Lese im Weinberg: Für den Süßwein Aurum werden die Trauben wie rohe Eier behandelt, damit sie nicht zerdrückt werden.
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Lese im Weinberg: Für den Süßwein Aurum werden die Trauben wie rohe Eier behandelt, damit sie nicht zerdrückt werden.

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Aurum – die goldene Alternative zu Eiswein und Co.

Aurum – die goldene Alternative zu Eiswein und Co.

Die Landesanstalt für Weinbau zerbricht sich schon länger den Kopf darüber, wie Frankens Winzerinnen und Winzer trotz des Klimawandels auch künftig edle Dessertweine erzeugen können. Die Antwort: Aurum, Wein aus eingetrockneten Trauben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Aus den vollreifen Silvaner-Trauben der Lage Thüngersheimer Ravensburg ließe sich ein guter Schoppen machen. Doch sie sind zu Höherem berufen: Die Weinexpertinnen und -Experten der Landesanstalt für Weinbau (LWG) in Veitshöchheim wollen daraus einen besonderen Dessertwein herstellen, erklärt Chef-Önologe Johannes Burkert. Anders als üblich trocknen die Trauben für den sogenannten Aurum-Wein allerdings nicht am Weinstock, sondern im Gewächshaus. Und dazu eigne sich der Silvaner mit seiner robusten Beerenhaut sehr gut.

Wie rohe Eier: Keine Weinlese wie jede andere

Die Lesehelferinnen und -Helfer behandeln die Trauben wie rohe Eier. Nur makellose, gesunde Früchte legen sie vorsichtig in kleine blaue Kästen. Nur eine Schicht, um ja keine Beere zu zerdrücken. Rund 500 Kilogramm handverlesene Trauben treten nun ihren Weg nach Veitshöchheim an. 200 Liter Süßwein sollen daraus werden.

Den macht man gewöhnlich erst im November oder Dezember aus Trauben, die am Weinstock zu Rosinen verschrumpeln oder zu Eis erstarren. Beides wird für Winzerinnen und Winzer mehr und mehr zum Glücksspiel, erklärt Johannes Burkert: "Eiswein ist immer schwieriger, weil es immer seltener richtig Frost gibt im Winter. Und Beerenauslese wird immer schwieriger, weil es eben im Herbst häufig regnet durch den Klimawandel. Das sieht man jetzt aktuell im Süden, und dann faulen die Beeren und es ist nicht möglich, die hängenzulassen." Deshalb trocknet die Landesanstalt ihren Silvaner jetzt im Gewächshaus. Mit dem ehrgeizigen Ziel, es genauso gut hinzubekommen wie die Natur. Nur eben unter kontrollierten Bedingungen.

Wie beeinflussen Temperatur und UV-Strahlung das Aroma?

Der wissenschaftliche Ehrgeiz des Projektes besteht darin herauszufinden, was den Geschmack des Süßweins beeinflusst, sagt der Experte: "Jetzt geht es einfach darum, die Qualität zu optimieren – zum Beispiel herauszufinden, welchen Einfluss die Temperatur oder die UV-Strahlung beim Trocknen auf das Aroma vom Wein haben." Zudem will das Team testen, "welche Hefe sich am besten eignet, um diesen Süßwein zu vergären – weil durch den hohen Zuckergehalt tun sich manche unheimlich schwer."

Die Silvaner-Trauben brauchen vier bis sechs Wochen Zeit, bis die Hälfte ihrer Flüssigkeit verdunstet ist und sich damit ihr Fruchtzuckergehalt verdoppelt hat. Schließlich kommen die zu Rosinen getrockneten Trauben in die Kelter und dann in Fässer, wo ein Teil des Restzuckers zu Alkohol wird. Aber eben nur ein Teil: Lediglich zwischen neun und zehn Prozent Alkohol soll der Süßwein einmal haben. Aber jetzt darf der Dessertwein erst einmal in Ruhe reifen. Es besteht kein Grund zur Eile, denn das Ergebnis wird mit den Jahren eher besser.

Aurum: LWG als Pionier und Namensgeber

Der Chef-Önologe der LWG präsentiert einen Süßwein aus dem Jahr 2016. Schon seine kräftige Farbe macht ihn besonders, vom Aroma ganz zu schweigen. Und doch darf dieser edle Stoff aus der Schatzkammer nicht einfach "Wein" heißen. Dazu müsste er laut deutschem Weingesetz nämlich aus frischen Trauben hergestellt sein, erläutert Burkert: "Nachdem der Name 'Deutscher Wein aus eingetrockneten Trauben', wie er offiziell heißt, nicht so spektakulär ist, haben wir uns für einen Fantasienamen entschieden." Auf das chemische Symbol für Gold, also Aurum, sei das LWG-Team dann gekommen, weil die Farbe des Süßweins golden ist und auch der Wert hoch sei.

Nicht ohne Stolz weist Weinexperte Burkert darauf hin, dass die Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim mit diesem flüssigen Gold echte Pionierarbeit geleistet habe. Denn bereits im Jahr 2012 habe man den ersten deutschen "Wein aus eingetrockneten Trauben" zubereitet. Seither setzen die Unterfranken alles daran, der Winzerschaft mit Aurum eine lohnende Alternative für das risikoarme Erzeugen von Dessertwein aufzuzeigen und dem Klimawandel ein Schnippchen zu schlagen. Johannes Burkert ist sich sicher: Diese Art Dessertwein hat in Deutschland eine große Zukunft.

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Weil der Klimawandel die Bedingungen im Weinberg für Dessertweine erschwert, trocknet die Landesanstalt ihren Silvaner nun im Gewächshaus.
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Weil der Klimawandel die Bedingungen im Weinberg für Dessertweine erschwert, trocknet die Landesanstalt ihren Silvaner nun im Gewächshaus.

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