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Universität Oxford Das Bildungsparadies - Studieren in England

Wer in Oxford studiert, ist in der Welt zu Hause. Die Studenten und Dozenten stammen aus 130 verschiedenen Nationen und das Profil der Universität ist durch einen hohen internationalen Standard geprägt.

Von: Corinna Benning, Nicole Schubert

Stand: 18.07.2018 | Archiv

Die Universitäten von Oxford hat kein zentrales Bauwerk, sondern akademische Dachgesellschaften, die sich aus 39 einzelnen autonomen Colleges zusammensetzen. Die Durchführung von Vorlesungen, Seminaren und Prüfungen sind Aufgabe der Universität. In den einzelnen Colleges leben und lernen die Studenten. Dem klösterlichen Vorbild nachempfunden, verfügt jedes College über eine Kapelle, einen Speisesaal und Schlafräume für die Studierenden. Jedes College hat zudem eigene Statuten, die nur mit Zustimmung der Queen geändert werden dürfen.

Oxford ist neben Cambridge als Eliteschmiede weit über die Landesgrenzen bekannt: Hier werden die Manager, Topanwälte, Staatsbeamten, Schriftsteller und Politiker von Morgen ausgebildet. Die Liste der berühmten Absolventen und Absolventinnen ist lang: Insgesamt 30 britische Premierminister haben in Oxford oder Cambridge ihr Studium absolviert, unter ihnen Margaret Thatcher und Toni Blair. Die Universitäten haben zudem viele berühmte Schriftsteller, wie Lewis Caroll („Alice im Wunderland“), Aldous Huxley („Brave new world“) und William Golding („Lord of the flies“), sowie über 100 Nobelpreisträger hervorgebracht.

Natürlich werden nicht alle Studierende Staatspräsidenten, Bestsellerautoren oder Wissenschaftler von Weltrang. Um ihre berufliche Zukunft müssen sie sich dennoch keine Sorgen machen. Ein gut organisiertes Netzwerk aus Ehemaligen, die mittlerweile Spitzenstellungen in Politik und Wirtschaft innehaben, das sogenannte old-boys-network, greift Absolventen der eigenen Universität beim Berufseinstieg unter die Arme.

Bildung nicht nur für Reiche

Ein Studium in Oxford ist prinzipiell kein Privileg für Reiche, denn die Studiengebühren von etwa 6.000 Euro im Jahr werden, wenn nötig, von den Kommunen, vom Staat und durch Stipendien gedeckt. Im Schnitt bekommen jedoch nur 40 von 100 Bewerbern einen Studienplatz. Entscheidend sind nicht nur sehr gute Noten. In dem gefürchteten Bewerbungsinterview muss jede/r Kandidat/in zudem persönlich überzeugen und eigenständiges Denken beweisen. Ausländische Austauschstudenten, die nur ein Jahr an einer der beiden Universitäten studieren möchten, bleibt das Interview erspart. Stattdessen müssen sie Empfehlungsschreiben von Professoren ihrer Heimatuniversität vorlegen. Da das Unterrichtsniveau sehr hoch ist, sind zudem sehr gute Englischkenntnisse Voraussetzung.

Cambridge und Oxford wird häufig vorgeworfen, Absolventen von teuren Privatschulen bei der Vergabe von Studienplätzen zu bevorzugen. Dagegen wehren sich beide Universitäten. Privatschulabsolventen haben bei der Bewerbung jedoch meist bessere Chancen, da die Ausbildung an englischen Privatschulen weitaus besser ist als an staatlichen Schulen. Zudem werden die Schüler dort bereits systematisch auf das Interview vorbereitet.

Wer aufgenommen wird, muss sich fortan den strengen Regeln der Universitäten beugen. Die Studenten dürfen beispielsweise nicht Jobben und nicht Autofahren. Auch das Betreten des  Collegerasens ist streng verboten. Dieses Recht ist den Professoren und ihren Begleitern vorbehalten.

