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Feuerbestattung Nachhaltig bis zum Ende - Erd- oder Feuerbestattung?

Manche Menschen machen sich schon zu Lebzeiten darüber Gedanken, wie sie nach ihrem Tod auch nachhaltig bestattet werden können. Ob aber letztlich eine Feuer- oder eine Erdbestattung besser für die Umwelt ist, hängt von vielen Faktoren ab.

Von: Alexander Dallmus

Stand: 16.11.2021 | Archiv

Bestattung | Bild: mauritius-images

Vorweg ist uns in diesem Fall eines wichtig: Es geht hier nicht um eine Handlungsempfehlung für nachhaltige Bestattung. Für viele Menschen kommt eine Feuerbestattung schon aus religiösen oder auch persönlichen Gründen nicht in Betracht. Das respektieren wir natürlich. Schließlich akzeptiert auch die katholische Kirche die Verbrennung erst seit dem zweiten vatikanischen Konzil von 1963. Allerdings hat uns Annelies die konkrete Frage gestellt, ob denn eine Urnenbestattung oder eine Erdbestattung nachhaltiger sei. Deshalb haben wir versucht zu beleuchten, welche Aspekte dabei maßgeblich sind.

Das Verhältnis von Erd- und Feuerbestattungen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. War das Verhältnis vor gut zehn Jahren noch ausgewogen, entscheiden sich mittlerweile deutschlandweit 70 Prozent für eine Urnenbestattung. Mit leichten Schwankungen.

Wie umweltfreundlich ist eine Erdbestattung?

Viele Menschen machen sich bereits zeitlebens Gedanken um ihre Beerdigung. Schließlich entscheiden sonst die Angehörigen allein. Im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte haben auch immer mehr Menschen den Wunsch mit einem möglichst geringen CO2-Ausstoß und ohne große Belastung für die Umwelt bestattet zu werden. Zur Umweltfreundlichkeit sagt der Münchner Bestattungsunternehmer Karl Albert Denk:

"Bei Erdbestattungen haben Sie erstmal eine größere Flächennutzung, weil Sie ein größeres Grab brauchen. Und es können sowohl aus dem Körper als auch beim Sarg - obwohl alles sehr umweltfreundlich mittlerweile verarbeitet wird - einfach Stoffe ins Grundwasser gelangen."

Karl Albert Denk, Bestattungsunternehmer in München

Feuerbestattung oder Erdbestattung - was ist nachhaltiger?

Für den Bonner Bestatter Werner Kentrup, der sich darauf spezialisiert hat eine möglichst CO2-reduzierte Beisetzung anzubieten, ist die Antwort darauf eindeutig. Mit seinem mehrfach prämierten Unternehmen "Grüne Linie" bietet er nachhaltige Lösungen für alle Bereiche an. Den Ausschlag gibt für Werner Kentrup nicht nur, dass bei einer Feuerbestattung auch fossile Energien (Strom oder Gas) gebraucht werden, um den Leichnam zu verbrennen:

Feuerbestattung Ablauf

"Der Verstorbene muss sowieso in einem Sarg mit einem Fahrzeug zum Krematorium gefahren werden. Das mag vielleicht 20 Kilometer, kann aber auch schon 100 Kilometer entfernt sein. Dann erfolgt der Einäscherungsprozess, der entsprechend Energie braucht - denn der Körper wird komplett verbrannt, inklusive des Sarges. Und anschließend wird das, was von uns Menschen überbleibt, wieder zum Bestatter oder zum Friedhof gebracht und dort beigesetzt."

 Werner Kentrup, Bestattungsunternehmer aus Bonn

Bei der Verbrennung fallen verschiedene Schadstoffe und vor allem Feinstaub an. Diese werden natürlich durch entsprechende, aufwändige Filteranlagen aufgefangen und gelangen nicht in die Umwelt, müssen aber später dennoch fachgerecht entsorgt werden. Auch wenn es für viele etwas befremdlich klingen mag - wir Menschen geben nach dem Tod vorwiegend Phosphor, Eisen und Zink ins Erdreich ab. Tatsächlich profitiert davon die Vegetation von Friedhöfen. Werner Kentrup sieht diesen Vorteil bei der Verbrennung des Leichnams nicht:

"Also Flüssigkeit wird verbrannt mit viel Energieaufwand und die trockene Asche wird anschließend - letztendlich ist es nur Kalk - in die Erde gebracht. Macht also ökologisch gesehen keinen Sinn."

