Bayern 2

     

radioWissen am Nachmittag Vom Sinn der Katastrophe

Jeremias Gotthelf | Bild: picture-alliance/dpa

Dienstag, 08.01.2013
15:05 bis 16:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Immer auf Anfang
Geschichten vom Ende

Jeremias Gotthelf
Die schwarze Spinne

Das Kalenderblatt
8.1.1963
Das Bundesurlaubsgesetz wird verkündet
Ausgewählte Beiträge als Podcast verfügbar

Immer auf Anfang - Geschichten vom Ende
von Gabriele Bondy
Kaum hatte der Mensch die Erde in Besitz genommen, da fürchtete er ihren Untergang. Wobei sich die Angst vor dem Ende der Welt vor allem auf das Auslöschen eines Großteils der Menschheit bezog. Dass am 30.Mai die Welt untergeht, macht weniger bang, weil sie ja im Gassenhauer am nächsten Tag schon wieder aufersteht. Aber die Menschen früherer Epochen, fühlten sich von religiösen und mythologischen Apokalypse - Prophezeiungen geradezu terrorisiert. Man glaubte ja, den Naturgewalten und damit auch Gott und den Göttern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein. Und ein vorzeitiges Ende wurde auch als Strafe für verfehltes Verhalten aufgefasst. Furchtlos hingegen gab sich Martin Luther, der dazu riet, selbst im Falle eines angekündigten Weltuntergangs, noch ein Apfelbäumchen zu pflanzen. Namhafte Schriftsteller haben sich mit dem Zerbrechen der inneren und/oder äußeren Welt auseinandergesetzt. Darunter sind Bertolt Brecht, Georg Heym, Hans Magnus Enzensberger, Christoph Ransmayr und Christa Wolf ebenso wie Robert Gernhardt oder Ror Wolf.

Jeremias Gotthelf - Die schwarze Spinne
von Gundula Iblher
Den Zeitgenossen galt Albert Bitzius alias Jeremias Gotthelf als altertümlich, später wurde er mit Goethe und Shakespeare gleichgestellt. Heute ist seine Novelle von 1842 "Die schwarze Spinne" Schullektüre und zählt zur Weltliteratur. Als einer der ersten spiegelt der streitbare Landpfarrer darin die tiefgreifenden Umwälzungen, die die Schweizer Agrargesellschaft durch die Industrialisierung erlebte. Das wortmächtige Horrorszenario von der giftigen Teufelsspinne, die ganze Dorfgemeinschaften ausrottet und nur durch eine Rückkehr zum christlich-sittlich Lebenswandel gebannt werden kann, wurde seither immer wieder in gesellschaftlichen Umbruchsituationen gelesen. Auch heute lohnt sich eine erneute Lektüre der schwarzen Spinne. Gotthelf geißelt darin Besitzstreben, Werteverfall und Abkehr von den Traditionen zwar mit einer konservativ-didaktischen Grundtendenz, doch hat er für das Einbrechen des Chaos, für die lähmende Macht der Angst ein zeitloses Bild gefunden.

Redaktion: Petra Herrmann
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