Traditionen an der Universität Oxford

Alte Traditionen sind an den beiden Universitäten eben noch sehr lebendig. Dazu gehört auch das Tragen des Talars. Seine Farbe gibt Auskunft über den Titel seines Trägers. Den Talar braucht der Student von Anfang an. Das erste Mal muss er ihn bei der feierlichen Immatrikulation anlegen. Danach trägt er ihn bei Prüfungen, der Zeugnisvergabe und bei den feierlichen Abendessen, den sogenannten „Formal Halls“, die jedes College in regelmäßigen Abständen veranstaltet. Diniert wird bei Kerzenschein an langen Holztafeln. Von den Wänden blicken Bilder verdienter Collegeabsolventen aus vergangenen Tagen auf die jungen Kollegen von heute. Die Professoren sitzen erhöht am „High Table“. In den Colleges leben Studenten und Professoren in einer familiären Gemeinschaft. Das gemeinsame Mahl ist ihnen deshalb mindestens so wichtig, wie die Freizeitgestaltung.

Vom Kochen bis zum Debattieren

Es ist nicht einfach, sich für eine Freizeitaktivität zu entscheiden, denn zusätzlich zum Studium locken an jeder Universität über 250 „activities“. Die Auswahl reicht von Theatergruppen, über Golfkurse bis hin zur „foot-and-wine-tasting-society“, einem Club, dessen Mitglieder sich regelmäßig treffen, um gemeinsam zu kochen und verschiedene erlesene Weine zu testen.

Der berühmteste Studentenclub ist der 1823 gegründete „Debating Club“, ein Forum der intellektuellen Debatte, das von der„Oxford Union“ veranstaltet wird. 80 % der Oxforder Studenten sind hier Mitglied. Ein Blick auf die Bilder an den Wänden der Eingangshalle zeigt, dass dies kein gewöhnlicher Studentenclub ist. Alles, was Rang und Namen hat, wird zum Schlagabtausch mit den Studenten eingeladen – von der Queen bis zu Mick Jagger und Politiker aus allen Ländern. Hier können die Studenten rhetorische Erfahrungen sammeln und lernen, sich mit den Großen zu messen. Viele Politiker nutzten die Oxford Union als Sprungbrett für ihre politische Karriere. Debattiert wird kontrovers über alle erdenklichen Themen, z.B. Rauchverbot in Collegebars. Nachdem beide Parteien zu Wort gekommen sind, wird abgestimmt. Es geht jedoch nicht um die Sache an sich, sondern um Selbstdarstellung, denn unterhaltsame Redner sind erfolgreicher als tiefgründige Denker.

Diziplin und Leistungskontrolle

Um Freizeitaktivitäten und Lernen in Balance zu halten, müssen die Studenten sehr diszipliniert sein. Jeder Student kennt sie, die „essay crisis“. So wird die Nacht vor dem Abgabetermin eines Aufsatzes genannt. Im College wird jeder Student einem persönlichen Betreuer, seinem Tutor zugeordnet. Für diesen muss der Student jede Woche ein bis zwei Essays schreiben. Diese Aufsätze werden dann unter vier Augen besprochen. So kontrolliert der Tutor den Lernfortschritt seines Schützlings und bereitet ihn auf die Prüfungen vor. Der Vorteil dieses Systems ist, dass die Studierenden in den Prüfungen meist sehr gut abschneiden, da ihre Leistungen ständig gemessen werden und dem Tutor bereits sehr früh auffällt, wenn sie nachlassen. Der Tutor versucht in einem solchen Fall die Gründe dafür - seien sie akademischer oder persönlicher Natur - herauszufinden und ihnen im Frühstadium entgegenzuwirken. Das kann so weit gehen, dass er seinem Studenten nicht erlaubt, in den Trimesterferien in den Urlaub zu fahren.

Von den Studenten in Oxford wird Cambridge nur verächtlich „the other place“ – der andere Ort – genannt, denn das Verhältnis der beiden ältesten und renommiertesten Universitäten Englands ist durch eine jahrhundertealte Rivalität um die akademische und sportliche Spitzenstellung geprägt. Seit 175 Jahren treten die beiden Universitäten beim jährlichen Boatrace gegeneinander an. Dabei geht es um Ehre und Prestige.


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