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Bayern genießen Lachen - Bayern genießen im Juni

Endlich lacht die Sonne und der Frühling dreht sich dem Sommer entgegen. Deswegen haben wir für diese Ausgabe von Bayern genießen eine Reihe von Themen versammelt, die, wenn schon nicht direkt, so doch wenigstens langfristig für Heiterkeit sorgen können.

Von: Gerald Huber

Stand: 01.06.2023 | Archiv

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Lachen"

Göttliches Lächeln. Der Lachende Engel in Regensburg
Lachen bewegt. Das Theater Marktoberdorf und sein Lumpacivagabundus
Gescheit gelacht. Hannes Schott, Pfarrer und Kabarettist
Laut gelacht. Ein Lachspaziergang in Mittelfranken
Einfach lachhaft! Das Bayerwald Xperium in St. Englmar
Wo die Sonne lacht. Mainfranken, die sonnenverwöhnteste Ecke Bayerns

Göttliches Lächeln: Der Lachende Engel in Regensburg

"Der Lachende Engel" am Regensburger Dom

Gott ist ein Komödiant, der vor einem Publikum spielt, das zu ängstlich zum Lachen ist hat Voltaire gesagt. Er meint damit, dass wir Gott vielleicht nur deshalb nicht erkennen können, weil wir viel zu oft humorlos sind. Humor erfordert tatsächlich Mut, Selbstüberwindung. Über den Tellerrand der eigenen Verstrickungen, Probleme und Problemchen hinauszuschauen. Dann erkennt man die eigene Lächerlichkeit – und zugleich die Schönheit des Lebens. Doch das wär sehr schwer, fast unmöglich, wenn wir damit auf uns alleingestellt wären. Gottseidank gibts unsere Mitmenschen. Entweder machen wir uns über sie lustig und erkennen an deren Missgeschicken und Tolpatschigkeiten im besten Fall die eigene Lächerlichkeit. Das nämlich ist das Geheimnis des Humors, des Lachens: Die Distanz. Wer Humor hat, dem gelingt es, sich, wenn auch vielleicht nur vorübergehend, aus Nöten, Notwendigkeiten, Verflechtungen zu lösen und drüberzustehen. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und wer dann befreit auflachen kann, der erkennt vielleicht sogar, wie Voltaire gemeint hat, die Komödie des Lebens und deren zentralen Komödianten, Gott. Vielleicht ist das Lachen selbst eine Erscheinungsform Gottes. Schon die alten Griechen haben vom unauslöschlichen, ewigen Gelächter der olympischen Götter gesprochen. Egal ob die vielen Götter der Antike oder der eine Gott der Christen – nur sie stehen buchstäblich drüber, haben die Distanz, die der Humor, das Lachen erfordert. Und so haben das auch die Künstler dargestellt: Von archaisch-griechische Statuen bis zur Mona Lisa. Ein besonders schönes Beispiel ist der Lachende Engel des Erminoldmeisters im Dom zu Regensburg.

Lachen bewegt. Das Theater Marktoberdorf und sein Lumpacivagabundus

Lachen und die Klage hängen miteinander zusammen. Sie gehen beide auf ein jahrtausendealtes sogenanntes Schallwort zurück, das ursprünglich vielleicht einmal so geklungen hat lk- oder klk-.Klk ist eine Bezeichnung für alles, was, ja tatsächlich klingt. Das Klacken, Kleckern, Clicken, die englische clock, die schlagende Uhr, aber auch das Gluggern und das Glucksen hängen auch damit zusammen. Ein glucksendes Lachen ist also gewissermaßen doppelt gemoppelt. Lateinisch clamare ebenso wie clangere heißen schreien, rufen. Clarus heißt hell, glänzend, laut, schallend. Unser Wort klar kommt daher, aber auch die Klarinette. Das bedeutet soviel wie die kleine Laute. Auch das Klatschen hängt natürlich damit zusammen. Das Publikum im Theater ist nur im seltensten Fall stummer Zuschauer. Egal, ob ein Theaterstück funktioniert oder nicht, immer reagiert es mit irgendwelchen Lautäußerungen. Wenn es nicht Buh ruft, also reklamiert, dann lacht es vielleicht und schließlich klatscht es. Und das tut es sicher bei Johann Nestroys Zauberstück Der böse Geise Lumpacivagabundus oder: Das liederliche Kleeblatt, das im 19. Jahrhundert auf unzähligen großen und kleinen Bühnen Furore gemacht hat und vor 130 Jahren auch im damals beschaulichen Ostallgäuer Oberdorf Premiere feierte. Seitdem ist das Stück aus der heutigen Stadt Marktoberdorf nicht mehr wegzudenken. Heuer hat es eine Neuauflage erfahren – anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Amateurbühne und Theaterschule mobilé. Da stellt sich die Frage, was heute wie damals zieht und wie sich vielleicht der Humor das Lachen seit dem 19. Jahrhundert verändert haben.

