Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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16. März 2000 55 Oscars vor der Verleihung gestohlen

Einmal auf dieser Bühne stehen, dem Produzenten danken, der Regie, den Kolleginnen und Kollegen, dem Team, der Beleuchtung, Catering, Maske, Kostüm - plus der eigenen Mutter. Aber was, wenn es dann heißt: Oscars sind heuer aus? Autor: Andreas Miekisch

Stand: 16.03.2015 | Archiv

16 März

Montag, 16. März 2015

Autor(in): Andreas Miekisch

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Einen Oscar zu gewinnen gilt vielen Filmschaffenden als die Krönung ihrer Laufbahn. Dennoch verweigerten immer wieder Stars ihre Ehrerbietung und blieben der Preisverleihung demonstrativ fern. Woody Allen beispielsweise war schon über zwanzig Mal nominiert und hat die Trophäe auch bereits mehrfach gewonnen - trotzdem ist er noch kein einziges Mal zur Oscar-Nacht erschienen. Das gleißende Sonnenlicht in Kalifornien gefalle ihm nicht, ließ er einmal verlauten, genauso wenig wie das in Los Angeles unverzichtbare, ständige Herumfahren mit dem Auto.

So ähnlich muss es auch eine Gruppe von Oscar-Statuetten gesehen haben,
denn am 16. März 2000 gab der Präsident der Academy of Motion Picture Arts and Science bekannt, dass die 55 goldenen Männchen beim Transport von Chicago nach Los Angeles spurlos verschwunden seien.

55 auf einen Streich

In den darauf folgenden Tagen brach eine filmreife Suche nach den Trophäen los, die gut eine Woche später bei deren geplanter Vergabe im Los Angeles Shrine Auditorium zu einer schönen Blamage geführt hätte, wenn die Ausreißer nicht doch noch in letzter Minute wieder eingefangen worden wären - an einem Ort, der auch dem lichtscheuen Woody Allen gefallen haben könnte: im Dunkel eines Müllcontainers auf einem Parkplatz von Los Angeles. Vermutlich hatten sich die Oscars  dort nach ihrer Flucht erst einmal ausgeruht und waren dann eingeschlafen … Jedenfalls hätte sie wohl kaum jemand, der sie geklaut hatte, gleich wieder entsorgt.

Dem Finder Lohn

Gefunden hat sie der 61-jährige Schrotthändler Willie Fulgear. Dem Bedürfnis,
ihn zum Helden zu stilisieren, tritt der Bescheidene allerdings mit wahrer Größe entgegen:

schließlich habe er keine Menschen, sondern nur mit Gold überzogenes Blech gerettet. Damit hat er wahrlich Recht - der Materialwert eines Oscars beträgt keine 300 Dollar. Viele Zahnkronen, die mancher von uns im Mund trägt, sind mehr wert und einige Preisträger fürchten sich angeblich sogar davor, mit dem Staubwedel die hauchdünne Goldschicht ihrer Trophäe zu zerkratzen.

Umso erstaunlicher erscheinen deshalb die 50.000 Dollar Finderlohn, die Willie Fulgear bekommt - üblich wären gerade mal 1500. Allerdings könnte auch das wieder ein kleines Späßchen sein, das sich die Drahtzieher der gekonnten Inszenierung gegönnt haben. Als Fulgear nach zwei Monaten aus dem Urlaub zurückkehrt, ist der zu Hause gelassene Finderlohn geklaut - samt Fulgears uraltem Videorekorder.

Gerade das Detail mit dem Rekorder erscheint wie das schelmische Augenzwinkern der möglicherweise hinter allem steckenden Hollywood-Bosse. Dennoch ist sowohl der Einbruch als auch das Verschwinden der Oscars bis heute ungeklärt. Was aber nichts macht und einmal mehr die alte Einsicht bestätigt “There is no business like show business“!


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