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Interessant, aber verkannt? Was uns Jean Paul heute noch zu sagen hat

Goethe kennt jeder. Aber Jean Paul? Zu Lebzeiten war er berühmt. Doch wie ist das heute? Werden seine Werke noch gelesen? Kennt die Jugend seinen Namen? Und hat er uns heutzutage überhaupt noch etwas zu sagen?

Von: Christian Schiele

Stand: 15.03.2013 | Archiv

Bierdeckel mit Jean Paul-Aufschrift | Bild: picture-alliance/dpa

Jean Paul wer? Diese Gegenfrage bekommt oftmals zu hören, wer Schüler nach dem Schriftsteller fragt. Auch Markus Köhler ist der Dichter in seiner Schulzeit in Ingolstadt nie begegnet, während seines Studiums der Musik in München nur einmal am Rande. Seitdem er nun in Franken lebt, hat sich das aber grundlegend geändert: "Jean Paul ist hier bei uns so etwas wie ein Volksheld. Hier sind Brunnen, Wanderwege und Museen nach ihm benannt", sagt Köhler.

"Sprachkürze gibt Denkweite" - Sinnige Sprüche von Jean Paul

Nichts ist fataler, als wenn gerade die letzte Flasche altes Bier schlecht wird.

Man ist neugierig, die Stellen im Buche zu lesen, die ein anderer unterstrichen hat.

Die Armut und die Hoffnung sind Mutter und Tochter. Indem man sich mit der Tochter unterhält, vergisst man die andere.

Erinnerung ist das einzige Paradies, woraus wir nicht vertrieben werden können.

Der Hauptfehler des Menschen bleibt, dass er so viele kleine hat.

Die Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens.

Wer die Laterne trägt, stolpert leichter als wer ihr folgt.

Es ist Zeit, zur Ruhe zu gehen.

Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde.

Niemand hat weniger Ehrgefühl als eine Regierung.

Alles Wichtige wird einsam getan, alles Nichtige gesellig.

Man verdirbt unter Leuten, die einen nicht übertreffen.

Kurz vor dem Abreisen sowie kurz nach dem Ankommen verschönert sich unser Wohnort.

Vielleicht gibt es schönere Zeiten, aber diese ist unsere.

Die Blumen schlafen, aber nicht das Gras.

Armut ist die einzige Last, die schwerer wird, je mehr daran tragen.

Mit einer Kindheit voll Liebe aber kann man ein halbes Leben hindurch für die kalte Welt aushalten.

Sei ein Ja oder Nein, aber kein Dazwischen.

Er heiratete sie, weil sie ihn liebte; sie liebte ihn, weil er sie heiratete.

Bücher sind die stehende Armee der Freiheit.

Man kommt leichter zu jedem anderen als zu sich selbst.

Wer die Seele einer Frau sucht, ist nicht immer enttäuscht, ihren Körper zu finden.

Jean Pauls Namen trägt auch ein Gymnasium in Hof, das der Dichter seinerzeit besuchte. Köhler ist Direktor dieses Jean-Paul-Gymnasiums. Seine Schüler sind dem Dichter teilweise schon in der Grundschule begegnet. Im Jubiläumsjahr spielt er im Unterricht nun eine besonders große Rolle. Von insgesamt vier P-Seminaren – Projekt-Seminaren zur Studien- und Berufsorientierung, welche die Schüler in der elften und zwölften Klasse besuchen müssen – beschäftigen sich zwei ausschließlich mit Jean Paul.

Wie macht man Schülern Jean Paul schmackhaft?

Eines davon leitet Tabea-Stephanie Amtmann, Deutschlehrerin und erklärte Jean Paul-Liebhaberin. Sie wünscht sich, dass der Dichter in vielen Klassenzimmern präsenter wird – derzeit setzten sich noch zu wenige Lehrer für den Schriftsteller ein. Doch wie schafft man es, den Jugendlichen ein ausuferndes und von vielen als langweilig abgestempeltes Werk schmackhaft zu machen?

"Ich beginne immer mit der 'Selberlebensbeschreibung', also mit Jean Pauls Biografie, die viele Anknüpfungspunkte bietet. Wenn man den Schülern sagt: ‚Dort, wo ihr heute Musikunterricht habt, saß Jean Paul bereits 1779‘, dann hören sie zu."

Tabea-Stephanie Amtmann, Deutschlehrerin am Jean-Paul-Gymnasium in Hof

"Man muss sich auch mal durchbeißen"

Als "Einstiegsdroge" liest Amtmann mit ihren Schülern fast immer das "Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz in Auenthal". Dabei lernen ihre Schüler, dass es lohnenswert sein kann, sich geduldig durch ein sprachgewaltiges Stück Literatur durchzubeißen. "Oftmals kommen die Schüler dann zu mir und sagen: Ich hätte das Buch sofort wieder in die Ecke gelegt, weil ich es erst nicht verstanden habe. Als ich es aber nochmals gelesen habe, fand ich es witzig", sagt Amtmann. Außerdem – und das solle nicht moralinsauer klingen – sei privilegiert, wer Zugang zu Bildung habe. Auch das vermittle Jean Paul den Schülern heute noch. Er selbst wurde aufgrund seiner dörflichen und ärmlichen Herkunft am Gymnasium in Hof oft gehänselt und war mit dem ein oder anderen Lehrer überhaupt nicht zufrieden.

Wer Jean Paul liest, "lacht sich kaputt"

Julia Knapp im Treppenhaus des Jean-Paul-Museums der Stadt Bayreuth

"Man kann mit Jean Paul sehr viel Spaß haben", ist sich auch Julia Knapp sicher, die Geschäftsführerin des Vereins Jean Paul 2013. Wer beispielsweise ernsthaft die "Flegeljahre" lese, "der wird sich kaputt lachen". Man könne Jean Pauls Bücher aber nicht so lesen wie einen Roman des 21. Jahrhunderts. Denn oftmals fehle eine klare Handlung, Jean Paul sei ein anarchischer Meister der Abschweifung. "Jean Paul liest man um der Muse des Lesens willen", so Knapp. Man müsse sich darauf einlassen, werde dafür aber auch reich belohnt.

Bekanntheitsgrad steigern

Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Jean Paul und sein Werk in diesem Jubiläumsjahr bekannter und populärer zu machen. Dies sei auch schon gelungen, sagt Knapp. Das Thema werde in zahlreichen Bildungseinrichtungen dankbar aufgegriffen. Auch überregional gebe es etliche Veranstaltungen zu Jean Paul – ob in Frankfurt, Zürich oder Wien.

Einen wesentlichen Beitrag leiste hierbei auch die Litfaßsäulen-Ausstellung. In insgesamt 25 Orten werden an Jean Pauls Geburtstag am 21. März eigens aufgestellte Litfaßsäulen enthüllt. "Viele dieser Orte freuten sich über die Aktion, es gab aber auch den ein oder anderen, in dem die Menschen Jean Paul überhaupt nicht kannten geschweige denn wussten, dass er jemals dort war", erzählt Knapp. Doch nun setze sich jeder dieser Orte im Rahmen eigener Veranstaltungen mit dem Dichter auseinander. Für Julia Knapp ein voller Erfolg.


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