Werner Kentrup, Bestattungsunternehmer aus Bonn

Zu einem ähnlichen Ergebnis sind auch Forscher des Instituts für Ökologie der Tschechischen Universität für Lebenswissenschaften in Prag gekommen - und sehen den Nachhaltigkeitsvorteil klar bei Erdbestattungen.

Statt Beerdigung: Kompostierung

Es gibt neuerdings in den USA eine dritte Variante der Bestattung, welche vielleicht auf einige etwas verstörend wirken mag - aber durchaus in südeuropäischen Ländern eine gewisse Tradition hat: Hier wird der Körper des Verstorbenen einem Kompostierungsprozess ausgesetzt. Der Körper wird zunächst nicht erdbestattet, sondern kommt - wie man es vielleicht aus Italien in so genannten Wandgräbern kennt - in eine spezielle Box:

"Das beschleunigt den Auflösungsprozess und hat den Vorteil, dass Sie nach einigen Wochen schon nicht mehr den Körper haben, sondern wirklich Erde, die Sie dann beisetzen können", erklärt Karl Albert Denk, der auch im Vorstand des Bayerischen Bestatterverbandes ist. "Das beschleunigt den ganzen Prozess, der im Friedhof vielleicht Jahrzehnte dauern kann. Und kann damit auch eine neue Alternative sein für eine nachhaltige und ökologische Bestattung."

In einigen US-Bundesstaaten, wie Washington, ist diese Bestattungsmethode bereits zugelassen und erfreut sich angeblich großer Beliebtheit. Etwa 5.500 Dollar kostet so eine Beerdigung bei dem US-Unternehmen Recompose. Wenn Mikroorganismen den Leichnam innerhalb weniger Wochen in Humus verwandelt haben, gibt es - wie bei der Feuerbestattung auch - anschließend eine Trauerfeier.  In Deutschland ist das Verfahren aber noch nicht erlaubt. Das spezielle Kompostierungsverfahren gilt vor allem für bevölkerungsreiche Länder wie China oder in Großstädten mit Platzmangel als ökologisch sinnvoll und zukunftsweisend.  

Was macht einen Sarg nachhaltig?

Mittlerweile gibt es zahlreiche nachhaltige Varianten zum traditionellen Holzsarg. Ob aus Weidenruten, über Pappe aus Recyclingpapier bis hin zu Bananenblättern ist einiges im Angebot. Beim klassischen Holzsarg ist es beispielsweise wichtig, dass es sich um unbehandeltes und nach Möglichkeit um FSC-zertifiziertes Holz handelt. Auch die Auskleidung des Sarges trägt wesentlich dazu bei, dass sich später alles rückstandslos und gut im Erdgrab auflösen kann: Seilgriffe statt Metall. Baumwolle oder Leinen statt Polyester. Holzspäne oder Stroh statt Kunststoffflocken.

Eine poröse oder zumindest offenporige Oberfläche des Sarges wäre - ganz im Sinne der Nachhaltigkeit - dem rascheren Verwesungsprozess ebenfalls dienlich:

"Wir Bestatter fahren dann zur Sargfabrik und schauen auch, welche Leute da arbeiten. Da geht es auch um eine soziale Nachhaltigkeit. Dass Menschen, die die Sachen produzieren, auch entsprechend entlohnt werden." Werner Kentrup, Bestattungsunternehmer "Grüne Linie", Bonn

Auch viele Urnen sind mittlerweile biologisch abbaubar und bestehen im Idealfall beispielsweise aus nachhaltig gefertigtem Papier.

Was macht eine Beerdigung nachhaltig?

