs verknotet die Flinte gleich zu einer Riesen-Schleife.

Bis in den Himmel führende Tritte in den Hintern, papierdünn plattgewalzte Helden, explodierende Dynamitstangen: für Bugs Bunny ganz normal. Aber niemals gibt es irgendwo Blut. Um Angst und Schrecken geht es nicht, nur um verblüffende Gags und rasende Action mit perfektem Timing.

Meister dieses Fachs war Tex Avery, Regisseur und Cartoonist wie Disney, nur sieben Jahre jünger. Sein anarchistischer Stil katapultiert ihn mit Bugs Bunny sofort auf die Liste der Oscar-Nominierungen. Bekommen hat er ihn nie. Dafür bleibt Bugs Bunny für alle Fans auf ewig der schlauste Fuchs im Hasenfell.


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