Gescheit gelacht. Hannes Schott, Pfarrer und Kabarettist

Nestroys Satiren sind typischerweise voll von dem, was man gern Wiener Schmäh nennt. Eine spezielle Spielart des Humors, die, obwohl sie sich so anhört, mit dem Schmähen nix zu tun hat: Der Schmäh ist eine humorige Art des Redens, der sich am besten im Dialog entfaltet. Der Schmäh stellt Augenhöhe her, selbst wenn die Gesprächspartner sonst nicht sozial gleichgestellt sind. Das ist übrigens auch charakteristisch für den berühmten Humor englischer Gentlemen. Wiener Schmäh, englischer und bayerischer Humor haben gemeinsam das Leben und Lebenlassen. Man macht sein gegenüber nicht von oben herab nieder oder versetzt ihm von unten her Aufwärtshaken in die Magengrube. Der andere muss mitlachen können, weil zwischen den Partnern Augenhöhe besteht. Wo die nicht da ist, muss sie hergestellt werden. Dazu geht man etwas auf Distanz, so dass man das gegenüber höchstens noch leicht schräg angeht, meint Lachforscher lenz Prütting. In Bayern nennt man das Frotzeln. Doch leider nehmen sich viele selber viel zu ernst, sagt er, setzen ihre Meinung ad absolutum und dreschen auf alles andere und alle anderen ein. Von Augenhöhe und Distanz keine Spur. Wahrer Humor beginnt eben immer damit, dass man Distanz zu sich selber hat. So wie der aus Bayreuth stammende evangelische Pfarrer Hannes Schott. Der ist zugleich Kabarettist. Durchaus witzig. Und zwar gerade deswegen, weil er im Alltag ohne alle falsche Würde auskommt. PFARRER HANNES SCHOTT — ST. JAKOB — Die Evang.luth. St. Jakobskirche liegt am Rand der Innenstadt von Nürnberg. Sie ist ca. 950 Jahre alt. Die Straßennamen rund um die Kirche weisen auf ein altes Handwerkerviertel hin.

Laut gelacht. Ein Lachspaziergang in Mittelfranken

Aller Humor fängt damit an, dass man die eigene Persönlichkeit nicht mehr ernst nimmt meint Hermann Hesse. Wer sich selbst allzu wichtig nimmt, überheblich gibt, und vornehmlich Witze auf Kosten anderer macht, der stellt die Grundregel des Humors auf den Kopf. Wahrer Humor verlangt eben, dass man dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnet, sich dafür selbst kleiner macht. Nur dann darf man sein Gegenüber anschießen – auffeschiaßn, wie der Altbayer sagt. Bevorzugt leicht schräg von unten. Dann darf und kann das gegenüber mitlachen. Dass heutzutage eher schlechte Zeiten für Humor zu sein scheinen, ist insofern besonders tragisch, weil jede Gesellschaft, die in besonderer Weise herausgefordert ist, den Humor braucht – als Schmiermittel gewissermaßen. Und genau das ist das Kennzeichen aller menschlichen Gesellschaften, dass sie imstand sind, Konflikte auch durch Humor zu lösen, sich über schlimmste Zustände lustig zu machen und die humorlosesten Machthaber lächerlich machen zu können. Tiere können das nicht. Sie kennen nur Freude oder Wut, Liebe oder Hass, Frieden oder Aggression. Vielleicht gehört es zu den größten Errungenschaften des Menschen, da gangbare Mittelwege gefunden zu haben. Wege, die Wut, Hass, Aggressionen verringern helfen. Lachen ist die Krönung, eben die göttlichste Form jeder Kommunikation. Wenn alle Worte schal geworden sind, wenns nur noch Missverständnisse gibt, dann hilft oft nur noch der Humor. Vielleicht ein Witz, der die Spannung auflöst. Oft reicht ein kurzer Blick. Dann löst sich alles in Wohlgefallen auf. Denn Lachen ist ansteckend. Schuld daran sind unsere ausgeprägten Spiegelneuronen, die dafür sorgen, dass wir von anderen lernen und uns in andere hineinversetzen können. Ja, wir können uns sogar selbst was vorlachen und auf diese Weise unsere Stimmung heben. Zum Beispiel bei einem Lachspaziergang.

