Bayern 2 - radioWissen

Die jüdischen Speisegesetze

Essen in den Religionen Die jüdischen Speisegesetze

Published at: 13-9-2017

Ein Rabbiner kennzeichnet koschere Lebensmitteln die nach den jüdischen Speisevorschriften der Kaschrut hergestellt wurden | Bild: picture-alliance/dpa

Die jüdischen Speisegesetze, hebräisch Kaschrut genannt, umfassen weit mehr als eine Aufzählung verbotener und erlaubter Speisen. Sie organisieren, leiten und lenken schlichtweg alles, was mit Essen und Trinken zu tun hat, von der Schlachtung über die Zubereitung und Aufbewahrung der Speisen bis hin zur Kücheneinrichtung und Geschirrverwendung. Der Kern dieses Regelsystems ist in der Tora niedergelegt und gilt als unmittelbare Gesetzgebung Gottes.

Milchiges und Fleischiges sind unvereinbar

Ein wesentliches Merkmal der Kaschrut ist über die Unterscheidung von rein und unrein hinaus das strikte Gebot der Trennung von Fleischigem und Milchigem. Fleisch darf weder zusammen mit Milchprodukten zubereitet, verzehrt noch gelagert werden. Die Einhaltung dieser zentralen Vorschrift ist immens aufwändig. Sie erfordert getrennte Herde, getrenntes Koch- und Essgeschirr, getrennte Küchenspülen und Trockentücher. Noch nicht einmal im Spülwasser dürfen Milch- und Fleischgeschirr zusammen kommen. Die Praxis dieser Trennung geht auf den Toravers "Du sollst nicht kochen das Böcklein in der Milch seiner Mutter" im 2. Buch Mose zurück. Plausibel deuten lässt sie sich möglicherweise als Reflex auf das grundlegende Tabu der Vermischungen des in der Milch symbolisierten Lebens mit der im Fleisch symbolisierten Sphäre der Sterblichkeit und des Todes.

"Iss nicht das Blut mit dem Fleisch!"

Ein weiterer Eckstein der Kaschrut ist das strenge Verbot des Verzehrs von Blut. Als Sitz der Seele ist das Blut heilig und sein Genuss allein Gott vorbehalten. Um die Nahrung vollkommen blutfrei zu halten, gelten für die Schlachtung besondere Regeln: Das Tier muss von einem besonders geschulten Schächter, dem Schochet, getötet werden. Er durchtrennt zuerst Halsschlagader und Luftröhre mit einem scharfen Messer und lässt die Tiere dann kopfüber aufgehängt vollständig ausbluten. Schließlich werden alle Adern sorgfältig entfernt und das Fleisch vor der Zubereitung zusätzlich in Salzwasser gesäubert.

Reine und unreine Nahrungsmittel

Koscher, also "rein" und für den Verzehr geeignet, ist nur das Fleisch von wiederkäuenden Paarhufern mit völlig durchgespaltenen Klauen. Erlaubt im Rahmen dieser Systematik sind Rind, Schaf, Ziege, Gazelle, Antilope und Gämse. Rein sind darüber hinaus auch alle Wassertiere, die Flossen und Schuppen haben. „Trefe", also unrein sind alle Tiere, die diese Bedingungen nicht erfüllen, weil sie entweder nicht wiederkäuen oder keine durchgespaltenen Hufe haben. Für den Verzehr verboten sind daher unter anderem Kamele, die zwar wiederkäuen, aber keine gespaltenen Hufe haben, und vor allem das Schwein, das zwar gespaltene Hufe hat, aber nicht wiederkäut. Grundsätzlich unrein sind ebenfalls alle Raubtiere, Raubvögel und Aasfresser, alle Amphibien und Insekten mit Ausnahme einiger Heuschreckenarten, sowie alle auf dem Bauch kriechenden Tiere, wie Schlangen, Schnecken, Maden und Würmer.

Zurück zur Übersichtsseite

Osterlamm aus Biskuitteig | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Essen in den Religionen Göttlich "gut"?

Essen nährt nicht nur den Leib. Die Seele isst mit. Speisegesetze bürgen dafür, dass sie durch Mund und Magen keinen Schaden nimmt. Nahrungsgebote öffnen den Zugang zum Heiligen, spiegeln und wahren die Ordnung des Schöpfungswerks. [mehr]