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Klimawandel: Wie gehen wir gerechter damit um?

RESPEKT Klimawandel: Wie gehen wir gerechter damit um?

Stand: 19.07.2023

Der Klimawandel bedroht alle – am meisten aber die Ärmsten der Welt. Dabei sind sie am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich. Schuld ist der hohe Lebensstandard der Länder im globalen Norden. Zehn Länder, darunter die USA und Deutschland, verursachen zwei Drittel der weltweiten CO2-Emissionen. Die entstehen unter anderem durch Auto- und Flugverkehr, durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas und durch den großen Fleischkonsum. Das kann unmöglich gerecht sein.

Was ist Klimagerechtigkeit?

  • Mit dem Industrie-Zeitalter wächst in Europa der allgemeine Lebensstandard. Doch mit dem industriellen Verbrennen von Kohle, Öl und Gas beginnt der Mensch die Umwelt zu zerstören.
  • Treibhausgase wie CO2, Lachgas oder Methan sorgen dafür, dass weniger Sonnenstrahlung von der Erde ins All zurückreflektiert wird.
  • Die Folge: Die Wärme bleibt in der Atmosphäre. Die Erde heizt sich auf und das Klima wandelt sich weltweit. Vor allem im globalen Süden kommt es immer öfter zu Extremwetter-Ereignissen.
  • Am meisten leiden unter der Klimaerwärmung die, die am wenigsten dazu beigetragen haben: Menschen in ärmeren Ländern. Und unter denen wiederum die Schwächsten: Kleinbauer:innen, Frauen, Kinder und alte Menschen. Sie können sich kaum schützen und verlieren oft ihre Lebensgrundlage.
  • Die Verursacher:innen in den Industrieländern haben dagegen meist das Geld, die nötigen Technologien und die politischen Einflussmöglichkeiten, um sich besser gegen die Auswirkungen der Klimakrise abzusichern. Aber das ist ungerecht, denn jeder Mensch hat das Recht auf ein gesundes Leben.
  • Das Konzept der Klimagerechtigkeit möchte deshalb alle Folgen des Klimawandels, also alle Lasten und Möglichkeiten, auf alle Menschen weltweit gerecht verteilen.
  • Die Industrieländer haben Jahrhunderte lang davon profitiert, die Erde auszubeuten und die Umwelt zu zerstören. Deshalb sollten sie auch die Ersten sein, die Verantwortung übernehmen. Das bedeutet: Sie müssen ihren Ausstoß an Treibhausgasen drastisch verringern.
  • Und sie sollen die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder unterstützen: beim Bewältigen klimabedingter Schäden, bei der Beteiligung an klimapolitischen Entscheidungen und bei der Gestaltung einer klimaneutralen Zukunft.

Ein Kampf gegen Windmühlen?

Wer die aktuelle Diskussion um den weltweiten Klimawandel verfolgt, fühlt sich oft entmutigt. Es scheint schwer, vor allem die Industrieländer davon zu überzeugen, dass es höchste Zeit ist, etwas zu verändern. Was kann ein einzelnes Land oder ein einzelner Mensch schon tun, um das scheinbar Unvermeidliche abzuwenden? Es stimmt, der Klimawandel geht alle an und deswegen müssen auch alle handeln – im Großen wie im Kleinen, auf Staatsebene und im Privaten. Die gute Nachricht: Es gibt genügend Ideen! Und Menschen, die inspirieren.

Motivation: Freude

Geraldine mit Sohn Oskar und Ehemann Patrick

Für Geraldine, Patrick und Kleinkind Oskar ist ihr Lebensstil ein echtes Bedürfnis: Gemeinsam mit Hund Ole bewohnen sie am Rand des beschaulichen Schwarzwaldstädtchens Staufen einen selbstgebauten Zirkuswagen mit knapp 20 Quadratmetern Wohnfläche. An Bord haben sie alles, was man zum Wohnen braucht: eine Kochnische, einen Platz zum Schlafen, Essen, Arbeiten, eine Spielecke – und eine Trockentrenntoilette. Anders als beim Wasserklosett wird hier nicht mit Wasser nachgespült, sondern mit Sägespänen – Abfällen aus Patricks Schreinerei. Die Späne sind aber auch Brennmaterial für den Heizofen und Baumaterial für Hühnernester. Und genau darum geht es Geraldine und Patrick: immer zu überlegen, welche Dinge man hat und was man daraus noch alles machen kann. Eierschalen sammelt Geraldine zum Beispiel, um daraus Kreide herzustellen. Mit Kurkuma gelb eingefärbt, wird daraus ein Malstift für Oskar. Ihre Ideen teilt Geraldine gerne auf Social Media:

"Und was ich da total schön finde, ist, dass wir einfach so zeigen, was wir machen, ohne irgendwie den erhobenen Zeigefinger zu haben, und haben da eine Community, die das inspiriert und die dann auch Sachen nachmachen, selber ausprobieren oder mit Ideen zu uns kommen. Das macht total Spaß. Und ich glaube, diese Freude daran ist wichtig, dass man es auch langfristig einfach so lebt."

