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Verwandtenaffäre Die CDU ist "not amused"

Der Unmut in der CDU über die Beschäftigungsaffäre im Bayerischen Landtag war schon länger spürbar. Jetzt äußerte sich erstmals ein führender Christdemokrat. Parteivize Strobl wählte für seine Kritik an der CSU deutliche Worte.

Stand: 08.05.2013 | Archiv |Bildnachweis

Das Ganze habe "Geschmäckle", sagte Thomas Strobl der "Welt". Strobl, der zugleich CDU-Vorsitzender in Baden-Württemberg ist, brachte damit auf den Punkt, was führende Christdemokraten schon länger umtreibt: Die Sorge um eine Mehrheit für das schwarz-gelbe Regierungsbündnis bei der Bundestagswahl im Herbst. "Diese Debatte um die CSU ist nicht hilfreich für uns", so der CDU-Mann. Zwar lobte Strobl das Krisenmanagement von Parteichef Horst Seehofer, riet der CSU aber zugleich zu "Offenheit, Transparenz und konsequentem Handeln".

Kritik auch vom Rechnungshof

Mittlerweile hat sich auch der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) in die Affäre eingeschaltet und eine Prüfung angekündigt. Dabei will der ORH will sowohl die geplante Verschärfung des Abgeordnetenrechts als auch den Umgang mit den sogenannten Altfällen genau prüfen.

"Da muss man fragen, wie soll es denn weitergehen, sollen Werkverträge ausgeschlossen werden, wie sinnvoll ist es, welche Regelungen brauche ich dazu und welche Grenzen muss ich da vielleicht einziehen."

ORH-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger

In Bezug auf die Altfallregelung kündigte ORH-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger an, nicht die einzelnen Abgeordneten zu überprüfen, sondern das zuständige Landtagsamt. Er räumte ein, dass die Altfallregelung, die sich die Landtagsabgeordneten zu Nutze machten, rechtlich nicht zu beanstanden sei. Es habe sich gezeigt, dass eine Reihe von Dingen im Nachweis zumindest kritisch zu hinterfragen seien. Seine Behörde wolle prüfen, "wie die Landtagsverwaltung diese Regeln vollzogen hat." Zur Dauer der Überprüfung konnte Fischer-Heidlberger keine Angaben machen.

Für Schmid wird es brenzlig

Für den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid könnte die Affäre um die Beschäftigung seiner Ehefrau möglicherweise ein juristisches Nachspiel haben. Nachdem der Landtag am Mittwoch erklärt hatte, keinen Einspruch einlegen zu wollen, steht einem Ermittlungsverfahren rein rechtlich jetzt nichts mehr im Weg. Ein Sprecher der für den Fall zuständigen Augsburger Staatsanwaltschaft wollte den Beginn der Ermittlungen jedoch noch nicht bestätigen. Die Ermittlungsbehörde werde sich erst nach Abschluss der Untersuchung äußern, sagte er. Hintergrund ist der Vorwurf, dass Schmid seine Frau möglicherweise jahrelang als Scheinselbstständige beschäftigt hat. Er hatte sie für Büroarbeiten wie eine Unternehmerin bezahlt und ihr bis zu 5500 Euro im Monat überwiesen.

Aufhebung der Immunität - wie geht das?

Über die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten entscheidet auf Antrag der Staatsanwaltschaft der Landtag, konkret: der Rechtsausschuss, der von Schindler und seiner Stellvertreterin Petra Guttenberger (CSU) geleitet wird, gemeinsam mit der Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Legt das Parlament nicht binnen 48 Stunden Widerspruch ein, kann die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen beginnen. Die endgültige Entscheidung über die Aufhebung der Immunität fällt aber erst, wenn gegen Schmid ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte. Bisher besteht nur der Verdacht auf Scheinselbständigkeit.

Seehofers Drei-Punkte-Plan

Horst Seehofer hatte zuletzt einen Drei-Punkte-Plan für Abgeordnete und Kabinettsmitglieder der CSU vorgestellt. Seehofer will zunächst Transparenz herstellen, ein Gesetz zum Verbot der Beschäftigung von Verwandten durch Abgeordnete im Landtag beschließen und schließlich öffentliche Mittel durch fünf Kabinettsangehörige zurückzahlen lassen. Dabei ermahnte der Regierungs-Chef die CSU-Kabinettsmitglieder, das Geld an die Staatskasse zu zahlen und nicht, wie von diesen erwogen, für soziale Zwecke zu spenden. "Wenn man die Debatte wirklich beenden will, sollte man besser an die Staatskasse zurückzahlen", so Seehofer. Rücktrittsforderungen von SPD-Spitzenkandidat Christian Ude an fünf Kabinettsmitglieder wies Seehofer zurück.

