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"Normal zu sein, ist das Ideal der Mittelmäßigen"

Von: Gabriele Bondy

Stand: 08.06.2011 | Archiv

Psychologie / Ethik und Philosophie 

C. G. Jung, ein kongenialer Partner für Freud, aktiv, brillant, witzig und sprachgewandt. Eine bedingungslose Unterwerfung unter das Dogma der Psychoanalyse strebte aber auch er nicht an.

Im Mittelpunkt der Arbeit von Carl Gustav Jung steht der Mensch in seiner Ganzheit – nicht gespalten in einzelne Aspekte oder reduziert auf seine (An)triebe. Darin unterscheidet sich der Denkansatz des Schweizer Psychiaters und Begründers der Analytischen Psychotherapie von den Theorien seiner Zeitgenossen Sigmund Freud und Alfred Adler. 1875 in Kesswil am Bodensee geboren, gilt Jung als Wanderer zwischen vielen Wissenschaften, der mit Begriffen wie Komplex, Introversion, Extraversion und Archetypus die Psychologie, die Völkerkunde, die Theologie und Kunst bereichert hat. C. G. Jungs Interesse galt allen Aspekten der Gesellschaft wie des Individuums, von den dunklen Seiten der Persönlichkeit (dem "Schatten") bis zu religiös-magischen Phänomenen. Von Freud trug ihm das nach einer kurzen Phase der Zusammenarbeit den Vorwurf ein, er bewege sich mit seiner Auffassung des Unbewussten im "schwarzen Schlamm des Okkultismus". Jung seinerseits kritisierte Freuds Fixierung auf die Sexualität und formulierte mit den Archetypen als Urbildern in der Seele aller Menschen die Idee des kollektiven Unbewussten. Jungs Differenzierung in extra- und introvertierte "psychologische Typen", die sich in Denken, Fühlen, Intuition und Empfinden voneinander unterscheiden, sind inzwischen in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Und auch in der therapeutischen Praxis lebt Jungs Werk weiter: die Analytische Psychotherapie wird bis heute zur Behandlung von Neurosen und Psychosen eingesetzt.


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