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Zahnmedizin Was tun bei Zysten im Zahnfleisch oder Kiefer?

Sie verursachen zunächst kaum Schmerzen und bleiben daher meist lange Zeit unbemerkt: Zysten an Zahnfleisch oder Kiefer. Doch wird eine Kieferzyste vom Zahnarzt entdeckt, muss sie entfernt werden, um Schmerzen oder Komplikationen mit den Zähnen vorzubeugen. Zahnarzt Dr. Dietmar Hellebrand klärt über mögliche Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten auf.

Stand: 07.02.2023

Mann bei einer Zahnuntersuchung.  | Bild: Colourbox

Eine Kieferzyste ist ein Hohlraum im Kiefer, der mit Flüssigkeit, Blut oder breiigem Inhalt wie Eiter oder Talg gefüllt ist. Oftmals spüren die Betroffenen über einen längeren Zeitraum keinerlei Symptome - bis der Zahnarzt sie entdeckt.

Arten von Kieferzysten

Ist der Ausgangspunkt der Zyste ein Zahn, handelt es sich um eine odontogene Zyste.
Am häufigsten tritt eine Zahnwurzelzyste ("radikuläre Zyste") auf. Sie entsteht durch eine Entzündung, meist bedingt durch eine Entzündung des Vitalgewebes im Zahn, in Folge dessen der Zahn beziehungsweise das im Zahn befindliche Gewebe abgestorben ist.
In manchen Fällen tritt eine follikuläre Zyste auf. Sie entsteht durch eine Störung in der Zahnentwicklung. Diese Zysten treten meist bei den unteren Weisheitszähnen auf, wenn diese noch nicht in die Mundhöhle durchgebrochen sind.
Häufig sind auch sogenannte "Mukozelen", das sind Weichteilzysten in der Nasennebenhöhle, die ebenfalls oft von einer Entzündung eines Zahnes ausgehen.
In seltenen Fällen kann es auch zu einer Keratozyste ("keratozystischer odontogener Tumor") kommen. Hierbei handelt es sich um einen schnell wachsenden, gutartigen Tumor, der gesundes Gewebe verdrängt und in den Knochen infiltriert. Aus einer Keratozyste kann sich - in seltenen Fällen - ein bösartiger Tumor entwickeln. Als Ursache vermutet man Probleme in der frühen Zahnentwicklung: im Kieferknochen bildet sich ausgehend vom Zahnfollikel ein Hohlraum. Davon betroffen ist eher der Unterkiefer.

Mögliche Ursachen

  • Entzündungen des Vitalgewebes des Zahnes
  • Probleme während der Zahnentwicklung

Diese Symptome können auftreten

Betroffene bekommen von Kieferzysten meist lange Zeit nichts mit. Sie wachsen nämlich sehr langsam und machen über lange Zeit keinerlei Beschwerden. Erst nach einiger Zeit können sich Zysten bemerkbar machen. Meist machen sie erst Beschwerden, wenn die chronische Entzündung in einen akuten Zustand übergeht.
Im ärgsten Fall und meist, weil keine Röntgenkontrollen stattfinden, kann die Ausdehnung einer Zyste erst bemerkt werden, wenn es zu Zahnlockerung, Fistelgängen oder gar Kieferbruch kommt.
Zysten sind von einer Art Haut, dem Epithel umgeben, das sich mit Flüssigkeit füllt und so den Zystenbalg bildet. Da sich in den Zysten immer mehr Flüssigkeit ansammelt, die nicht entweichen kann, werden sie mit der Zeit immer größer und verdrängen durch den anwachsenden Druck den umliegenden Knochen. Im Gegensatz zu bösartigen Geschehen wachsen sie also verdrängend und in der Regel nicht infiltrativ. Sind sie so groß, dass sie auf die benachbarten Nerven drücken, kann ein dumpfer Schmerz oder ein Druckgefühl im Kiefer auftreten. Selten kann es auch zu veränderten Zahnstellungen und Lockerungen kommen.
Im Falle einer bakteriellen Infektion der Zyste kommt es zu einer akuten Entzündung, die starke Schmerzen auslösen kann. Dabei kann sich auch eine Eiteransammlung unter der Schleimhaut, ein Abszess, bilden.

Diagnose beim Zahnarzt

Eine Kieferzyste wird oftmals nur durch Zufall bei Röntgenaufnahmen des Kiefers, beispielsweise aufgrund eines kariösen Zahns, entdeckt. Einmal entdeckt, muss die Zyste entfernt werden, ansonsten könnte sie weiterwachsen und gesundes Knochengewebe verdrängen.
Ob der betroffene Zahn schon abgestorben ist, kann der Zahnarzt durch eine Sensibilitätsprüfung feststellen. Hierfür lässt er kurz Kälte oder Strom auf den Zahn einwirken. Spürt der Patient weder Kälte noch Schmerz, ist davon auszugehen, dass der Zahn-Nerv bereits abgestorben ist. Reagiert der Zahn empfindlich auf Klopfen, ist wahrscheinlich die Wurzelspitze akut entzündet.

Therapiemöglichkeiten

Kleinere Zysten können oft durch eine präzise durchgeführte Wurzelkanalbehandlung in der Folge ausheilen. Es kann jedoch zudem erforderlich sein, die Zyste operativ nach Zahnentfernung durch die Extraktionswunde oder bei Erhalt des Zahnes im Rahmen einer Wurzelspitzenresektion zu entfernen. Die Entfernung der Zyste nennt man "Zystektomie". Die Operation findet in der Regel ambulant und unter örtlicher Betäubung statt.
Bei dieser Operation eröffnet der Arzt den Knochen und entnimmt vollständig die Zyste, indem er sie ausschält. Nach Möglichkeit bleiben dabei die Zähne erhalten und - im Falle einer Zahnwurzelzyste - wird nur die Zahnwurzel gekappt und der Kanal von der Wurzelspitze aus verschlossen.
Sind durch die Operation größere Hohlräume entstanden, werden diese mit Knochenersatzmaterialien und neuerdings auch aus Eigenblut gewonnenen Fibrinmembranen aufgefüllt. Schließlich soll sich der Knochen wieder nachbilden. Kleinere Hohlräume verknöchern hingegen von alleine.

Behandelt wird bei diesem Eingriff auch der Zahn, der die Zyste ausgelöst hat:
Im Falle einer radikulären Zyste wird zunächst eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt und anschließend, sollte dies nicht ausreichend sein, erwogen, die Wurzelspitze des betreffenden Zahnes zu kappen. Nicht selten muss jedoch auch der Zahn gezogen werden.
Handelt es sich um eine follikuläre Zyste, muss der ursächliche Zahn gezogen werden.
Schließlich wird das Zystengewebe in einem Labor untersucht, um auszuschließen, dass es sich bei der Zyste um einen Tumor handelt, was jedoch sehr selten ist. Eine Röntgenkontrolle nach 6 bis 12 Monaten ist unabdingbar, um ein Rezidiv auszuschließen.

"Bleiben Sie gesund" wünschen Dr. Dietmar Hellebrand und "Wir in Bayern"!


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