Bayern 2 - Nachtmix


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Entfant Terrible Thelonious Monk

Am 17. Februar 1982 ist er im Alter von 64 Jahren gestorben: Der große, große Thelonious Monk - Pianist, Komponist, Innovator, Rätsel, Enfant Terrible.

Von: Thomas Meinecke

Stand: 21.02.2012 | Archiv

Thelonious Monk beim Monterey Jazz Festival im September 1969 | Bild: Monterey County

Thelonious Monks Musik ist so außergewöhnlich, dass man auch Leute, die gar nicht so auf Jazz stehen, mit ihr abholen kann. Darin ist er Charles Mingus und Sun Ra, zwei weiteren transgressiven afroamerikanischen Exzentrikern, verwandt. Wir können ihn uns auch gar nicht ohne seinen Vorläufer Duke Ellington denken, was besonders augenfällig wird, wenn wir Monk den Duke spielen hören.

1917 in North Carolina geboren, landete Thelonious Monk um 1940 herum im Kreis jener Musiker, die einige Jahre später mit Be-Bop eines der Resignifizierungs-Wunder in der populären Musik durchführten und damals in Minton's Playhouse in der 52nd Street Manhattans nach ihren regulären Jobs jammten. Interessanterweise landete Monk dann 1944 auf einer der ersten Bop-Aufnahmen, die der stets innovative Tenorsaxophonist Coleman Hawkins, der schon seit mehr als 20 Jahren an der Entwicklung des Jazz maßgeblich beteiligt gewesen war, verantwortete.

Meilensteine der American Music

Ab 1947 nahm Monk dann unter eigenem Namen zunächst für das aufstrebende Blue Note Label eigene Kompositionen auf, die mehr als nur Jazz Standards, sondern Meilensteine der American Music überhaupt wurden. 'ROUND MIDNIGHT zum Beispiel, auf dem wir den Trompeter George Taitt, den Saxophonisten Sahib Shihab, Monk am Klavier, Robert Paige am Baß und Art Blakey am Schlagzeug hören.

Noch 22 Jahre später erinnert Thelonious Monks um den vocalesenden, das heißt Jazz-Linien mit Text versehenden Gesang Jon Hendricks' erweiterte Aufnahme von IN WALKED BUD an diese frühen Tage des Be-Bop. Und der Bud, der dort reinschneite, war der legendäre und enigmatische Pianist Bud Powell, der 1964, zwei Jahre vor seinem viel zu frühen Tod, in seiner Pariser Exil-Wohnung Monk-Kompositionen wie THELONIOUS auf Tonband aufnahm.

Diese afroamerikanisch exzentrische, idiosynkratische Klaviermusik wurde von denen, die sie nicht verstanden, immer wieder pathologisiert. Gern wurde auch gesagt, Monk sei ein Dilettant, was angesichts von Aufnahmen wie der 1957er, ein Höchstmaß an Sophistication offenbarenden Version von CREPUSCULE WITH NELLIE - Nellie war Monks Frau - komplett absurd erscheint.

Immer mehr verstummt er

Nach einer Europa-Tournee mit Dizzy Gillespie und Art Blakey 1971, zu deren Hamburger Konzert mich mein Vater mitnahm, wofür ich ihm ewig dankbar bin, und auf der der schrullige Monk nicht mehr als insgesamt zwei Worte gesprochen hat, nahm er in London noch einmal ein SoloKlavier-Album auf.

In den Siebzigern verstummte der große Geheimnisvolle immer mehr. Die Baronin Pannonica de Koenigswarter nahm ihn, wie schon Charlie Parker in seinen letzten Tagen, bei sich auf. Er setzte sich auch nicht mehr ans Klavier, und aus dem letzten Lebensjahrzehnt Thelonious Monks gibt es auch keine Aufnahmen mehr. Dennoch passiert es mir bis heute, dass man auf einen neuen Künstler stößt, der auf Monks exzentrische Weise einem Genre jenes Extra zuführt, das weit über das Genre hinausweist. In den späten 1990er Jahren zum Beispiel, als Theo Parrish House in Richtung Jazz, den es eigentlich gar nicht mehr gab, erweiterte.


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