ARD alpha - Campus


0

Roboter-Rennauto vs Mensch Mit einem Algorithmus beim Roborace zum Sieg?

Sieben Doktoranden der TU München wollen in neun Monaten ein Rennauto zum Laufen bringen - ohne Fahrer, gesteuert nur durch einen Algorithmus. Das RoboRace 2018 ist die große Chance für sie, aber die Software hat ihre Tücken.

Von: Laura Goudkamp

Stand: 06.06.2018

Angefangen hat alles damit, dass Professor Markus Lienkamp vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der TU München einen Artikel in einem Fachmagazin entdeckte. Da war die Rede von einem Start-Up mit Namen „Roborace“. Das erklärte Ziel: Die erste autonome Rennserie an den Start bringen. Formel 1, nur ohne Fahrer - gelenkt von einer Software. Ein interessantes Projekt, vor allem für Studierende und Doktoranden, die zwar die Software für autonomes Fahren entwickeln, aber kaum Zugang zur Hardware haben um ihre Algorithmen zu testen, sprich Fahrzeuge.

"Es sind eigentlich genau die Themen, die in der Zukunft eine Rolle spielen. Es ist das Thema Elektromobilität, automatisches Fahren und das Zusammenspiel von extrem komplexen Systemen."

Prof. Dr. Ing. Markus Lienkamp

Erfolg bei RoboRace wäre eine Chance für die Forschung  

Zwei Jahre später sitzen sieben Doktoranden zusammen in der TU und tüfteln an den komplexen Systemen. In wenigen Wochen nehmen sie an einem großen Rennen von Roborace in Berlin teil – am Rande des E-Prix mit rund 20.000 Besuchern. Vorher geht es aber noch auf die Teststrecke in England.

Für Johannes Betz, Leiter des Projekts und sein Team wäre es ein großer Erfolg, wenn das Auto beim Rennen reibungslos und nur durch eine Künstliche Intelligenz (KI), also die Software gesteuert, autonom seine Runden zieht:

"Es wäre für uns Bestätigung, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben – nämlich zu investieren. Geld und Zeit. Für uns ist es wichtig, zu wissen, dass wir künftig richtig ausgerichtet sind - autonomes Fahren ist das Thema, dass neben E-Mobilität das wichtigste Thema in diesem Feld ist ist und da ist noch viel Forschungsbedarf."

Johannes Betz, Projektleiter 'RoboRace'

Der große Vorteil des Projekts: Es ist für viele Doktoranden und auch Studierende sehr attraktiv. Da viele komplexe Themen ineinandergreifen arbeiten insgesamt Mitarbeiter von drei Lehrstühlen an den einzelnen Teilbereichen. Viele Themen fallen dabei ab für Bachelor- und Masterarbeiten. Die Arbeit der Studierenden ist für den Erfolg auf der Rennstecke essenziell.

Software an der Uni in München – Hardware auf der Teststrecke in England

Das Team der Doktoranden arbeitet hier an der TU an der Software, die später das Rennauto lenken soll. Das Rennauto selbst stellen die Organisatoren von Roborace aber nur in England auf der Teststrecke in England zur Verfügung. Dort verbringt das TU-Team die nächste Woche, um an der Streckenerkennung zu feilen und die Geschwindigkeit nach oben zu schrauben. Das einzige Problem an dem Prototypen, an dem die Nachwuchswissenschaftler testen: Es ist nicht wasserfest. Gutes Wetter in England ist daher Voraussetzung für die Proben.

Alexander Wischnewski, einer der Doktoranden, bringt schon viel Erfahrung aus dem Rennsport mit. Seine Ziele für England sind hochgesteckt:

"Wir haben 6 Tage Zeit und in diesen 6 Tagen geht es darum, das Maximum rauszuholen – eine Zahl von mindestens 100  km/h sollten wir schon erreichen. Wenn das nicht klappen sollte, wären wir schon sehr enttäuscht."

Alexander Wischnewski, Doktorand

England: Künstliche Intelligenz trifft britisches Wetter

Wenige Tage später sitzen die Jungs in Banbury, einem verschlafenen englischen Nest zwei Fahrtstunden von London entfernt. Sie sitzen aber nicht an der Teststrecke bei ihrem Rennauto, sondern in den Büroräumlichkeiten von Roborace. Das Wetter hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht – Es schüttet in Strömen. Bis das Wetter besser wird, bleibt ihnen nur der Simulator. Am nächsten Tag ist das Wetter gnädig. Die Doktoranden können auf die Teststrecke. Es läuft gut. Die Software speist jetzt nicht nur die GPS-Daten der Strecke ein, sondern auch die Ortungsdaten von den Sensoren des Autos. Damit ist die Erkennung deutlich besser und das Auto kann eine Ideallinie fahren – also die Linie, die am schnellsten ins Ziel führt. Für die restlichen Tage heißt es für das TU-Team jetzt noch die Geschwindigkeit schrittweise zu steigern. Beim Rennen wollen sie im besten Fall 150 km/h fahren.

Die große Herausforderung für das TU-Team in Berlin wird sein, dass die KI eine vollkommen neue Rennstrecke erkennen muss und auch sonst muss das System reibungslos funktionieren.

Finale in Berlin: Welche KI wählt die Strecke besser?

Auf dem Tempelhofer Feld wird es ernst für die Doktoranden. Bei der Generalprobe hat ihr Auto schon eigenständig Runden gedreht, aber in der dritten Runde hat es sich der Prototyp ungeplant abgeschaltet. Die Nerven der Nachwuchswissenschaftler liegen blank. Bis zum Finale in wenigen Stunden können sie nicht mehr viel ändern. Woran lag der Fehler?

Bange Minuten für die Doktoranden, als das Auto startet. Sie wünschen sich, dass das Auto mindestens zwei von drei Runden fährt und sich nicht abschaltet. Die zweite Runde ist erfahrungsgemäß die schnellste und wäre daher wichtig für die Rundenzeit: Und es klappt. Reibungslos fährt das Auto nur durch Software betrieben zwei Runden – die zweite sogar mit 150 km/h. Die Jungs sind im Freudentaumel.

Mit diesem Erfolg können nicht nur die Doktoranden stolz auf ihre Arbeit sein, sondern auch eine weitere Zusammenarbeit mit RoboRace und damit direktes Arbeiten an der Hardware kann in die nächste Runde gehen. In nur einem Dreivierteljahr mit viel Arbeit und Teamwork haben die Jungs großes geleistet – für sich selbst und für die Forschung. 


0