Bayern 2 - radioTexte


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Vito von Eichborn "Mein Mallorca"

Einst war der Mittelpunkt der Welt in Delphi. Dorthin reisten alle Völker der Welt. Heute zieht es die Massen statt auf die Peloponnes nach Palma. Darunter auch Verleger Vito von Eichborn, der in "Mein Mallorca" mit Verve und Witz schildert, warum ihn auch Ballermann und Bierbäuche nicht von der Baleareninsel verschrecken können. Lesung mit Stefan Wilkening

Von: Kirsten Böttcher

Stand: 14.07.2020 | Archiv

Felsiger Küstenabschnitt | Bild: picture-alliance/dpa

Mallorquiner sagen ungern, was sie vorhaben. Deshalb benutzen sie im Auto keinen Blinker! - So lautet eins der netteren Vorurteile deutscher Touristen, die zu jeder Saison ihre Lieblingsinsel im westlichen Mittelmeer besuchen - wenn keine Pandemie einen Strich durch Urlaubsträume macht. Nach dem Lockdown wollten viele Mallorquiner natürlich schnell wieder Touristen ins Land holen. Im Jahr 2019 ließen diese immerhin 16 Milliarden Euro auf den Balearen. Aber es mehren sich auch kritische Stimmen, die sich andere Tourismuskonzepte wünschen, Klimaneutralität anstreben und vor allem den Exzess-Tourismus à la Bier- und Schinkenstraße einschränken wollen. 

"Vito von Eichborn weilte zwei Jahre auf Mallorca - bis heute hat sich die Insel nicht ganz davon erholt."

(Pit Knorr)

Auch zu letzerem Phänomen äußert sich Vito von Eichborn in seinem sehr subjektiven Bericht über „Mein Mallorca". Doch die Insel steht für so viel mehr als für Sonne, Strand und Sangria.

Mallorcas "Multikulti-Potpourri"

Zwei Jahre verbrachte der 1943 in Madgeburg geborene Verleger aus dem Adelsgeschlecht Eichborn auf der größten der Baleareninseln und hat dort Einheimische, deutsche und internationale Touristen, Ökos, Radfahrer, Rentner, reiche Russen oder auch Bordellbesitzerinnen im ehemaligen Königreich Mallorca beobachtet. Hier gibt es alles, vor allem Toleranz, so Eichborns Resümee. 

Nicht auf Mallorca, sondern im schleswig-holsteinischen Malente lebt heute der Verleger Vito von Eichborn.

"Dieses kunterbunte Mit- und Über- und Gegeneinander ist ein großes Gesellschaftsspiel. Jeder der Beteiligten weiß, dass er nicht drauf angewiesen ist. Es gibt die diversesten Gesellschaftsschichten und -spielregeln aus Städten und Provinzen jeder Couleur. Jedoch anders als in der Nachbarschaft in Deutschland gilt: Hier kann jeder machen, was er will. Daher gibt es auf Mallorca auch mehr Toleranz gegenüber dem Anders-Seienden und Denkenden als irgendwo sonst."

(Vito von Eichborn)

Geistige Höhenflügler, abgewetzte Aussteiger

Der Verleger mit vielen weiteren Talenten – Eichborn ist auch als Herausgeber, literarischer Agent und Journalist tätig – schildert in seinem Buch nicht nur den Alltag auf der größten der Baleareninseln.

George Sand und Frédéric Chopin waren das wohl berühmteste Paar, das Mallorca im Jahr 1838 besuchte.

Er weiß auch über die bewegte Geschichte Mallorcas und die seiner prominenten Bewohner und Besucher meisterhaft zu erzählen: vom frommen Dichter und Denker Ramón Llull, der eine "Wahrheitsmaschine" entwickelte und als Begründer der katalanischen Literatur gilt oder auch von Erzherzog Ludwig Salvator Maria Joseph, einem Sohn von Großherzog Leopold II. von Toskana, der sich als "grüner" Aussteiger in abgewetzten Klamotten präsentierte und ein umfangreiches wissenschaftliches und literarisches Werk hinterließ. Als dieser sonderliche Adelsspross einem Bauern half, dessen Karren aus dem Morast zu ziehen und dafür Trinkgeld bekam, war er stolz und glücklich auf sein "erstes selbst verdientes Geld".

"Mein Leben ist natürlichgemäß ein Rhizom... Nichts ist linear, auch nicht die Zeit, nicht mein Staunen und Begriefen, Irren und Zweifeln. Für Esoteriker wie für Nachhaltigkeitsapostel ist das nichts Neues... Ebenso ist Mallorca ein Rhizom. Jaja, ich weiß das sind Projektionen. Na und? Wenn es keinen Kern gibt - könnte ja Mallorca dieser Kern sein."

(Vito von Eichborn)

Natürlich steht Inselführer Eichborn auch mit Tricks und Tipps gegen Medusen oder langweilige Museen zur Verfügung oder gibt sich als sympathischer Berater in lebensphilosophischen Fragen. In diesem Sinne: Viva Mallorca!

"Mein Mallorca"

Stefan Wilkening

Von frommen Kriegern und Piraten, deutschen Inselhelden und Sex-Fincas
Von und mit Vito von Eichborn

Am 21. Juli in den radioTexten am Dienstag kurz nach 21.00 Uhr auf Bayern2

Lesung mit Stefan Wilkening
Moderation: Antonio Pellegrino

Das Buch ist im Mare Verlag erschienen.

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