Geraldine Ortlieb-Schüle, Influencerin

Geraldine sieht den Klimawandel vor der Haustür: weniger Regen, vertrocknende Quellen, invasive Insekten, die aus südlichen Ländern einwandern. Sie hat die Auswirkungen aber auch auf ihren Reisen hautnah miterlebt: In El Salvador war das Trinkwasser so knapp, dass ungereinigtes Wasser in Trinkflaschen in die Sonne gestellt wurde, um krankmachende Kolibakterien darin abzutöten. Ein unzureichendes Verfahren, aber mehr war nicht möglich. Und im Gegensatz zum globalen Norden kann man in El Salvador im Notfall auch vielerorts kein Trinkwasser im Supermarkt kaufen.

Klimawandel – Folgen für den globalen Süden

  • Dürre: In Ostafrika, zum Beispiel, in Somalia, verlieren Menschen durch immer neue Trockenzeiten ihre Existenz. Ernten fallen aus. Nutztiere sterben. Es herrscht Hungersnot. Oder in der Sahelzone, zum Beispiel im Sudan, steigen die Temperaturen im weltweiten Vergleich besonders schnell. Auf lang anhaltende Dürren folgen oft Überschwemmungen. Das beschleunigt die Wüstenbildung.
  • Unwetter und Überschwemmungen: Pakistan – eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. 2022 gab es verheerende Überschwemmungen durch extremen Monsun-Regen. Ein Drittel des Landes war überflutet. Mindestens 1.700 Menschen starben. Millionen verloren ihr Zuhause und Krankheiten breiteten sich aus.
  • Anstieg des Meeresspiegels: Eine weitere Folge der menschengemachten Klimaerwärmung ist das Abschmelzen des arktischen Eisschilds. Dadurch steigt der Meeresspiegel. Menschen verlieren ihr Land. Besonders betroffen vom Meeresanstieg sind Bangladesch und Vietnam. Meerwasser dringt in Küsten- und Deltaregionen ein. Das Salzwasser zerstört Ackerflächen. Außerdem bedroht sind Urlaubsparadiese im Südpazifik und im Indischen Ozean, wie z. B. die Malediven, die dem steigenden Meeresspiegel hilflos ausgesetzt sind.

Quellen: "Zahlen und Fakten: Klimawandel" Format: PDF Größe: 308,71 KB

Hingucken und helfen

Ada Vera und Yamen engagieren sich im Jugendprojekt MIKADO UMdieWELT. Träger ist der Verein "Initiativgruppe interkulturelle Begegnung und Bildung". Dabei mitmachen können junge Menschen bis 27. Ada Vera und Yamen sind Teil eines neuen Projekts, in dem sie dazu ausgebildet werden, Workshops zum Thema Klimagerechtigkeit zu halten. Als "Change Agents" planen sie, mit ihrem neuen Projekt "Klima.Gerecht.Machen" an Schulen und Jugendzentren zu gehen und darüber zu sprechen, was jeder Einzelne in seinem eigenen Einflussbereich tun kann. Ada Veras Großeltern leben beispielsweise in Serbien. Immer wenn Ada Vera sie besucht, ist sie erstaunt, wie anders dort mit Themen wie Umwelt und Klima umgegangen wird. Obwohl Serbien nur wenige Stunden entfernt ist.

Ada Vera setzt sich für mehr Klimagerechtigkeit ein.

"Zum Beispiel die Save, die durch Belgrad fließt, ist voll mit Müll. Und wenn man dann zum Beispiel da duscht, dann ist das Wasser gelb. Das sind so Sachen, wenn man hier aufwächst und dann da hinfährt, dann denkt man sich, das ist eine komplett andere Welt. Aber das ist nicht weit weg. Ich höre oft: Wir müssen den Leuten da und da helfen, irgendwo ganz weit weg, auf einem anderen Kontinent, am Ende von Afrika irgendwo. – Natürlich. Aber genauso müssen wir Leuten helfen, die nur ein paar Stunden von uns weg leben oder sogar vielleicht in Deutschland leben im Osten, oder da, wo Überflutungen waren. Und da habe ich das Gefühl, da gibt es noch nicht so diese Aufmerksamkeit. Und deswegen mache ich das."

