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Eine Frau als Chefin Allein unter Männern

Ingrid Obermeier-Osl ist in der Minderheit - zumindest in ihrem Job. Weil sie eine Frau ist. Sie ist Chefin eines Holzunternehmens. Schon lange engagiert sie sich für mehr Frauen in Unternehmen und Führungspositionen.

Von: Iris Tsakiridis

Stand: 12.06.2020

Ingrid Obermeier ist die Chefin eines mittelständischen Industriebetriebas | Bild: BR

Im Holzwerk Obermeier im oberbayerischen Schwindegg hat eine Frau das Sagen. Ingrid Obermeier-Osl behauptet sich in einer Männerdomäne. Sie leitet einen mittelständischen Industriebetrieb mit 170 Mitarbeitern, fast alle sind Männer. In ihrem Familienunternehmen werden regionale Holzarten, wie Buchen und Eichen, be- und verarbeitet. Ihre Kunden sitzen in ganz Europa. 

Weibliche Führungskraft: Allein unter Männern

Ingrid Obermeier-Osl ist mit dem Betrieb aufgewachsen, ihre Eltern haben mit einem Sägewerk angefangen und es immer mehr zu einem Industriebetrieb weiterentwickelt. Sie hätte sich schon vorstellen können, dem familiären Erbe zu entfliehen. "Als ich jung war, war es interessant, Stewardess zu werden. Das war damals auch ein Mädchenwunsch von mir. Heute fühle ich mich sehr wohl in dieser Männerdomäne und bin gerne mit dem Holz beschäftigt. Es ist ein Naturprodukt und das ist ja auch etwas Besonderes."

Ingrid Obermeier-Osl weiß, ohne ein gutes Team, das sich um Produktion, Vertrieb und Marketing kümmert, läuft es nicht. Ein Vorteil unter Männern: Weiblicher Zickenkrieg bleibt ihr erspart. Sie ist als Chefin anerkannt, für ihr Engagement wurde sie bereits mit der Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft ausgezeichnet.

"Wir reden miteinander, und am Schluss spielen natürlich die Soft Skills eine große Rolle, weil eine Frau führt halt etwas anders als ein Mann."

Ingrid Obermeier-Osl

Ihr Führungsstil: Jeden im Team wahrnehmen

Ihr Neffe Alexander hat Holztechnik in Rosenheim studiert, der 25-Jährige ist seit zwei Jahren im Unternehmen mit dabei. Er soll einmal in ihre Fußstapfen treten. Die Nachfolge ist also gesichert. "Meine Tante ist eine ganz außergewöhnliche Führungskraft. Sie wird von jedem akzeptiert. Da hat sich noch kein Mensch Gedanken gemacht, ob sie eine Frau oder ein Mann ist", sagt Alexander Obermeier.

Chefin, Mutter, Neffe: Drei Generationen der Familie Obermeier

Ingrid Obermeier-Osls Mutter Franziska war schon immer klar, dass die ältere der beiden Töchter das Zeug hat, sich in der Männerwelt zu behaupten. "Sie ist als kleines Mädchen schon mit dem Papa in den Wald und in den Betrieb. Und mancher Mitarbeiter hat zu mir gesagt: 'Ja, das wird einmal eine Nachfolgerin' Sie hat damals schon gesagt, wo das Holz hin soll und dass man nichts wegwerfen darf."

Das Unternehmen zukunftssicher machen

Fast 40 Jahre lange hatte Ingrid Obermeier-Osl ihren Mann Georg an ihrer Seite. Vor drei Jahren ist er gestorben. Ein schlimmer Verlust für sie. "Aber das Traurigsein war für mich sehr kurz, weil ich so viele andere Aufgaben hatte, die ich bewältigen musste." Sie biss sich also alleine durch. Ihr Anspruch: Das Traditionsunternehmen zukunftssicher zu machen, wenn dann in etwa zehn Jahren ihr Neffe das Ruder übernehmen soll.

Alle Beiträge der Sendung "Leben als Minderheit":

  • Schwarze Hautfarbe: Ausgrenzung auch in Deutschland? Von Andreas Unger
  • Anerkannt, aber doch nur geduldet? Eine Flüchtlingsfamilie in Niederbayern. Von Agnieszka Schneider
  • Allein unter Männern. Von Iris Tsakiridis
  • Glauben leben als Minderheit. Christen in der Türkei. Von Oliver Mayer-Rüth

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