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Peter Funke Ein bewegtes Leben

1933 in Leipzig geboren, erlebt Peter Funke den Krieg, Bombenangriffe, Flucht. Ein neues Leben baut er sich später im friedlichen München auf, doch auch da treffen ihn Schicksalsschläge, wie der frühe Tod des Sohnes. Halt und Zuversicht findet Peter Funke im Glauben. Die Evangelische Gebärdensprachliche Kirchengemeinde bereichert er im Gegenzug mit seinem Frohsinn und viel ehrenamtlichem Engagement.

Von: Juho Saarinen

Stand: 23.01.2024

Ein halbes Jahr nach der Machtübernahme von Adolf Hitler kam Peter Funke zur Welt. Seine ersten Kindheitserinnerungen an den Nationalsozialismus sind die vielen roten SS-Flaggen, die überall wehen. Laut "Gesetz über die Hitler-Jugend" von 1936 müssen alle Kinder und Jugendlichen der HJ beitreten.

Als am 4. Dezember 1943 Leipzig aus der Luft bombardiert wurde, begann seine Flucht - zunächst in ein Versorgungslager in die Nähe von Altenberg in Ost-Sachsen. 1945 kamen die Russen näher und wieder ging es wochenlang auf ins Ungewisse: mit dem Zug, zu Fuß, vorbei an Trümmerhaufen, denn Häuser standen nirgends mehr. Die schrecklichsten Erinnerungen hat Peter Funke an einen Teil seines Fluchtweges, den er auf der Elbe mit den Schiff zurückgelegt hat. Durch ein Guckloch sah er eher zufällig, wie viele tote deutsche Soldaten im Wasser trieben.

Die Heimkehr zu seiner Familie nach Meerane bei Leipzig gestaltete sich schwierig, weil alle Verbindungen zerstört waren. Oftmals war er gezwungen, wochenlang auf den Weitertransport – organisiert durch das Rote Kreuz – zu warten.

"Von der Judenverfolgung wusste ich gar nichts. Auch dass es Konzentrationslager, die KZs gab, davon wusste ich nichts. Erst nach dem Krieg, als alles vorbei war, erfuhr ich mit Schrecken, dass so viele Millionen Juden tot waren. Ich war wirklich erschrocken. Die Lehrer hatten uns nichts erzählt, darüber hatten sie geschwiegen."

Peter Funke

1957 ist Peter nach München vor dem Sozialismus geflohen, hier hat er sich in den 60er Jahren mit seiner Frau ein neues Leben aufgebaut. Hinzu kam dann noch Thomas, ihr gemeinsamer Adoptivsohn.

"Für arme Kinder, die keine Eltern haben, gibt es Waisenhäuser, wo sie aufwachsen können. Für die Aktion Kinder wird in Zeitungen oder Zeitschriften um Spenden geworben. Ich hatte das irgendwo gelesen und wollte helfen. Also bin ich Mitglied geworden und habe Beiträge bezahlt. Die Aktion hilft Kindern, die keine Eltern haben, an vielen Orten. Im Laufe der Zeit meldete sich dann zufällig ein Waisenhaus bei mir und teilte mit, dass sie ein gehörloses Kind hätten. Ich war bereit mich des Kindes anzunehmen. Also – ich habe ihn nicht sofort angenommen, sondern ihn erstmal nur am Wochenende zu uns nach Hause geholt. Er war damals zwei - nein, ein Jahr alt. Samstag und Sonntag haben wir ihn abgeholt und dann mit dem Auto Ausflüge gemacht: Zum Tierpark oder in den Zirkus; anfangs noch immer mit dem Kinderwagen. Am Sonntagabend haben wir ihn dann wieder zurückgebracht. So ging das Woche für Woche. Später fragte uns der Direktor, ein Arzt, ob wir den Jungen ganz zu uns nach Hause nehmen wollten. Wir sagten kurzentschlossen, dass wir bereit seien, ihn aufzunehmen. Das war’s! Das war ganz einfach und ist reibungslos verlaufen."

Peter Funke

Thomas starb 1996 und auch Peters Frau ist nun schon seit zwei Jahren tot.

Trost und Halt findet Peter Funke in der Evangelischen Gebärdensprachlichen Kirchengemeinde München.


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