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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Razzia

Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus. Darum ist es jetzt mal an der Zeit über die kirchlichen Feiertage zu sprechen. Sollte man sie ab einem bestimmtem Prozentsatz Kirchenmitgliedern in Deutschland ganz streichen, so ab 10 Prozent zum Beispiel. Oder dürfen nur noch Menschen, die in der Kirche sind, die Feiertage begehen und die Ausgetretenen können halt dann unbezahlten Urlaub nehmen. Immerhin sparen sie sich ja die Kirchensteuer. Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 30.06.2023

Der Kreuzweg hat 14 Stationen, das ist so weit bekannt. Aber wie viele Stationen hat der Holzweg? Nach der Razzia beim Kölner Kardinal Woelki fragt man sich das unweigerlich. Ich versuche einmal zu zählen: Woelki hat von nichts gewusst, Woelki erhält das erste Missbrauchsgutachten, Woelki gibt ein weiteres in Auftrag, Woelki bekommt Besuch aus Rom, Woelki ist auf der Bistumswallfahrt unerwünscht, Woelki wird von einer Frau parodiert, Razzia im Hause Woelki und so weiter.

Die Stationen sind inzwischen zahllos und fest steht auch, am Ende wird nicht ein Gekreuzigter Rainer Maria Woelki zum Religionsstifter werden sondern ein weiterer Kirchenmann in der Versenkung verschwinden. Sonst hätte ja die Schlagzeile ja jetzt schon lauten müssen: Razzia bei Woelki - Das Grab war leer… oder zumindest die Aktenschränke.

Aus dramaturgischer Sicht ist es da geradezu perfekt, dass einen Tag nach der Razzia in Köln die Austrittszahlen für 2022 veröffentlicht werden. Eine halbe Million Katholiken sind gegangen. Und 360000 im Jahr zuvor. Nicht NUR wegen Woelki. Mangelder Reformwille, Missbrauchsskandale. Klar.

Da muss man natürlich ehrlicherweise dazu sagen: Es ist schon ein Schnäppchen, wenn man seine Moral aufwerten und gleichzeitig 8% Steuer sparen kann. Im Grunde ist es eher verwunderlich, dass bei so einem Angebot nicht noch mehr Menschen austreten. Oder anders gesagt, nach Sonneberg würden wahrscheinlich von den verbliebenen Soli- Zahlern im Westen auch viele gerne aus dem Soli austreten, wenn das ginge. Nein.

Das Problem geht tiefer.

Das Problem geht tiefer. Die Kirche in Deutschland könnte Party- Gottesdienste feiern mit Cannabis statt Weihrauch, könnte sämtlichen Geschlechtern das Priesteramt zugänglich machen, den synodalen Weg zu einer achtspurigen Mitbestimmungs- Autobahn ausbauen, das zündet alles nicht, weil die Botschaft nicht mehr ankommt. An ein Leben nach dem Tod glaubt kaum noch wer und Schuld, Sühne, schlechtes Gewissen - das ist heute alles bei der Klimabewegung verortet.

Die evangelische Fraktion hat das ja sogar schon formuliert. Auf der Synode in Magdeburg, letzten Herbst. Da hat die 26- jährige Frau Heinrich, Präses der Synode, formuliert: „Die Klimabewegung macht vieles besser als wir.“ Deswegen hat man sich dort auch mit der Klimabewegung verbündet. In der Hoffnung, dass von deren Glanz etwas auf die Kirche abfallen möge. Aber das wird nichts nützen.

Der Woelki in Köln hat sich ja schon am Amt festgepappt. Der Papst löst ihn noch nicht einmal ab und trotzdem treten die Leute in Scharen aus.Wenn der Zug abgefahren ist und du stehst immer noch am Bahnsteig, dann glaubt dir einfach keiner mehr, dass du der Lokführer bist.

Eben alles eine Frage der Perspektive.


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