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Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän, Bioökonomikerin "Kann das weg oder ist das Bioökonomie?"

Zukunftsfähiges Wirtschaften ist nur möglich, wenn das komplexe System der Bioökonomie aus biologischen Prozessen, Produkten, Dienstleistungen und Wissen funktioniert. Die Bioökonomin Daniele Thrän vom UFZ der Helmholtz-Gesellschaft erklärt, welche Rolle Städte dabei spielen.

Stand: 27.12.2020

Unser Leben auf der Erde basiert auf einer Vielzahl von biologischen Prozessen. Die Menschen nutzen diese seit Jahrtausenden, auf Wiesen, Wäldern, Äckern aber auch in Seen und Fässern, zur Herstellung von Nahrung, Kleidung, Arzneimitteln oder Energieträgern. Aber die Menschen entwickeln die biologischen Prozesse auch weiter und trainieren sie: in der Züchtung, der Biotechnologie, der Verfahrenstechnik, so dass heute ein weitverzweigtes System an Wissen verfügbar ist. Gleichwohl sind die natürlichen Grundlagen für diese Prozesse begrenzt: zuallererst die Flächen, auf denen biologische Prozesse stattfinden können, aber auch in welchem Zustand die Flächen sind: trocken oder feucht, gesund oder verschmutzt, und viele weitere Faktoren. Um in diesen Grenzen gut zu wirtschaften, ist es notwendig, die verschiedenen menschlichen Bedarfe zusammen zu denken. Der Begriff Bioökonomie kommt von den altgriechischen Worten "Leben, Haushalt, Gesetz" und hat genau dieses zum Ziel: biologische Prozesse, Produkte, Dienstleistungen und Wissen für ein zukunftsfähiges Wirtschaften bereit zu stellen. Als Systemwissenschaftlerin versuche ich, dieses komplexe System Bioökonomie zu umreißen und zu verstehen. Dazu inventarisieren wir die biobasierten Rohstoffe, aber auch andere erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne, und die Rahmenbedingungen, unter denen sie gegenwärtig genutzt werden. Wir simulieren Biomassemärkte von morgen, um festzustellen, welche Produkte und Dienstleistungen die knappe Biomasse ergattern können: sind es eher biobasierte Chemikalien oder Energieträger oder vielleicht auch Holzbaustoffe? Und wir versuchen die ganze Bandbreite der Auswirkungen zu beschreiben: auf das Klima, auf den Naturhaushalt, aber auch auf die Menschen, und auf ihre Forschungsfreude. Und dann versuchen wir darauf aufbauend, die Schrauben zu finden, die den Weg in eine erstrebenswerte Bioökonomie bereiten können. Städte von morgen – so viel sei verraten - spielen dabei eine besondere Rolle.

Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän studierte Technischen Umweltschutz an der Universität Berlin und promovierte an der Bauhaus Universität Weimar.

Die Wissenschaftlerin erforscht wie Biomasse möglichst nachhaltig erzeugt und verwertet werden kann. Seit 2011 leitet sie das Department „Bioenergie“ am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig sowie den Bereich „Bioenergiesysteme“ am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) und hält seitdem den Lehrstuhl „Bioenergiesysteme“ an der Universität Leipzig inne. Ihre Expertise über eine nachhaltige Nutzung und Produktion von Biomasse bringt sie in zahlreiche Gremien wie zum Beispiel dem Bioökonomierat der Bundesregierung ein. Frau Thrän hat u. a. das "Smart Bioenergy"-Konzept entwickelt und gerade das Buch „Das System Bioökonomie“ herausgegeben.


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