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Recht Autounfall – welche Rechte haben Unfallgeschädigte?

Wer in einen Autounfall verwickelt ist, hat meist nicht nur den Schaden, sondern auch jede Menge Scherereien, beispielsweise wenn die eigene oder gegnerische Versicherung für den Schaden nicht aufkommen oder die Kosten drücken will. Rechtsanwalt Markus Saller erklärt, welche Rechte Unfallgeschädigte haben, damit Sie im Schadensfall nicht auf Ihren Kosten sitzen bleiben.

Stand: 16.05.2023

Symbolbild Autounfall | Bild: BR/stock.adobe.com/Wellnhofer Designs

Bei der Schadensregulierung werden Autoversicherungen immer kleinteiliger und sperriger. Deshalb ist es gut zu wissen, welche Rechte Sie als Geschädigte nach einem Unfall gegenüber der Autoversicherung haben und welche Kosten diese übernehmen muss.

Abschleppen

Die Abschleppkosten müssen von der Versicherung übernommen werden. In der Regel wird vom Geschädigten nicht verlangt, unterschiedliche Preise zu vergleichen. Schließlich ist nach einem Unfall meist Eile geboten. Ist die Heimatwerkstatt, in der der Wagen bisher immer war, bis zu 120 Kilometer weit weg, darf er dorthin gebracht werden.

Werkstatt

Oftmals sind freie Werkstätten günstiger als Markenwerkstätten. Die Kosten für eine Markenwerkstatt müssen Versicherer allerdings zahlen, wenn das Fahrzeug nicht älter als drei Jahre ist oder das Auto des Geschädigten bisher immer in eine Markenwerkstatt sowohl zur Reparatur als auch zur Wartung gebracht wurde.
Verlangt der Versicherer eine freie Werkstatt, darf diese nicht weiter als 20 Kilometer entfernt sein.

Gut zu wissen:

Ersatzteile für ein älteres und schlecht gepflegtes Auto müssen nicht neu sein. Werden aufgrund des Unfalls Verschleißteile ersetzt, die den Wert des Fahrzeugs erhöhen, darf der Versicherer die Kosten dafür anteilig abziehen.

Gutachter

Suchen Sie sich einen eigenen Gutachter, denn schlägt die Gegenseite einen Gutachter vor, ist dessen Unabhängigkeit nicht garantiert. Sind Sie nicht schuld an dem Unfall, muss der Gutachter von dem gegnerischen Versicherer bezahlt werden, außer, es handelt sich um einen Bagatellschaden unter 1.000 Euro.

Wirtschaftlicher Totalschaden

Übersteigen die Reparaturkosten den Wert des Fahrzeugs um 30 Prozent, spricht man von einem wirtschaftlichen Totalschaden und die Versicherung muss die Reparatur nicht bezahlen. Im Schadensgutachten werden in diesem Fall Wiederbeschaffungskosten ausgewiesen, die von der Versicherung zu ersetzen sind. Hiervon wird ein Restwert abgezogen. Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden gehören auch die Ab- und Anmeldekosten für ein Ersatzfahrzeug zum Schaden. Bei der Ermittlung des Restwerts versuchen Versicherer regelmäßig, diesen höher anzusetzen, als im Gutachten ausgewiesen, indem sie Angebote von Restwertbörsen vorlegen. Oftmals sind diese Angebote aber nicht zu berücksichtigen, weil sie beispielsweise nicht der Ortsüblichtkeit entsprechen.

Tipp: Mit Gebrauchtteilen die 130-Prozent-Grenze bei einem Totalschaden umgehen

Lassen Sie Ihr Auto fachgerecht reparieren und statt Neu- Gebrauchtteile einbauen, muss die Versicherung die Reparaturkosten übernehmen, wenn diese 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes nicht überschreiten.

Kostenvoranschlag

Verlangt die Autowerkstatt für den erstellten Kostenvoranschlag Geld, muss dies vom Versicherer bezahlt werden.

Mietwagen

Können Unfallgeschädigte darlegen, dass sie auf ein Fahrzeug angewiesen sind, beispielsweise um damit in die Arbeit zu fahren, muss die Versicherung die Kosten für einen Mietwagen ersetzen. Es darf grundsätzlich ein Auto angemietet werden, dass dem Unfallfahrzeug gleichwertig ist.

Nutzungsausfallentschädigung:

Unter Umständen kann es sich lohnen, auf einen Mietwagen zu verzichten und sich stattdessen eine sogenannte Nutzungsausfallentschädigung zu verlangen. Hier erhält man pro Tag eine bestimmte Summe. Die Höhe bestimmt sich nach dem Wert des beschädigten Fahrzeugs.

Abstrakte Schadensregulierung

Den Geschädigten steht es frei, ob sie das Fahrzeug reparieren lassen oder nicht, beziehungsweise ob sie das Fahrzeug selbst reparieren. Aufgrund des Schadensgutachtens kann auch ohne Reparatur eine Regulierung verlangt werden. Allerdings gibt es hier Nachteile: Mehrwertsteuer, Verbringungskosten und Nutzungsausfallentschädigung werden hier regelmäßig nicht erstattet. Dennoch kann es sich im Einzelfall für Geschädigte rechnen. Immer häufiger versuchen Versicherer durch das Einholen von Gegengutachten, die Schadensfeststellungen des Sachverständigen zu drücken. Dabei bestehen bei der Bewertung durchaus Spielräume.

Tipp: Rechtsanwalt

Sofern es sich nicht um einen Bagatellschaden handelt, ist das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts unbedingt zu empfehlen. Schließlich kann kaum ein Laie das immer komplizierter werdende Schadensrecht durchblicken. Das gilt teilweise auch schon bei einfachen Verkehrsunfällen, denn zahlreiche Versicherer nehmen nur Teilregulierungen vor und verweisen auf Gegengutachten. Trifft Sie bei dem Unfall keine Schuld, muss die Versicherung des Unfallverursachers die Anwaltskosten tragen.

Viel Erfolg mit den Tipps wünschen Markus Saller und "Wir in Bayern"!


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