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Christkindlesmorde Fränkischer Adventskalender in 24 Kurzkrimis

Nervenkitzel statt Schokolade verspricht der Adventskalender namens "Christkindlesmorde". Für jeden Tag enthält er einen Kurzkrimi. Wolfram Weltzer hat ein paar Fenster geöffnet – verrät aber nur so viel, dass es spannend bleibt.

Von: Wolfram Weltzer

Stand: 21.11.2013

Buchcover "Christkindlesmorde" | Bild: BR-Studio Franken/Christian Schiele

Machen wir gleich mal die Nummer 1 auf: einen Krimi von Sigrun Arenz aus Fürth. Da geht es um eine Auftragsmörderin, die nicht morden kann, sich am Ende selbst verfolgt fühlt. "Deadline" heißt die Geschichte, und das ist zweideutig: Es lässt sich als reale Todeslinie lesen, aber auch als Deadline für die Autorin, als Redaktionsschluss für den Krimi-Adventskalender.

"Wie das immer so ist: Ein Autor sitzt dann irgendwann da und denkt sich – hmm – jetzt habe ich noch soundso viele Wochen, bis ich diese Geschichte abgeben muss. Ich hab mich darüber mit meinem Bruder unterhalten, dem es ganz ähnlich ging, und wir unterhielten uns, wie schwierig es ist, da eine Handlung zu finden, und überhaupt, dass man kurz vor Weihnachten noch jemanden umbringen muss – ja, so ist die Geschichte geboren."

Sigrun Arenz

Am Ende gibt es eine Schokoleiche und eine gerettete Autorin.  Das ist witzig und doch enttäuschend. Na ja, es kommen ja noch 23 andere Fenster. Alle können wir nicht lesen, so viel Zeit ist jetzt nicht. Aber vielleicht Nummer 4 namens "Adventskaffee". Nein, klingt langweilig. Nummer 6, "Von drauß vom Walde", klingt auch nicht überragend innovativ. Ist aber von Killen Mc’Neill – einem Newcomer. Was heißt Newcomer: McNeill ist Ire, Lehrer in Scheinfeld und geht eigentlich schon auf die Pensionierung zu

"Ich verstehe mich nicht in erster Linie als Krimischreiber, aber ich mach das zwischendurch sehr gerne. In der Kürze, in dieser Form, das gefällt mir, diese Kurzgeschichten.  Das ist vielleicht dieser Kontrast, der sehr reizvoll ist: die staade Zeit und dann das Furchtbare, das sich da hineindrängt. Das hat was."

Killen Mc’Neill

Info und Bewertung:

Wertung: 3 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Der Krimi-Adventskalender "Christkindlesmorde" ist im Verlag ars vivendi erschienen und kostet 14,90 Euro. ISBN 978-3869132747

Der Mann macht nicht viele Worte und ist damit die Idealbesetzung für einen Kurzkrimi, knackig, trocken. Ich verrate Ihnen kein Wort über seinen Knecht Ruprecht. Der ist überraschend, spannend zu lesen, humorvoll und böse. Jetzt hab ich schon die Nummer 9 geöffnet. "Glühweinstadtrat" von Thomas Kastura. Das ist im Bamberger Dialekt geschrieben. Am besten kann er das selbst vorlesen, der Autor ist nämlich gebürtiger Bamberger. Das klingt dann in etwa so:

"Du blöder Hund sochd dä Küps. Ich kumm grod vom Weihnachtsmarggd … konnsd des nedd ä wenig eingrenzen?"

Thomas Kastura

Ein Regionalkrimi also, wie viele in dem Adventskalender. Viel provinzieller Kolorit – ein bisschen überzeichnet, als Karikatur der Bamberger Verhältnisse aber unterhaltsam. Bamberg, Forchheim und die Fränkische Schweiz sind ein Schwerpunkt. Derzeit wird ja jeder Flecken Frankens für Mord und Totschlag entdeckt.

Von einem besoffenen Josef und einer ertränkten Gurke

Nun spitze ich nur ganz kurz bei Tommie Goerz rein. Ein besoffener Josef ist da auf dem Weg zu seiner Maria nach Niederfellendorf. Ich fürchte, das wird ein übles Beziehungsdrama. Die Nummer 20 klingt schön absurd: Roberta ertränkt eine Gurke. Das Ganze spielt schon wieder in Bamberg. Machen wir mal Dirk Kruse auf, Nummer 21 – der ist immer für eine Überraschung gut. Dieser Krimi ist tatsächlich eine echte Kurzgeschichte, mit halb offenem, voll depressivem Schluss.

Die depressiven Seiten von Weihnachten

Man muss das nicht mögen, dass sich gen Weihnachten hin alle depressiven Seiten der eigenen Existenz aufblättern – aber bei vielen Menschen ist das bittere Realität. Und so nähere ich mich doch dem 23. Türchen. "Die Weihnachtsflasche" steht drauf, ein Krimi von Tessa Korber ist drin. Wenn ich ihnen verrate, dass die Flasche tatsächlich Alkohol enthält, es tatsächlich mehrere Leichen gibt und das tatsächlich mit der Eskalation aufgestauter Gefühle zu Weihnachten zusammenhängt, dann verrate ich Ihnen nicht zu viel. Es kommt auch hier drauf an, wie die altbekannte Geschichte inszeniert wird. Aber warum, Frau Korber, muss das denn sein, man will sich doch freuen auf so ein Adventstürchen.

"Das ist die Frage, die wir uns jedes Jahr wieder stellen, zunehmend verzweifelt. Wir backen, wir dekorieren, wir schmücken, wir zünden die Kerzen an, wir setzen Duftstäbchen ein – aber wir scheitern Jahr um Jahr wieder, das ist meine bisherige Erfahrung. Und wenn ich mir das aufteile in einen literarischen Mord hier und einen netten Abend da, dann kommen wir damit ganz gut durch, glaub ich."

Tessa Korber

In Fenster Nummer 24 schau ich jetzt sicherheitshalber nicht mehr rein, auch wenn sich da die Depression nicht mehr steigert, sondern eine mäßige Geschichte einen lustigen Schluss hat. 


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