Einfach lachhaft! Das Bayerwald Xperium in St. Englmar

Wohl über kaum ein anderes Phänomen ist schon soviel mehr oder weniger nutzloses Wissen angesammelt worden, wie über das Lachen. Zum Beispiel dass der Lachton von Frauen im Schnitt 500 Schwingungen hat und deswegen viel durchdringender klingt als der lediglich 200 Schwingungen tiefe Lachton der Männer. Auch warum wir lachen und was uns zum Lachen bringt – auch darüber ist schon unendlich geforscht worden. Eine Theorie besagt, dass wir vor allem das Unerwartete zum Lachen finden. Das soll auch der Grund sein, warum wir uns selbst nicht kitzeln können. Wir wissen immer schon im Voraus, wo sich unsere Finger befinden. Keine Überraschung. Fremde Finger aber, mal unter den Armen, dann wieder am Bauch – da können wir lachen bis uns alles wehtut. Es geht also um die Überraschung den zufälligen Zusammenprall scheinbarer Unvereinbarkeiten, die unerwartete Wendung. Die besten Witze sind voll davon. Und wenns nur um das Spiel mit der Doppeldeutigkeit von Wörtern geht: Treffen sich zwei Jäger – beide tot. Witzig bedeutet ja ursprünglich geistreich. Und unser Geist – egal ob er Späße macht oder wissenschaftlich tätig ist, bringt viel Gewitztes hervor, bietet Überraschungen ohne Ende. Das ist auch der Grund, warum wir selbst bei naturwissenschaftlichen Experimenten, wie man sie beispielsweis im Bayerwald Xperium machen kann, lachen können ohne Ende.

Wo die Sonne lacht. Mainfranken, die sonnenverwöhnteste Ecke Bayerns

Übrigens: Unsere Wörter heiter und heiß sind miteinander verwandt. Sie stammen von einer uralten Wortwurzel, die soviel bedeutet wie klarer Himmel. Und weil man bei klarem Himmel in der Regel auch gleich viel besser aufgelegt ist, hat man die Heiterkeit des Himmels bald auch im übertragenen Sinn für die Heiterkeit der Stimmung verwandt. So gesehen müssten die heitersten Bayern die Franken und die Nordschwaben sein. Während Altbayern und Allgäuer schwer unter dem Alpenstau und Schnürlregen zu leiden haben, regnets in Schwaben und Franken deutlich weniger. Und am schönsten und sonnigsten und wärmsten ists ja bekanntlich bei den am Main.

Zum Schluss

Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen schreibt der große Philosoph der Aufklärung Immanuel Kant. Die Hoffnung, heute sagt man eher Lebensperspektiven, die braucht jeder, um nicht aussichtslos verzweifeln zu müssen. Im Schlaf träumen wir, ordnen also unsere Gedanken und im Lachen lernen wir, dass sich selbst in scheinbar aussichtslosen Situationen doch immer wieder neue Perspektiven auftun können, dank derer wir uns wieder hinaussehen und von vorn anfangen können. Mit der Hoffnung auf einen wunderbaren Juni zum Beispiel.


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