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Hoeneß-Nachfolge Hopfner soll Bayern-Präsident werden

Uli Hoeneß geht wohl ins Gefängnis, und Karl Hopfner tritt voraussichtlich seine Nachfolge an - als Präsident des FC Bayern München. Auf ihn hat sich der Verwaltungsbeirat am späten Freitagabend verständigt.

Stand: 15.03.2014

Karl Hopfner, designierter Präsident des FC Bayern, vor Vereinsfahne | Bild: picture-alliance/dpa

Am 2. Mai soll Hopfner gewählt werden, auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Nach dem Rücktritt von Hoeneß hatte der 61-Jährige bereits kommissarisch die Führung des Vereins übernommen. Der neue Vize-Präsident kommt aus der Oberpfalz: Aufrücken soll der Regensburger Unternehmer Rudolf Schels. Der Gründer der Discount-Kette Netto ist seit 2012 zweiter Vizepräsident.

Wer ist der neue "Bayern-Boss"?

Karl Hopfner, designierter Präsident des FC Bayern München

Seit 1983 arbeitet Karl Hopfner an der Säbener Straße - erst als Geschäftsführer, dann als Finanzvorstand und seit 2012 als Vizepräsident. Er gilt als der "Geldmacher" des FC Bayern. Franz Beckenbauer hat ihn einmal als "Finanzgenie" bezeichnet. Hopfner kümmerte sich um die Verträge der Spieler und um die Geschäfte mit den Sponsoren. Allerdings wirkte er eher im Hintergrund, in der Öffentlichkeit hielt er sich meist bedeckt. Vor ihm war bereits Adidas-Chef Herbert Hainer (59) an die Spitze des Aufsichtsrates nominiert worden.

"Wir sind überzeugt, dass mit den vorgeschlagenen Herren die Geschlossenheit des FC Bayern München und die Kontinuität in der Führung des Klubs gewährleistet ist."

Edmund Stoiber, Vorsitzender des Verwaltungsbeirats.

Am Freitag hatte Hoeneß seinen Rücktritt von allen Ämtern erklärt. Völlig überraschend wies der wegen Steuerhinterziehung verurteilte langjährige Bayern-Präsident seine Anwälte an, nicht in Revision zu gehen. Damit akzeptiert Hoeneß die Gefängnis-Strafe von dreieinhalb Jahren.

Haftantritt in einigen Wochen - Freigang nach sechs Monaten?

Nach Angaben von Gerichtssprecherin Andrea Titz wird Uli Hoeneß voraussichtlich in einigen Wochen eine Vorladung zum Haftantritt erhalten. Zunächst müsse geklärt werden, ob die Staatsanwaltschaft noch in Revision geht - und dann geht es darum, wann in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech ein Platz frei ist. Landsberg am Lech ist für Hoeneß zuständig, da dort Ersttäter einsitzen.

JVA Landsberg - Hoeneß' neue Adresse auf Zeit?

Die Erklärung von Hoeneß im Wortlaut

"Nach Gesprächen mit meiner Familie habe ich mich entschlossen, das Urteil des Landgerichts München II in meiner Steuerangelegenheit anzunehmen. Ich habe meine Anwälte beauftragt, nicht dagegen in Revision zu gehen. Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich. Außerdem lege ich mit sofortiger Wirkung die Ämter des Präsidenten des FC Bayern München e.V. und des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG nieder. Ich möchte damit Schaden von meinem Verein abwenden. Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk und er wird es immer bleiben. Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben solange ich lebe. Meinen persönlichen Freunden und den Anhängern des FC Bayern München danke ich von Herzen für ihre Unterstützung." (Quelle: fc-bayern.de)

Im Steuerstrafverfahren vor dem Landgericht München II war Hoeneß am Donnerstag zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Die Verteidigung hatte gleich danach angekündigt, Revision einzulegen. Das ist nun hinfällig. Auch die Staatsanwaltschaft München verzichtet auf Rechtsmittel gegen das Urteil.

Steuerschuld von 28,5 Millionen Euro

Das Gericht blieb mit seinem Urteil zwei Jahre unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Richter sahen keinen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung, da man Uli Hoeneß keinen großen Eigennutz nachweisen konnte. Klar war aber für das Gericht, dass der Angeklagte selbst die Grundlagen für die Steuerhinterziehung mit dem Konto und Dokumenten gelegt habe. Zudem ging das Gericht in seinem Urteil von einer Steuerschuld von 28,5 Millionen Euro aus. Als Grund nannte Richter Heindl, dass der Solidaritätszuschlag einberechnet werden müsse.

