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Rhein-Main-Donau-Kanal Hightech zur Berg- und Talfahrt

Ende der 50er-Jahre rücken die ersten Bagger an, aber vor dem Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals steht der Versuch. Welche Breiten, Böschungswinkel, Schleusentypen und Abdichtungsmethoden braucht ein moderner Kanal? Die Fragen an die Ingenieure füllen dicke Akten.

Published at: 10-12-2008 | Archiv

Rhein-Main-Donau-Kanal: Schleuse Riedenburg | Bild: picture-alliance/dpa

Zusammen mit den Schiffbau-Versuchsanstalten in Hamburg und Duisburg sollen sie geklärt werden. Die Vorgabe: Der Main-Donau-Kanal muss auch für mittlerweile üblichen langen Schubverbände taugen, bei denen ein Motorschiff mehrere Frachtanhänger vor sich her bugsiert.

So werden nicht nur diverse Streckenführungen geprüft, sondern auch bautechnische Konzepte immer wieder geändert. Durch Modell- und Großversuche fahnden die Experten nach dem geeigneten Profil. Letztlich wird der Kanal oben breiter als unten. Mit diesem Querschnitt können die Böschungen flacher ausfallen und sind damit widerstandsfähiger gegen den Wellenschlag der Schiffe.

Aufzüge oder Schleusen für den "Gebirgskanal"?

Bei einem Höhenunterschied von satten 243 Metern zwischen Bamberg und Kelheim besteht eine der großen Herausforderungen in der Frage: Wie kommen die Schiffe über den Fränkischen Jura. Nicht umsonst wird der Main-Donau-Kanal gelegentlich als "Gebirgskanal" tituliert.

Im Südabschnitt zwischen Nürnberg und Kelheim sind ursprünglich drei Hebewerke geplant. Wie in einem Aufzug sollten die Schiffe damit zügig über die Steigungen und Gefälle transportiert werden. Schließlich entscheiden sich die Fachleute Ende der 60er-Jahre doch für Schleusen. Sie sind billiger, weniger störanfällig - und vor allem mit ihren 190 Meter langen Kammern für zwei 90-Meter-Schiffe oder einen zweigliedrigen Schubverband geeignet, urteilen die Experten.

Das Prinzip Sparschleuse

Sparschleuse Bamberg: Insgesamt haben entlang des Kanals 13 der 16 Schleusen ein solches Funktionsprinzip mit seitlich angelegten Füllkammern.

Auch an den Schleusen wird herumgetüfftelt. Von den 16 Stück entlang des Kanals sind 13 als sogenannte Sparschleusen gebaut. Im Gegensatz zu einer normalen Kammerschleuse, die ihr Wasser komplett aus dem Fluss bezieht, haben die Sparschleusen extra angelegte Vorratsbecken. Sie liefern den größten Teil des Wassers zum Fluten der Kammern. Wird die Schleuse wieder entleert, fließt das Wasser zurück ins Sparbecken.

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Mit dieser Technik kann die Rhein-Main-Donau AG zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die natürlichen Zuflüsse in der Gegend hätten für das notwendige Schleusenwasser gar nicht ausgereicht und die Betriebskosten des Kanals sind durch die Wassereinsparung niedriger. In den 70er-Jahren entwickeln die Bautechniker der  RMD für den Südabschnitt des Kanals eine neue Variante der Sparschleuse, um die mächtigen, bis zu knapp 25 Meter hohen Bauwerke auch in den teils weichen Tonboden des Fränkischen Juras setzten zu können. Die Sparbecken werden dabei über 20 Meter weit seitlich zur Schleuse versetzt, deren Mauern können somit massiver gebaut werden.

Millionen Kubikmeter Beton, Tonnen Stahl

Bei der endgültigen Flutung des Kanals am 31. Juli 1992 kann das damalige Vorstandsmitglied der Rhein-Main-Donau AG, Hans Peter Seidel, mit üppigen Zahlen protzen: Zwischen 2.000 und 4.000 Menschen waren am Bau beteiligt, 2,6 Millionen Kubikmeter Beton und 189.000 Tonnen Stahl sind im Kanal verbaut.

Der Kanal in Zahlen

Länge: 171 km von Bamberg bis Kelheim
Breite: 55 Meter oben, 31 Meter unten
Wassertiefe: 3,50 bis 4,00 Meter
Höhenunterschied: 243 Meter
Infrastruktur: 16 Schleusen, 125 Brücken, 5 Unterführungen, 5 Wasserpumpwerke
Baukosten: 4,7 Milliarden Mark
Bauzeit: 33 Jahre 
(1959 – 1972 Nordabschnitt Bamberg-Nürnberg,
1969 – 1992 Südabschnitt Nürnberg-Kelheim)


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