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Oscarprämierter Kurzfilm WATU WOTE - ein Film über islamistischen Terror, Mut und Solidarität

Der Kurzfilm WATU WOTE erzählt eine wahre Geschichte aus Kenia. 2015 wurde dort ein Reisebus von islamistischen Terroristen angegriffen. Sie hatten es auf die Christen im Bus abgesehen, aber dabei die Rechnung ohne die muslimischen Mitreisenden gemacht.

Von: Florian Kummert

Stand: 08.12.2022

Watu Wote: Seit Jahrzehnten wird Kenia von Terroranschlägen der islamischen Al-Shabaab erschüttert. Zwischen Christen und Muslimen wachsen Angst und Misstrauen. Dem stellen sich die Passagiere eines Fernbusses unter Lebensgefahr entgegen. | Bild: BR/Filmwerkstatt/Hamburg Media School/Felix Striegel

"Watu Wote" bedeutet „Jeder von uns“ und erzählt vom schwierigen Zusammenleben von Christen und Muslimen in Kenia, eine Geschichte aus der Perspektive einer jungen, allein reisenden Christin: Jua begibt sich auf eine Reise in ihr Heimatdorf in den Norden Kenias, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Sie fühlt sich als eine der wenigen Christen im Bus zunächst fremd unter den vielen Muslimen. Diese Gefühle, das Unbehagen, der Schrecken, die Panik und schließlich die Todesangst spiegeln sich in der Figur wider. Denn die 31-stündige Busfahrt ist gefährlich: In der Grenzregion zu Somalia begehen islamistische Terroristen regelmäßig Anschläge auf christliche Gläubige. Eine tief verschleierte Frau, die im Bus neben der Protagonistin sitzt, sowie zwei anfangs verdächtige Reisende, entwickeln sich zu den wichtigsten und mutigsten Figuren des Films. Als islamistische Terroristen den Bus überfallen und die Insassen auffordern, sich in zwei Gruppen aufzuteilen – Christen hier, Muslime dort – weigern sich die Fahrgäste.

Eine Geschichte über Mut, Solidarität und Zivilcourage

Die deutsch-kenianische Koproduktion ist ein Film über den Versuch, Religionsgrenzen zu überwinden, aber auch ein Porträt des Landes und seiner verschiedenen Kulturen. Die Idee dafür basiert auf einer wahren Geschichte, die sich im Dezember 2015 ereignete: Auf einer Fahrt in Kenias Norden wurde ein Reisebus von der Terrorgruppe al-Shabaab überfallen. Sie forderten von den mehrheitlich muslimischen Passagieren unter Waffengewalt die Auslieferung einer christlichen Mitreisenden. Doch diese verkleideten die Christin und riskierten ihr Leben, indem sie sich weigerten, sie preiszugeben, und konnten sie retten.

Basierend auf dieser wahre Begebenheit zeigt der Film, was Toleranz, Mitmenschlichkeit und Zivil Courage vermögen.

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WATU WOTE  OFFICIAL TRAILER HD (2017) | Bild: Derick bartowski (via YouTube)

WATU WOTE OFFICIAL TRAILER HD (2017)

Dreharbeiten in Kenia

Gedreht wurde in der kenianischen Magadi-Wüste. Die Darsteller im Film stammten aus Kenia und Somalia, Muslime und Christen. Viele von ihnen kannten religiöse Gewalt aus ihrem eigenen Leben. Adelyne Wairimu, die Hauptdarstellerin im Films zum Beispiel, ist eine junge Christin. Durch einen islamistischen Angriff verlor sie ihren Mann und ein Kind.

"Alle unsere Filmkollegen aus Afrika, Christen und Muslime, wurden von dieser Gewalt und ihren Folgen heimgesucht: Bei den einen waren Familienmitglieder bei Attentaten schwer verletzt oder getötet wurden. Andere hatten Verwandte, die sich den Terroristen von al-Shababb angeschlossen hatten."

Tobias Rosen, Produzent

Auf die wahre Geschichte von „Watu Wote“ machten Katja Benrath ihre Dozenten an der Hamburg Media School aufmerksam. Gemeinsam mit der Autorin Julia Drache und dem Kameramann Felix Striegel bildeten dann Katja Benrath und Tobias Rosen ein Vierer-Gespann, das nach Kenia aufbrach. Neben dem Spielfilm „Watu Wote“ entstand dazu auch der Dokumentarfilm „Das Mandera-Attentat“.

"Es ist ein ganz tolle Geschichte in unserer heutigen Zeit, die viel über Menschlichkeit und Nächstenliebe erzählt und wirklich über alle Religionsgrenzen hinweggeht."

Tobias Rosen, Produzent

Bei den Dreharbeiten gingen alle Beteiligten an ihre Grenzen.

Die Kamera wurde geklaut, die Aufnahmen waren kräftezehrend, und führten doch zu einem enormen Zusammenhalt innerhalb der Crew.

"Wir haben an Originalschauplätzen recherchiert. Wir sind an die Grenze von Somalia gefahren, auf der kenianischen Seite, und haben dort mit Menschen gesprochen. Wir haben aber entschieden nicht an Originalschauplätzen zu drehen, gerade was die Überfallszene betrifft, denn wir hätten das ganze Team in eine gefährliche Gegend gebracht."

Katja Benrath, Regisseurin

And the Oscar goes to …

Katja Benraths Abschlussfilm an der Hamburg Media School hat es bis zur Oscarverleihung nach Los Angeles geschafft und mittlerweile über 60 nationale und internationale Preise erhalten – auch diesen: Die US-Filmakademie, die über die Oscars entscheidet, vergab an die Regisseurin bereits 2017 den Studenten-Oscar in Gold. Dann folgte 2018 die offizielle Nominierung für den regulären Oscar in der Kategorie „Bester Kurzfilm“.

Im Sommer 2018 gab es dann noch eine hohe Auszeichnung für Katja Benrath. Sie bekam den Nachwuchspreis beim „Friedenspreis des deutschen Films - Die Brücke“, der künstlerisch wertvolle Filme mit humanistischer und gesellschaftspolitischer Dimension ehrt.

Preise / Auszeichnungen (Auswahl):

  • Toronto Shorts, Internationales Filmfest Kanada: Grand Prize & Best Foreign Film
  • First Steps, Der Deutsche Nachwuchspreis, Deutschland: Best Shortfilm & NO FEAR Award
  • Bermuda Internationales Filmfest USA, Best Short Film & Audience Award
  • Brooklyn Filmfestival, USA: Best Narrative Short
  • German Cinematography Award (Nachwuchspreis des Deutschen Kamerapreises, Kamera: Felix Striegel), 2017
  • Studentenoscar in Gold 2017, Los Angeles
  • German Cinematography Award (Nachwuchspreis des Deutschen Kamerapreises, Kamera: Felix Striegel), 2017
  • Oscar Nominierung 2018 in der Kategorie „bester Kurzfilm“
  • Friedenspreis des Deutschen Films – Die Brücke 2018: Nachwuchspreis

Campus Cinema hat Regisseurin Katja Benrath und Produzent Tobias Rosen getroffen und mit ihnen über die Geschichte zu „Watu Wote“ und den Oscar-Trubel gesprochen.


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