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Neuro-Robotiker in Garching Von der Maus zum Menschen

Wenn es gelingt, eine Maus nachzubauen – ihre Bewegung, ihr Hirn – kommt man dann dem menschlichen Hirn ein Stück näher? Das jedenfalls hoffen die Forscher des Human Brain Project in Garching.

Von: Vera Cornette

Stand: 16.01.2020

Ein anspruchsvolleres Ziel kann man sich wohl kaum setzen: Binnen zehn Jahren das menschliche Hirn entschlüsseln. Oder zumindest einige Funktionen besser begreifen. Mit dieser Zielsetzung ist 2013 das Human Brain Project (HBP) an den Start gegangen. Die EU-Kommission stellt dafür eine Fördersumme von bis zu 1,19 Milliarden Euro zur Verfügung.

Alzheimer heilen?

Die Robotermaus der Forscher an der TU München.

Verschiedene europäische Forschungsteams sollten also neurologische und psychische Erkrankungen wie Alzheimer oder Schizophrenie im Computer nachbilden, besser verstehen und möglicherweise Heilungsmöglichkeiten ausloten.

Doch kurz nach dem Startschuss des Projekts begehrten Biologen und Neurologen auf – sie sahen sich aus dem Projekt herausgedrängt. Es folgte ein großer struktureller Umbau. Inzwischen sehen leitende Forscher wie Professor Alois Knoll von der TU München das Human Brain Project auf einem „guten Weg“, wie Knoll sagt.

Vom Mäusehirn aufs menschliche Hirn schließen

Die Forschungsergebnisse werden virtualisiert, um sie auch mit anderen Forschern teilen zu können.

Vielleicht auch nicht zuletzt wegen der Erfolge seines Teams: Die Neurobotik-Gruppe in Garching hat innerhalb von zwei Jahren eine Art Roboter-Maus nachgebaut. Sie gilt als einer der leistungsfähigsten vierbeinigen Roboter – im Verhältnis zur Größe des Roboters.

Peer Lucas, Benedikt Feldotto und weitere Doktoranden wollen erst mal das Mäusehirn verstehen – das ist weniger komplex als das des Menschen. Das Garchinger Team tüftelt an der Maus – für den geneigten Betrachter eher einer Ratte ähnlich.

 Die Bewegung, die im Körper steckt

Ihnen geht es dabei aber nicht nur um die Funktion des Hirns, sondern auch um die Mechanik: „Wir nennen das Embodiment“, sagt Feldotto. Dahinter steckt das Prinzip, dass schon Bewegung im Körper, also der Mechanik, steckt und nicht alles vom Hirn gesteuert wird.

Anhand von Röntgenbilder einer echten Maus wird der Gang entschlüsselt und auf die Robotermaus übertragen.

 Im Moment arbeiten die Garchinger Neuro-Robotiker an einer Maus, die bessere Laufeigenschaften hat. Das ist die mechanische Komponente. Parallel wollen sie vieles ihrer Forschung in den Computer verlagern.

 Roboter bauen, das dauere lange und sei fehleranfällig, beschreibt es Benedikt Feldotto. Professor Knoll, zuständig für die Garchinger Neuro-Robotiker, sagt: „Wenn wir unsere Experimente in den Rechner verlagern, kommen wir viel schneller voran.“ Zudem könnten internationale Wissenschaftler auf die Server zugreifen.

 Gerade ist Halbzeit im Human Brain Project. Ob das Gehirn in fünf Jahren tatsächlich entschlüsselt ist – diese Prognose wagt niemand. Aber die Hirnforschung weitergebracht zu haben, das hoffen sie hier alle. 


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