Ob eine Bestattung nachhaltig ist, entscheidet sich aber nicht nur mit der Art der Beisetzung (Sarg, Erdgrab, Einäscherung). Im Detail geht es dann auch um die Frage, ob Danksagungskarten auf Recyclingpapier gedruckt werden oder nicht. Was Sie im Vorfeld dazu bedenken können:

  • Transport des Leichnams: Klassische Leichenwagen sind meist groß und schwer. Einige Bestattungsunternehmer haben bereits umgestellt und transportieren Särge mit E-Fahrzeugen. Die Einspeisung von Ökostrom macht daher natürlich auch Sinn, sagt der Bonner Bestatter Werner Kentrup: "Es nützt ja nichts, wenn der Strom aus dem Kohlekraftwerk kommt und wir gleichzeitig ein Hybridauto fahren. Wir haben auf Ökostrom umgestellt und fahren für den kompletten Innenstadtverkehr rein elektrisch."
  • Blumen und Kränze: Besonders nachhaltig ist es natürlich, heimische und saisonale Blumen oder Gestecke als Trauer- bzw. Grabschmuck zu verwenden. "Die sind oft noch mit Drähten und Plastikmaterial am Friedhof verarbeitet worden", sagt der Münchner Bestattungsunternehmer Karl Albert Denk, "da haben wir auch zu unseren Partnern gesagt, schaut doch mal bitte nach Alternativen. Die gibt es auch. Da ist auch ein hohes Interesse bei unseren Kunden, dass eben nicht hinterher Plastik oder Draht am Friedhof liegen."
  • Kleidung im Sarg: Das klassische Leichenhemd, weiß als Zeichen der Auferstehung, hat mittlerweile ausgedient. Die Angehörigen geben den Bestattern meist eigene Kleidung mit. Von der Feuerwehruniform bis zum Jogginganzug in den Farben des Lieblingsvereins war bis vor kurzem noch alles dabei. Das hat sich mittlerweile verändert: "Wir achten gerade bei Erdbestattungen sehr darauf, dass diese Kleidung aus Naturfasern besteht und nehmen auch schon seit einigen Jahren keine Nylonstrümpfe mehr entgegen", sagt Bestatter Kentrup. Grundsätzlich gilt: Je weniger Kleidung, desto besser.
  • Grabsteine ohne Kinderarbeit: Dass sehr oft in Billiggrabsteinen aus China oder Indien auch Kinderarbeit steckt, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Langjährige Initiativen, beispielsweise der Stadt München in Zusammenarbeit mit der Steinmetz-Innung, helfen das zu verhindern: "Wir haben hier in Bayern Jura und alle möglichen Steinarten. Kann ich nicht lokal hier einen Stein nehmen? Muss der um die ganze Welt gekarrt werden?", fasst Bestatter Denk die häufigen Fragen seiner Kunden zusammen.

Was macht eine Trauerfeier nachhaltig?

Egal, ob man sich in einer nachhaltigen Urne oder im annähernd CO2-neutralen Papp-Sarg beerdigen lässt, etwas hinterlassen wir fast immer: Schwermetalle aus den Zähnen, künstliche Hüften, Schrauben sowie Nägel, die Knochen zusammenhielten oder sonstigen Gelenkersatz. Eben diese bleiben natürlich in der Erde zurück oder in den Filteranlagen der Krematorien.

Ein anderer Aspekt spielt aber eine größere Rolle in Sachen nachhaltige Bestattung: Die Anreise der Trauergäste zur Begräbnisstätte: "Heutzutage sind die großen Friedhöfe alle dem öffentlichen Nahverkehr angeschlossen", sagt Bestatter Werner Kentrup, "die Leute können mit dem ÖPNV anreisen oder dem Fahrrad, was sie tatsächlich bei den außen gelegenen Waldfriedhöfen eher weniger gut können." In diesem Punkt sind Friedwälder und Baum-Bestattungswälder tatsächlich im Nachteil, zumal - gerade in den größeren Städten - kommunale Friedhöfe mittlerweile oft grüne Oasen darstellen.

Quellen und weiterführende Links

Nachhaltigkeitsuntersuchung des Instituts für Ökologie der Tschechischen Universität für Lebenswissenschaften in Prag.

Kompostieren als nachhaltige Bestattungsmethode - ein Beitrag vom Deutschlandfunk

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