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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Weihnachtsgarderobe zwischen Chic und Schock

Heuer mal im Anzug zur Bescherung? Im Valentino Kleid? Oder doch im hässlichen Weihnachtspullover, womöglich im Partnerlook? Ob Stil- oder Understatement-Neurotiker, Hauptsache man fühlt sich wohl beim wichtigsten Fest des Jahres. Und muss nicht wie alle anderen dem nervigen Trend zum Nonkonformismus folgen… Eine Glosse von Heinz Gorr.

Von: Heinz Gorr

Stand: 20.12.2023

Am besten beginne ich gleich mal mit einem Geständnis. Ja, denn es lockert sofort die Stimmung auf in dieser letzten Adventswoche, wo sich viele - was angesichts mancher Dezemberpsychosen kaum vorstellbar erscheint - noch eine Spur mehr verkrampfen, um dem Wahnsinn des nicht nur vor der Tür, sondern bereits im Flur stehenden Fests zu genügen. Und dabei gleichzeitig demonstrativ relaxed zu wirken: denn der vorweihnachtliche Stress, das mit säuerlichem Grinsen vorgetragene, rhetorisch fragende "Jaja, de stade Zeit, gell?" - diese alle Jahre wiederkehrende Hektik, ist was für Underperformer, für Menschen, die ihr Leben nicht im Griff haben, und die - wenn es nach Karl Lagerfeld geht - die exquisitesten Termine auch im Jogginganzug absolvieren können.

Ich gestehe also, dass sich die Zahl meiner festlichen Sweatshirts sehr in Grenzen hält - entre nous kann ich's ja sagen: ich besitze kein einziges! Nein, auch keine dieser aus oberflächlichen amerikanischen Collegefilmen ins alte Europa migrierten Textilien namens hässlicher Weihnachtspullover! Ugly Christmas Sweater nennt sich der offenbar nicht mehr einzudämmende Trend, dem ich die vermutlich super reaktionär wirkende Frage entgegenschleudere: Was soll das? Warum tragen Erwachsene unförmige, kuttenartige Kleidung - womöglich sogar am Heiligen Abend - mit bescheuerten Motiven und Dessins, die man früher nicht mal als Unterlage für den Hund im  Kofferaum verwendet hätte - schließlich könnte ja die Nachbarin einen Blick durch die Heckscheibe… Mon dieu!

Unter den Connaisseurs setzt man explizit auf Glitzernd-Glamouröses

Wir jedenfalls haben Stil und orientieren uns an den neuesten Creationen aus Paris was die Weihnachtsgarderobe betrifft. Très chic! Es muss natürlich unter uns bleiben, was ich für meine Frau gekauft habe: für die Bescherung am 24. ein Paillettenkleid, nicht irgendeins! Bordeaux ist heuer - was red ich: diese Woche - die absolut angesagte Farbe dafür. Und für die diversen Partys danach inklusive Silvester setzt man unter den Connaisseurs explizit auf Glitzernd-Glamouröses. Selbstverständlich wird für uns Modebewusste im besten Alter da noch variiert mit einer Nuance Romantik, sie kommt durch dezente Details, schimmernd-changierende Materialien und florale Ornamente zum Tragen.

Bleibt noch der Wermutstropfen im Champagner: ein ungeöffnetes Paket von den Schwiegereltern, letztes Weihnachten feierlich überreicht! Ich musste hoch und heilig versprechen, den Inhalt zur diesjährigen Familienfeier anzuziehen, nächste Woche, beim Nobelitaliener. Sensibel angewandte Aushorchmethoden haben ergeben, es soll sich um etwas total Lustiges handeln. Und selbstgestrickt!


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