Ada Vera, 'Change Agent'

Und was macht der Staat?

Wenn es um den Klimawandel geht, fällt immer wieder der Begriff CO2-Emissionen. Aber was genau ist das eigentlich? Abgase wie zum Beispiel CO2, also Kohlendioxid, tragen dazu bei, dass die Temperaturen auf der Erde immer mehr steigen. Die Herausforderung ist nun die drastische Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Die nennt man auch Emissionen. Ziel ist, den menschengemachten Klimawandel zumindest zu begrenzen. Das will man auch mithilfe des sogenannten Emissionshandels schaffen. Dazu haben sich 200 Staaten und viele Unternehmen in verschiedenen Vereinbarungen verpflichtet. So ein Emissionshandel funktioniert folgendermaßen: Es gibt eine maximale Menge an zum Beispiel, CO2. Diese Menge dürfen alle, die an diesem Handelssystem teilnehmen, gemeinsam ausstoßen. Von dieser Gesamtmenge bekommt jedes teilnehmende Land oder jeder teilnehmende Betrieb einen festgelegten Anteil, und zwar in Form sogenannter Emissionsrechte oder Zertifikate. Mehr CO2, als man dafür Zertifikate hat, darf man nicht produzieren. Und wenn doch, muss ein Land oder ein Betrieb Zertifikate nachkaufen. Und das macht er bei den Ländern, die schon selbst CO2 reduziert haben. Denn die brauchen das Zertifikat nicht mehr und verkaufen es. Das allein reduziert das CO2 nicht, deshalb wird mit der Zeit die Menge an Zertifikaten verringert. Und das zwingt die Länder, ihren Ausstoß zu senken. So will man auch mithilfe des Emissionshandels den globalen Temperaturanstieg begrenzen, möglichst "nur" um 1,5 Grad.

Politik und Wirtschaft müssen noch vieles unternehmen, um den Klimawandel gerechter zu machen. Aber der Staat – das sind wir alle. Und egal, wie klein der Beitrag jede:s Einzelnen auch ist, jede:r zählt.

Begriffe aus dem Video

  • Klima = ist nicht das Gleiche wie Wetter. Klima ist die Gesamtheit an Wetterereignissen über einen größeren Zeitraum in einem größeren Gebiet.
  • Klimawandel = Das Klima auf der Erde hat sich in Millionen Jahren schon immer verändert. Mal war es kälter und mal wärmer als heute. Diese Temperaturschwankungen haben aber sehr lange gedauert und das Leben auf der Erde konnte sich entsprechend anpassen. Aber seit ungefähr 200 Jahren steigt die Temperatur unnatürlich schnell an. Das liegt an sogenannten Treibhausgasen, die von uns Menschen verursacht werden. Besonders schlimm für das Klima ist der CO2-Ausstoß in unsere Atmosphäre.
  • Klimagerechtigkeit = alle Folgen des Klimawandels, also alle Lasten und Möglichkeiten, sollen auf alle Menschen weltweit gerecht verteilt werden. Dabei sollen vor allem die Länder Verantwortung übernehmen, die den Klimawandel vor allem verursacht haben und weiter vorantreiben.
  • CO2 = Kohlendioxid, ein sogenanntes Treibhausgas, das dafür sorgt, dass weniger Sonnenstrahlung von der Erde ins All zurückreflektiert wird. Die Wärme bleibt in der Atmosphäre. Die Erde heizt sich auf und das Klima wandelt sich weltweit. Vor allem im globalen Süden kommt es immer öfter zu Extremwetter-Ereignissen.
  • Emissionen = die von einer Quelle ausgehende Freisetzung von festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffen in die Atmosphäre.
  • CO2-Emissionshandel = An- und Verkauf einer begrenzten Anzahl an Zertifikaten über den Ausstoß von Schadstoffen wie z. B. CO2.
  • globaler Norden = Industrienationen
  • globaler Süden = gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich benachteiligte sogenannte Entwicklungs- und Schwellenländer.

Autor:in: Redaktion Lernen und Wissenslab / jzw

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