Die Chronologie der Steuer-Affäre

2001 bis 2006

Hoeneß spekuliert im großen Stil an der Börse mittels eines Kontos in der Schweiz. Der damalige Adidas-Chef Louis-Dreyfus habe ihn mit Millionen unterstützt. "Es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts Anderes", sagte Hoeneß im Mai 2013 der "Zeit". Nach anfänglichen Gewinnen habe er aber hohe Verluste gemacht und seine Aktivitäten an der Börse zurückgefahren.

Oktober 2010

Deutschland und die Schweiz unterzeichnen ein neues Doppelbesteuerungsabkommen und vereinbaren Verhandlungen zur Legalisierung von nicht versteuerten deutschen Geldern auf Schweizer Bankkonten.

April 2012

Beide Länder unterzeichnen ein Zusatzprotokoll. Geldanlagen von Bundesbürgern in der Schweiz aus den vergangenen zehn Jahren sollen danach von 2013 an pauschal mit 21 bis 41 Prozent besteuert werden - nicht wie zunächst vereinbart mit 19 bis 34 Prozent. Das Schweizer Parlament billigt das Abkommen im Mai, der Bundestag stimmt im Oktober zu.

Dezember 2012

Die von SPD und Grünen regierten Bundesländer lassen im November das Abkommen im Bundesrat scheitern. Im Dezember kommt auch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat keine Einigung zustande. Mit dem Abkommen hätte Hoeneß stillschweigend nachzahlen können - ohne juristisches Nachspiel.

Januar 2013

Hoeneß zeigt sich beim Finanzamt selbst an, die Staatsanwaltschaft München leitet ein Ermittlungsverfahren ein, was Routine bei Selbstanzeigen ist. Hoeneß hatte vergeblich auf das kurz zuvor gescheiterte Steuerabkommen gesetzt.

20. März 2013

Hoeneß bekommt in seinem Haus am Tegernsee Besuch von den Ermittlern. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl vor, der aber außer Vollzug gesetzt wird - angeblich gegen Zahlung einer hohen Kaution.

20. April 2013

Das Nachrichtenmagazin "Focus" macht den Fall öffentlich und berichtet unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft und Hoeneß selbst.

21. April 2013

Hoeneß schließt einen Rücktritt als Bayern-Präsident aus. In der Folge häuft sich die Kritik, auch Kanzlerin Angela Merkel rückt von Hoeneß ab. Geschlossen steht aber der FC Bayern hinter seinem Präsidenten.

23. April 2013

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet über den Haftbefehl und die Millionen-Kaution. Hoeneß besucht das Halbfinal-Hinspiel seines FC Bayern in der Champions-League gegen den FC Barcelona. Die Münchner gewinnen 4:0.

1. Mai 2013

Hoeneß gibt via "Die Zeit" voller Reue Einblick in sein Seelenleben. Verbindungen seines Schweizer Kontos zum Rekordmeister schließt der Bayern-Präsident aber aus.

6. Mai 2013

8:0 - Hoeneß bleibt Vorsitzender des Bayern-Aufsichtsrats. Vorerst: "Der Aufsichtsrat wird die Angelegenheit weiterhin beobachten und sich bei Vorliegen neuer Erkenntnisse mit dem Thema befassen", heißt es in der offiziellen Erklärung.

11. Mai 2013

Die 23. Meisterschaft darf gefeiert werden, und Hoeneß fährt beim Autokorso zum Marienplatz mit. Doch trotz aller Gesten und warmer Worte wirkt Hoeneß inmitten der Feiergesellschaft betrübt.

25. Mai 2013

Selbst im Moment des großen Triumphes steht Hoeneß unter dem Eindruck der Steueraffäre. Zurückhaltend greift er nach dem 2:1 im Finale gegen Borussia Dortmund nach dem Champions-League-Pokal.

1. Juni 2013

Das Triple ist perfekt: Nach Meisterschaft und Champions-League holen die Münchner auch den DFB-Pokal.

