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Die Akte GBW - ein bayerischer Wirtschaftskrimi Sparkassen im Zwielicht

Wohin fließt die Miete aus den GBW-Wohnungen? Welche Investoren profitieren? Unter ihnen sind laut Finanzministerium auch Sparkassen. Das aber könnte illegal sein.

Von: Claudia Gürkov, Maximilian Burkhart und Wolfgang Kerler

Stand: 12.10.2016 | Archiv

Symbolbild: Das Muster eines Netzwerkes und das Sparkassenlogo | Bild: BR, picture-alliance/dpa, Montage: BR

April 2013: die GBW ist verkauft, zu einem erstaunlich niedrigen Preis. Neuer Eigentümer der rund 30.000 Wohnungen in Bayern ist ein Investorenclub, geführt von der Augsburger Patrizia. Das Konsortium ist solvent, kommt laut Patrizia ohne Kredite aus und zahlt den Deal komplett aus eigener Tasche. Aber: Wer sind die GBW-Investoren neben der Patrizia?

"Das von PATRIZIA geführte Konsortium besteht aus 27 renommierten institutionellen Investoren aus dem deutschsprachigen Raum. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir unseren Co-Investoren Vertraulichkeit zugesichert haben. Von daher ist es uns nicht möglich, Ihnen diese zu benennen."

schriftliche Antwort der Patrizia auf eine Anfrage von BR Recherche

Auch das Finanzministerium hält sich bedeckt: "Das Konsortium bestand nach damaliger Auskunft der Bayern LB aus einer Gruppe von deutschsprachigen berufsständischen Versorgungswerken, Versicherungen und Sparkassen."

Profitables Investment

Mit der GBW lässt sich gutes Geld verdienen. Die Patrizia etwa hat nach eigenen Angaben 58 Millionen Euro investiert, ihre Partner bezahlen sie außerdem für die Bewirtschaftung. Über 30 Millionen Euro, meldet die Patrizia in ihrem Jahresbericht 2015, hat ihr allein in dem Jahr das Co-Investment bei der GBW eingebracht.

Drei Investoren lassen sich im Laufe der Recherchen identifizieren: das Versorgungswerk der Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, die Württembergische Gemeindeversicherung und das Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer. Und welche Sparkassen gehören zu den Investoren?

Illegales Sparkassen-Engagement?

BR Recherche hat über 120 Sparkassen in Baden-Württemberg und Bayern angefragt, ob sie Teil des Konsortiums sind. Lediglich die Sparkassenversicherung mit Sitz in Stuttgart bestätigt, Teil des Konsortiums zu sein - sonst nur Absagen. Was hat das zu bedeuten? Tricksen die Sparkassen? Oder sind gar keine Sparkassen mit von der Partie?

Dass die Namen der der Sparkassen, die am GBW-Deal beteiligt waren oder sind, nicht offen gelegt werden, verwundert Professor Joachim Wieland, Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften, nicht. Denn Sparkassen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Sollten einige von ihnen zu den GBW-Investoren in Luxemburg gehören, wäre das für Professor Wieland nicht nur unmoralisch, sondern illegal:

"Eine Sparkasse sollte sich an einem solchen Firmenkonstrukt nicht beteiligen. Ihre Aufgabe ist es im Interesse der lokalen Öffentlichkeit Bankgeschäfte zu betreiben, den Bürgern den Zugang zu den Bankgeschäften zu ermöglichen, aber nicht sich an einem internationalen verschachtelten Konsortium, dessen Ziel offenbar auch Steuerersparnis ist, zu beteiligen."

Professor Joachim Wieland, Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften

Viele Fragen offen

BR Recherche fragt beim Innenministerium und beim Finanzministerium nach, ob und wenn ja welche Sparkassen sich am GBW-Deal beteiligt haben. Die Antworten bringen keine Klarheit, im Gegenteil. Das Finanzministerium schreibt unter Berufung auf die Bayern LB, dass Sparkassen am GBW-Kauf beteiligt waren. Das Innenministerium hingegen teilt mit: „Nach den uns vorliegenden Informationen waren und sind keine Sparkassen an dem Firmenkonstrukt beteiligt."

Eine Sprecherin des Finanzministeriums wiederum teilt telefonisch mit, das sei kein Widerspruch. Schließlich kümmere sich das Innenministerium nur um bayerische Sparkassen. Diese bayerischen Sparkassen hatte allerdings der damalige Finanzstaatssekretärs Franz Josef Pschierer seinerzeit im Haushaltsausschuss ausdrücklich als GBW-Käufer genannt.

Fragen, Widersprüche, Ungereimtheiten: Drei Jahre nach dem Verkauf von rund 30.000 bezahlbaren Wohnungen ist vieles ungeklärt, bis heute geheim. Die Akte GBW kann noch nicht geschlossen werden. Denn es geht um Folgen und Kosten für Mieter, Kommunen, Steuerzahler.


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