Die betroffenen Abgeordneten im Überblick

Landtagspräsidentin Stamm hatte die Namen der Abgeordneten, die auch nach der Gesetzesverschärfung im Jahr 2000 Ehepartner oder Kinder beschäftigt hatten, öffentlich gemacht. Insgesamt handelt es sich um 79 Abgeordnete, die seit 2000 Ehepartner oder Kinder beschäftigt hatten - mehrheitlich von der CSU, aber auch einige Sozialdemokraten und Grüne. Viele auf der Liste haben ihre Laufbahn im Landtag bereits beendet und bekleiden andere Ämter oder sind in den Ruhestand getreten. Unter den in der Liste aufgeführten Politikern finden sich auch prominente wie die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmid (SPD) oder der ehemalige Kultus- und Medienminister Siegfried Schneider (CSU). Dieser hatte den Vertrag mit Eintritt in das Kabinett beendet.

Zahlreiche Abgeordnete erklärten auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks, dass sie Verwandte beschäftigen oder beschäftigt haben.

Beschäftigungsaffäre







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reiner tiroch , Mittwoch, 08.Mai 2013, 10:37 Uhr

458. Querdenker sagt,

gibt es eine Aufhebung der Immunität denn auch bei den gekauften Steuer CD´s weil doch nach vorheriger Sichtung nie ein politiker drauf gefunden wird, obwohl es laut Schweit hunderte sein sollen?

hajo, Mittwoch, 08.Mai 2013, 10:19 Uhr

457. Beschäftigungsaffäre

@ Ramses

danke für Ihre ehrlichen Worte. Auch ich hoffe, dass bei den anstehen Wahlen genug Wahlvolk den Weg in die Wahlkabine schafft, hoffentlich auch diejenigen, die sonst nicht Wählen gehen, man kann ja auch BRIEFWAHL machen. Dieser Personenkreis braüchte
dann nur den Wahlschein UNGÜLTIG machen, dadurch ist seine Stimme aber gebunden. Es dürfen keine xx% Nichtwähler sein, sondern es MÜSSEN xx% ungültige Stimmen werden!

I

Gerhard Melzer, Mittwoch, 08.Mai 2013, 07:43 Uhr

456. Moral

Bei Allem wird plötzlich die moralische Keule ausgepackt. Der Zustand dieser "Affäre" ist doch nicht erst seit dem "Fall Schmid" bekannt. Es wird jetzt 5 Monate vor der Wahl die Schublade aufgemacht und skandalisiert. Warum kommt man mit dieser Meldung nicht schon viel früher? Wo ist hier die Moral?

John, Mittwoch, 08.Mai 2013, 07:00 Uhr

455. @Willi

richtungswechsel???hm...
da sollte man sich überlegen, vielleicht lieber selbst eine partei zu gründen, die allgemeine probleme der bürger kennt und etwas verbessert. für mindestens jeden 2 bürger sind über 50% der politiker korrupt und realitätsfremd. das ist doch schon seeeeeeeeeeeeeeeeeeehr erschreckend.
unsere ganzen parteien unterscheiden sich doch kaum noch, ausser durch den namen.
ich könnte für keine partei die hand ins feuer legen, ausser für die leeeeeeeeeeeeeeeeeeeren versprechungen vor den wahlen ( wie immer) .
wenn schon parteien wie *die piraten* gewählt werden, dann muss man sich echt fragen ob deutschland verdummt.
und so weiter...

graf, Mittwoch, 08.Mai 2013, 06:49 Uhr

454. Rechnungshof endlich,

denn Kontrolle,Frau Stamm, ihrerseits hat wohl nicht funktioniert und wurde bis vor 10 Tagen von ihnen kleingeredet und als Einzelfälle dargestellt. Wissen Sie nicht was in ihrem Parlament geschieht?
Hut ab vor unsere Medien, ohne die das Volk wohl aufgeschmissen wäre. Immer nur die Schelte der Politker, alles wäre hochgespielt, ist wohl fatal. Was wäre wenn es diese nicht gäbe, dann würde IHnen Herren Kabinettsmitglieder und Frau Merk, Tür und Tor geöffnet - für weiteren legalen Betrug am Volk. Erinnert Euch an die Bonfrau, die Hackfleischbällchensekretärin, an unterbezahlte, schwer körperlich arbeitende Menschen zu Löhnen, die ihr Politiker eigentlich unterbinden müsstet. Statt dessen sorgt ihr euch lieber um Familienangehörige mit Stundenlöhnen, für Selbstverständlichkeiten, wie Telefon und Wartungspflege am PC. Das Herr Erk, Schmid, Brunner und andere MItglieder der jetzigen Regierung - machen die meisten Familienmitglieder in unserem schönen Bayern.
Wieso hat nur noch die CSU 17 Mitglieder mit Altverträgen, sind diese etwa schon 13 Jhare nach dieser "Übergangsregelung" beim Staat beschäftigt auf Steuerkosten? Amigos und Filz - nichts hat sich geändert.
Liebe Medien - laßt bitte nicht nach, das Volk braucht Euch.