24. Juni 2013

Hoeneß stellt den neuen Trainer Pep Guardiola mit in München vor. Danach hält er sich öffentlich weiter zurück. In seiner Steuerangelegenheit rechnet er mit einer baldigen Entscheidung. "Ich bin zuversichtlich, dass es eine gute Lösung gibt. Ich denke, in den nächsten zwei, drei Monaten wird es eine Entscheidung geben."

30. Juli 2013

Die Staatsanwaltschaft München erhebt Anklage gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München muss nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Bayern-Präsidenten entscheiden.

4. November 2013

Die Pressestelle des Oberlandesgerichts München teilt mit, dass die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II die Anklage gegen Hoeneß "unverändert" zugelassen habe. Hoeneß muss sich damit ab dem März wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten.

6. November 2013

Erstmals seit Beginn seiner Steueraffäre legt Hoeneß ein Mandat nieder. Der Bayern-Präsident gibt seinen Posten im Aufsichtsrat der Allianz-Beratungs-und-Vertriebs-AG nach sieben Jahren auf.

13. November 2013

Jahreshauptversammlung beim FC Bayern: Der Triple-Sieger gibt einen Umsatzrekord in Höhe von 432,8 Millionen Euro bekannt. Die Unterstützung seines Vereins rührt Hoeneß zu Tränen. Nach dem Ende seines Prozesses will er die Vereinsmitglieder über seine Zukunft entscheiden lassen.

22. Januar 2014

Startschuss für den Eingang von Akkreditierungen für den im März beginnenden Prozess: Schon nach 27 Sekunden ist alles vorbei. Insgesamt gehen 454 Akkreditierungsgesuche ein, berücksichtigt werden wegen der geringen Anzahl an Sitzplätzen lediglich 49.

23. Januar 2014

Sechs Wochen vor Prozessbeginn gibt es im Fall Hoeneß Razzien bei verschiedenen bayerischen Finanzbehörden. Aufgrund des Verdachts auf Verletzung des Steuergeheimnisses werden zahlreiche Unterlagen und elektronische Daten sichergestellt. Die Auswertung soll Wochen dauern.

10. März 2014

Der Prozess gegen Uli Hoeness vor dem Landgericht München beginnt am 10. März mit zwei Paukenschlägen: Hoeness räumt ein, zusätzlich zu den 3,5 Millionen, die ihm die Anklage zur Last legt, noch weitere 15 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Und: ein potenzieller Belastungszeuge macht von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Es ist ein Steuerfahnder in Altersteilzeit, der Hoeness bei der Abfassung seiner Selbstanzeige beraten hat.

13. März 2014

Uli Hoeneß wird zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht München spricht den Präsidenten des FC Bayern München wegen Steuerhinterziehung schuldig. Die Verteidiger kündigen Revision an.

14. März 2014

Paukenschlag in München einen Tag nach der Urteilsverkündung: Uli Hoeneß verzichtet auf eine Revision in seinem Steuerprozess und akzeptiert damit die Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Zudem tritt er mit sofortiger Wirkung als Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern zurück.

2. Juni 2014

Hoeneß tritt seine Haft im Gefängnis in Landsberg am Lech an.

20. September 2014

Erster Ausgang für Hoeneß: Für einige Stunden kann der prominente Häftling das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

16. Dezember 2014

Der Erpresser von Hoeneß wird zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Der 51-Jährige gestand, den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern vor dessen Haftantritt mit einem Drohbrief erpresst und 215.000 Euro verlangt zu haben.

24. Dezember 2014

Zu Weihnachten erhält Hoeneß Urlaub und darf erstmals wieder daheim - zwei Nächte außerhalb der Gefängnismauern - schlafen.

31. Dezember 2014

Zweiter Urlaub für Hoeneß. Er darf den Jahreswechsel zu Hause verbringen.

