Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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22. Juni 1784 Geheimgesellschaften in Bayern verboten

Sie wollten die Herrschaft von Menschen über Menschen überflüssig machen, aber sie planten keine Revolutionen, sondern setzten auf Bildung - was sie nicht weniger verdächtig machte. Am 22. Juni 1784 verbot Kurfürst Karl Theodor den Illuminaten-Orden in Bayern.

Stand: 22.06.2011 | Archiv

22 Juni

Mittwoch, 22. Juni 2011

Autor(in): Christian Feldmann

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Eigentlich wollte er seinen Studentenbund "Bienenorden" nennen, weil seine Mitglieder wie die fleißigen Insekten den Nektar der Weisheit zu sammeln gedachten. Doch dann wählte Professor Weishaupt den Namen "Bund der Illuminaten", der "Erleuchteten". Als Symbol, als Logo, wie man heute sagen würde, gab er ihm die Eule der Minerva, der römischen Göttin der Weisheit. Das war 1776. Adam Weishaupt war erst 28 Jahre alt, er lehrte an der Universität Ingolstadt Kirchenrecht und praktische Philosophie und war hier der einzige Professor ohne jesuitische Vergangenheit, was ihn automatisch verdächtig machte.

Dabei war sein "Illuminatenorden" anfangs nicht mehr als ein studentischer Lesezirkel mit höchstens zwanzig Mitgliedern, eine Vereinigung, wie sie gut in die von gelehrten Mönchen, Beamten und Literaten betriebene frühe Aufklärung in Bayern passte. Das Ziel der Illuminaten: durch Bildung und moralische Verantwortung die Herrschaft von Menschen über Menschen überflüssig zu machen, "Fürsten und Nationen werden ohne Gewalttätigkeit von der Erde verschwinden", prophezeite Professor Weishaupt, "Die Moral ist die Kunst, welche Menschen lehrt, die Vormundschaft los zu werden."

Das klang schrecklich revolutionär, war aber ungefährlich, weil es bei den feurigen Reden blieb und ein konkretes politisches Programm völlig fehlte. Vor allem der Hannoveraner Jurist und Publizist Adolph Freiherr Knigge, der 1780 zum Orden stieß und ihm zahlreiche Mitglieder aus Kreisen enttäuschter Freimaurer zuführte, hätte irgendwelche ernsthaften umstürzlerischen Ideen nicht mitgetragen.

Immerhin unterwanderten die Illuminaten bei ihrem "Marsch durch die Institutionen" die bayerische Akademie der Wissenschaften, das Reichskammergericht in Wetzlar und - man höre und staune - das Münchner Zensurkollegium! Pestalozzi gehörte zum Orden, sogar Herzog Carl August von Sachsen-Weimar und sein Geheimrat Goethe - letztere freilich nur, um den verdächtigen Männerbund auszuforschen. Aber der wollte immer nur rein pädagogisch wirken. Die richtige Bildung würde die Gesellschaft schon von allein verändern.

Weltliche und kirchliche Obrigkeiten hätten dankbar sein können für so systemgetreue Menschheitsbeglücker. Stattdessen machten die Herrschenden wieder mal in Hysterie. Man wolle durch Unterwanderung der öffentlichen Ämter einen "Vernunftstaat" errichten, warnten die Münchner Behörden. Papst Pius VI. erklärte die Mitgliedschaft im Orden für unvereinbar mit dem katholischen Glauben. Als ein Kurier auf dem Weg zu einer Pariser Freimaurerloge die geheimen Ordensstatuten verlor - in denen viel von einer aufgeklärten Gesellschaft und vom Licht der Vernunft und so gar nichts von konkreten revolutionären Aktivitäten stand -, war am Münchner Hof der Teufel los: Am 22. Juni 1784 verbot Kurfürst Karl Theodor per Edikt sämtliche ohne landesherrliche Bestätigung - und wann hätte es die je gegeben? - gegründeten Geheimgesellschaften. Ein paar Jahre später verschärfte der allmächtige Minister Montgelas - der selbst Freimaurer und Illuminat gewesen war - die Sanktionen; auf Werbung für den Orden stand jetzt die Todesstrafe.

Professor Weishaupt floh nach Gotha, der Illuminatenorden schlug für einen Moment noch Wurzeln in Russland und Frankreich und verschwand dann aus der Geschichte. Nicht aber aus den so beliebten Verschwörungstheorien: Der ultrakonservative amerikanische Präsidentschaftskandidat Pat Robertson bezichtigte die Illuminaten noch 1991, überall auf der Welt konspirativ tätig zu sein. Ähnliches behauptete der über eine blühende Phantasie verfügende Autor Dan Brown in seinem Thriller "Sakrileg", wo er auch den guten alten Galilei flugs zum Illuminaten erklärte.


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