Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. Juli 2002 Steve Fossett gelingt die erste Solo-Weltumrundung im Ballon

Nur Träumen reicht nicht, um wirklich an den Wolken zu kratzen. Steve Fossett wollte als erster alleine im Ballon um die Erde fliegen. Am 3. Juli 2002 hatte er es endlich geschafft. Bis dahin hatte er sich allerdings beinahe selbst umgebracht und seine Frau fast zur Verzweiflung gebracht.

Stand: 03.07.2012 | Archiv

03 Juli

Dienstag, 03. Juli 2012

Autor(in): Christiane Neukirch

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Petra Herrmann

Die schlechte Nachricht zuerst: Männer sterben früh. Im Durchschnitt fünf Jahre vor den Frauen. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Und jetzt die gute Nachricht: Doch, sie könnten daran etwas ändern. Denn schuld ist vor allem ihre Lebensweise. "Erhöhte Risikobereitschaft" nennen es die Statistiker, "Unvernunft" die Frauen.

Die Ehefrau von Steve Fossett beispielsweise sah sich in besonderem Maße mit dieser Eigenheit konfrontiert. Ihr Mann hatte eine Leidenschaft, und dafür war ihm jedes Mittel recht: Steve Fossett aus Tennessee, Jahrgang 1944, sammelte Rekorde.

Er begann seine Karriere mit kostengünstigen Sportarten: Mit 19 Jahren durchschwamm er die Dardanellen, später den Ärmelkanal. Als Chef einer Börsenmaklerfirma sammelte er dann genug Geld, um sich teurere Abenteuer leisten zu können. Zu Wasser, zu Lande und in der Luft war er unermüdlich unterwegs, bezwang die Anden, scheiterte am Mount Everest, quälte sich quer durch Alaska, segelte in vier Tagen über den Atlantik und testete die Belastungsgrenzen eines Luftschiffs. Über hundert Rekorde stellte er im Laufe seines Lebens auf.

Steve Fossets Rekorde

Der Plan mit der Ballonfahrt hätte ihn um ein Haar das Leben gekostet. 1998 war das; da war er 54 Jahre alt und damit noch siebzehn Jahre von der durchschnittlichen Lebenserwartung für amerikanische Männer entfernt. Als erster Mensch wollte Fossett die Erde allein in einem Heißluftballon umrunden. In seiner winzigen Kapsel schwebte er über dem Pazifik, als ihn in neun Kilometern Höhe ein Gewittersturm erfasste. Der Ballon zerriss, und Fossett stürzte in die Tiefe. Mit einer Geschwindigkeit von 1000 Metern pro Minute, 60 Kilometern pro Stunde, sauste er der Erde entgegen.

Dem Regisseur eines Actionfilms hätte man nie verziehen, was Fossett tat: Im Stürzen kletterte er aus der Kapsel und kappte die Taue, an denen die schweren Treibstoffbehälter befestigt waren. Kurz über dem Boden bremste er so auf Tempo 45 herunter und überlebte den Sturz.

Seine schwer geprüfte Frau sagte ihm am Telefon, sie hoffe, er würde solche Abenteuer jetzt bleibenlassen. Doch weit gefehlt. "Steve gibt niemals auf" - auch dieser Ausspruch seiner Frau wurde dokumentiert. Weitere fünfmal startete er den Versuchsballon, fünfmal scheiterte er. Doch dann, beim sechsten Mal, am 3. Juli 2002, war es endlich soweit: Steve Fossett umrundete als erster Ballon-Solist die Erde - in dreizehneinhalb Tagen, in knapp zwei Wochen. Doch - wozu? Wozu soll ein Mensch im Ballon um die Erde fahren?

Die Ballonfahrt

Diese Frage ist vernünftig; und Steve Fossett bemühte sich um eine ebenso vernünftige Antwort: "Wenn Menschen nicht willens gewesen wären, Dinge zum ersten Mal zu tun, was wäre dann aus unserer Zivilisation geworden?", fragte er. Doch in Wirklichkeit gibt es darauf keine Antwort. Denn die Frage kann nur jemand stellen, der nichts weiß von Träumen, von Visionen und von der Sehnsucht, einmal nach den Sternen greifen zu dürfen. Denen, die darum wissen, stellt sich diese Frage nicht.

Im September 2007 startete Fossett mit einem Ultraleichtflugzeug zu einem kurzen Ausflug und verschwand spurlos. Einmal noch sorgte er so im großen Stil für Aufmerksamkeit; über Monate war sein Verbleib Thema in allen Medien. Ein halbes Jahr später wurde er für tot erklärt. Erst Ende 2008 fand man seine sterblichen Überreste in der Sierra Nevada in Kalifornien.

Steve Fossett hat die Statistik der Lebenserwartung nicht verbessert. Aber er hat seine Träume gelebt und seinen Namen unsterblich gemacht - und ist damit seinen vernünftigeren und langlebigeren Zeitgenossen vielleicht mehr als ein paar Jahre voraus.


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