2. Januar 2015

Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Schlafen in die JVA, darf tagsüber außerhalb des Gefängnisses einer geregelten Arbeit nachgehen. (Chronik mit Material von dpa)


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Wosifan, Dienstag, 18.März 2014, 09:49 Uhr

566. U. Hoeneß

Natürlich: er steht im Mittelpunkt dieser zweifelhaften Machenschaften in Sachen Steuer. Ob Revision oder nicht, ob Reue oder Berechnung, - er hat die Kritiker immer gegen sich. Ist ja auch verständlich.
Als Fußballer hat er einmal angefangen wie viele andere (ich auch), - vielleicht ist er damals als vielleicht 16jähriger mit seinen Kameraden noch per Fahrrad zu den Auswärtsspielen unterwegs gewesen. Aber er war gut. Sehr gut. Und so begann die Karriere. Und dann kam das Geld. Und damit die Herausforderung zum Umgang mit dem Geld. Der ist er unterlegen. Und wir verurteilen ihn.
Aber was ist mit all den anderen jungen Talenten im 'Geschäft Fußball' heute? Wie werden sie mit den Herausforderungen fertig, denen sie durch ihre Taumgehälter ausgesetzt sind? Wir verurteilen Personen, - wenn sie versagen. Hat das S y s t e m nicht schon lange versagt? Wir freuen uns über eine Strafe für U. Hoeneß. Aber was ist mir denen, die ein System geschaffen haben, das für ihn zur Falle wurde. Und dessen Versuchungen auch heutzutage für viele junge Talente zur Falle wird? - Vielleicht sind in Landsberg noch einige Zimmer (Zellen) frei . . .

holzmanneu, Sonntag, 16.März 2014, 19:09 Uhr

565. Gerechtes Urteil für Hoeneß

Nachdem ich eigentlich mit dem Urteil und der Annahme durch Uli Hoeneß erst einmal zufrieden war, ist mein Rechtsempfinden nach dem heutigen Stammtisch und einem Artikel in der SZ doch erheblich gestört. Sowohl von Herrn Markwort als auch von der Süddeutschen, die seit Monaten gegen Hoeneß gehetzt hatte, ist nunmehr zu erfahren, dass seit dem Bestehen des Gesetztes zur Selbstanzeige 60.000 Personen in der Bundesrepublik Selbstanzeige erstattet haben, wovon keiner zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, darunter auch viele Prominente, Politiker, Sportler und auch Leute, deren Hinterziehungsbetrag noch deutlich höher als bei Hoeneß war. Auch das Verfahren gegen Alice Schwartzer, die im Gegensatz zu Hoeneß die Selbstanzeige erst nach den Meldungen in der Presee gemacht hat und somit rechtlich deutlich schlechter dastehen müßte, wurde eingestellt ohne auch nur eine Bewährungsstrafe zu verhängen. Ich kann nicht verstehen warum Hoeneß der einzige ist, der zu einer Haftstrafe verurteilt worden ist, der Gleichheitsgrundsatz wird hier mit Füßen getreten. Es scheint mir so als ob das Münchener Gericht sich weitgehend von der Presse und der aufgeheizten Stimmung in der Bevölkerung hat leiten lassen anstatt davon Recht zu sprechen.

Theresia Knaus, Sonntag, 16.März 2014, 15:31 Uhr

564. Hoeneß

Ich bin einfach nur noch sprachlos, erst die Gefängnisstrafe und dann die Verehrung von allen Seiten. Gibt es bei unserer Gesellschaft kein Unrechtsbewusstsein? Warum immer nur diese Unterschiede vom einfachen Dieb und den ehrenwerten Herren! Beim Stammtisch heute war nur eine einzige Huldigung von Herrn Hoeneß die Botschaft.

Der Simpel, Sonntag, 16.März 2014, 08:36 Uhr

563. Gerechtigkeit

Die Kanzlerin spricht Hoeneß ihren Respekt aus. Hat sie das Gustl Mollath, der über 7 Jahre weggesperrt wurde, auch?

schmitz walter, Samstag, 15.März 2014, 19:46 Uhr

562. Wer ohne Schuld ist...

...werfe den ersten Stein!
es laufen Kinderschänder frei herum, es laufen Alkolenker die jemanden tot gefahren haben frei herum...bis auf jene, die den Uli persönlich nicht mögen, hat niemand was von der Haft. Solche wie Er sollten richtig viel zahlen müssen, kleinere Steuersünder oder kleine Firmen zum Ausgleich mit mehr Nachsicht bestraft werden und gut ist es. Da gibt es zB. ja auch Zocker die auf Lebensmittel spekulieren und die Preise künstlich hoch treiben, uvm.... Das ist meiner Meinung auch ein Verbrechen...Uli ist kein Verbrecher! da müssten viele Politiker für ihre Taten u Doppelmoral auch in den Knast, aber da ist ja nie wer für irgend etwas verantwortlich...
Alles Gute Uli Hoeneß