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Armut und Ausgrenzung

RESPEKT Armut und Ausgrenzung

Stand: 14.08.2019

  • Als arm in Deutschland gilt, wer weniger als die Hälfte des Durchschnitts verdient.
  • Am meisten betroffen sind Arbeitslose und Alleinerziehende. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut.
  • Die wirksamsten Maßnahmen gegen Armut sind: eine gute Schul- und Ausbildung, eine bezahlbare Kinderbetreuung sowie Sozialversicherung und ein fairer Mindestlohn.
  • Arbeit und Bildung schützen dennoch nicht immer vor Armut: Ein Drittel aller Armen ist erwerbstätig. Fast drei Viertel der Armen über 25 hat ein mittleres oder hohes Qualifikationsniveau.

Armut kann unterschiedlich definiert werden: absolut oder relativ. Als absolute Zahl gibt es die Definition der Weltbank: Extrem arm ist nach dieser Definition, wem weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag (ca. 1,70 €) zur Verfügung stehen. Für Deutschland ist Armut relativ definiert: Wer weniger als der Durchschnitt verdient, gilt als arm. Hier ist der Fokus also auf einer ungleichen Verteilung. Denn Gerechtigkeit ist eine wichtige Basis für die Demokratie. In der Reportage "Raus bist du – Armut und Ausgrenzung" macht sich RESPEKT-Moderatorin Verena Hampl auf die Suche nach armen Menschen und fragt nach ihrer Lebensgeschichte.

Wer arm ist, gehört nicht dazu

"Kennen Sie jemanden, der arm ist?" – "Nein" ist fast immer die Antwort. Niemand scheint arme Menschen zu kennen, geschweige denn, selbst arm zu sein. Wissenschaftler wie den Soziologen Dr. Werner Fröhlich überrascht das nicht: Arm zu sein, bedeutet fast immer gesellschaftliche Ausgrenzung. Kurz gesagt: Wer arm ist, gehört nicht dazu und kann nicht "mitmachen". Verena Hampl besucht die Münchner Tafel. Beim Verteilen kostenloser Lebensmittel an Bedürftige wird klar: Viele Menschen, quer durch alle Milieus und Gesellschaftsschichten sind arm und angewiesen auf die Grundsicherung.

"Wenn der Staat das organisieren würde, würden Sie glauben, dass der den Salat, der schon ein bisschen welk ist, rechtzeitig unter die Leute bringen könnte? Das, glaube ich, müssen Privatleute tun ... Was der Staat machen müsste, ist, die Voraussetzungen zu verändern."

Axel Schweiger, Personalleiter Münchner Tafel e.V.

Etwa jede*r Fünfte in Deutschland ist arm oder gilt als von Armut bedroht, darunter viele alte Menschen, Kranke, Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche. 13,7 Millionen Menschen in Deutschland leben heute unterhalb der Armutsgrenze – so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung 1990.

Das kann der Staat gegen Armut tun

  • allen eine gute Schul- und Ausbildung ermöglichen
  • eine bezahlbare Kinderbetreuung anbieten, insbesondere für Alleinerziehende
  • eine bezahlbare Sozialversicherung für alle anbieten
  • einen fairen Mindestlohn gesetzlich festlegen und durchsetzen
  • sozialen Wohnungsbau fördern

Zahlen und Fakten: Quellen

Armutsgefährdete und von Armut betroffene Personen:
Armutsbericht des paritätischen Wohlfahrtsverbands

Scheidung, Krankheit und Schicksalsschläge: Armut kann jede/n treffen

In der Reportage schildern Ehrenamtliche von der Münchner Tafel e. V., welche Menschen zu ihnen kommen und was Armut mit diesen Menschen macht. Wir treffen eine ältere Frau, deren Rente nicht reicht, um sich das Leben in München zu leisten. Wir lernen einen jungen Mann kennen, der mit seiner Familie aus Afghanistan nach Deutschland flüchten musste. Und wir begegnen einer alleinerziehenden Mutter, die nicht erkannt werden will aus Angst vor Stigmatisierung.

"Ich habe es in Afghanistan so gelernt: Wenn du keine Sicherheit hast, dann bist du arm. Wir sagen: Gott sei Dank haben wir wenigstens Sicherheit."

Asif Haidary, kam vor 4 Jahren als Geflüchteter nach Deutschland

In Deutschland sorgen der Sozialstaat und vor allem viele ehrenamtliche Initiativen wie die Münchner Tafel dafür, dass auch arme Menschen nicht ins Elend abrutschen. Doch eines zeigt die Reportage sehr deutlich: Wer arm ist, lebt am Rande der Gesellschaft. Ausgrenzung und Stigmatisierung sind Alltag für arme Menschen. Und das hat gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft und das friedliche Zusammenleben in Deutschland.    

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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