Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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21. Dezember 1988 Nikolaas Tinbergen gestorben, Ethologe

Niklaas Tinbergen studierte zusammen mit Konrad Lorenz das Verhalten der Graugänse. Damit wurde der Niederländer zu einem der Väter der Verhaltenswissenschaften, der Ethologie. Am 21. Dezember 1988 ist er gestorben.

Stand: 21.12.2011 | Archiv

21.12.1988: Nikolaas Tinbergen gestorben, Ethologe

21 Dezember

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Autor(in): Christiane Neukirch

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Der Junge war hoffnungslos: statt sich der Schule und den Hausaufgaben zu widmen, trieb er sich mit Freunden beim Schlittschuhlaufen herum, ging stundenlang am Strand spazieren - und kassierte infolgedessen eine schlechte Note nach der anderen. Seine Eltern und auch seine Lehrer ließen ihm die Freiheit, seinen Leidenschaften nachzugehen. Eine mutige und weise Entscheidung.

Seriöse Tiere in freier Wildbahn

Nikolaas Tinbergen, 1907 in Den Haag geboren, war von klein auf fasziniert von Hollands Stränden, der weiten Dünenlandschaft und unvergleichlichen Artenvielfalt. Seine Spaziergänge waren kein bloßer Zeitvertreib: Er nutzte sie, um die dort heimischen Tiere zu Wasser, zu Lande und in der Luft zu beobachten und ihr Verhalten zu studieren. Das gehörte ganz und gar nicht zum Lehrplan der damaligen Schulen und Universitäten: Die Biologie beschäftigte sich vor allem mit dem Erscheinungsbild der Lebewesen; und Verhaltensstudien beschränkten sich in aller Regel auf Ratten und Tauben, die man in Käfigen hielt. Tiere in freier Wildbahn zu beobachten, hielten viele Wissenschaftler für unnötig und teilweise gar für unseriös.

Als Tinbergen 1929 beim Schlittschuhlaufen eine junge Frau kennenlernte, die er heiraten wollte, wurde klar, dass er doch irgendwie einen Lebensunterhalt verdienen musste. So verdingte er sich als Dozent für Biologie an der Universität Leiden. Als solcher hörte er von einem Wissenschaftler namens Konrad Lorenz, der dabei war, in Sachen Verhaltensforschung zukunftsweisende Beobachtungen festzuhalten. Das „Ei des Kolumbus“ - oder besser: das Ei des Konrad Lorenz entdeckten sie gemeinsam während eines Sommers in Deutschland, als Tinbergen den berühmten Verhaltensforscher in seinem Institut in Seewiesen besuchte, um mit ihm zusammenzuarbeiten. Das besagte Ei war das einer Graugans. Zusammen legten sie echte und künstliche Eier neben das Gänsenest und sahen zu, wie Mutter Gans in immer gleicher Manier die Gegenstände ins Nest zurückrollte - egal, ob es sich um ein Ei handelte oder ob man ihr inzwischen etwas anderes unterschob.

Nobelpreis für die ersten Ethologen

Das Wort „Ethologie“ wurde geschaffen. Gemeint war damit die Art Verhaltens- und Instinktforschung bei Tieren, die die beiden gemeinsam aus der Taufe gehoben hatten. Tinbergen nahm das Wort samt Methode mit nach Oxford, als er nach dem Krieg dorthin umsiedelte - mit dem Vorsatz, die Ideen in die englischsprachige Welt zu exportieren. Damit war er so erfolgreich, dass die Disziplin dort sogar fester Fuß fasste als in ihren Ursprungsländern Deutschland, Österreich, Holland und der Schweiz, und sich von dort in der Welt verbreitete. Dafür erhielt Tinbergen - zusammen mit Karl von Frisch und Konrad Lorenz - 1973 den Nobelpreis. Fünfzehn Jahre später, am 21. Dezember 1988 starb Tinbergen in Oxford.

Seine Karriere verdankt er der Einsicht seiner Eltern und Lehrer: dass man neue Bahnen nur beschreiten kann, wenn man aus der Enge der Normen hinaustritt und die Nase neugierig forschend in den Wind hält. Übrigens hat auch die Freiheit des Schlittschuhlaufens ihm zwei wesentliche Dinge im Leben beschert: einen Platz in der niederländischen Hockey-Nationalmannschaft - und seine Frau, mit der er bis an sein Lebensende verheiratet blieb.


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