Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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20. Februar 1943 Der Vulkan Paricutín entsteht

Mit einem dumpfen "Plopp" öffnete sich auf dem Maisfeld des Bauern Dionisio am 20. Februar 1943 völlig unerwartet ein Vulkan. Über Nacht war er entstanden: Paricutín. Er hatte nicht vor wieder zu verschwinden. Einen Tag später war er bereits zehn Meter hoch und wuchs und wuchs - 2.800 Meter hoch. Autorin: Yvonne Maier

Stand: 20.02.2023 12:00 Uhr | Archiv

20 Februar

Montag, 20. Februar 2023

Autor(in): Yvonne Maier

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Da bestellt man nichtsahnend sein Maisfeld, und dann das: Mitten drin ist da auf einmal ein großes Loch. Der mexikanische Bauer Dionisio Pulido, dem das Feld gehörte, dachte sich erstmal nichts dabei. Doch dann am nächsten Tag die Überraschung: Aus dem Loch rauchte es mittlerweile heraus und es war auch gar kein Loch mehr, sondern ein ganzer Riss! Ein paar Explosionen später floss aus dem auch noch heiße Lava heraus. Das war am 20. Februar 1943 in Mexiko, während des Zweiten Weltkriegs. Eine so skurrile Geschichte, dass sie trotz des Kriegsgeschehens ihren Weg in die Weltpresse fand.

Der Vulkan aus dem Nichts

Ein niegelnagelneuer Vulkan - entstanden aus dem Nichts. Nach einem Tag war der Kegel schon 10 Meter hoch. Und es gibt sogar ein Foto davon: Da steht eine Person mit einem geknoteten, roten Kopftuch und einer gemusterten Decke um die Schultern vor dem Maisfeld und blickt ihn an, den rauchenden Schlot. Benannt wurde der Vulkan nach dem Ort, den er nach und nach verschlingen sollte: Paricutín. Die Behörden waren schnell informiert und auch die Nachbarn ließen sich den Anblick nicht entgehen. Und was für ein Anblick das war. Im Sekundentakt explodierte der Vulkan, wuchs Zentimeter um Zentimeter. Nach einer Woche hatte er das Maisfeld unter sich begraben - und der Vulkan war schon 150 Meter hoch.

Die Asche legte sich über die Umgebung und die Lava kroch meterweise an das Dorf heran. Jetzt verloren auch dessen Bewohner ihre Felder, aber auch ihre Häuser und sogar die Kirche wurde von der Lava umflossen. Für Forschende war klar: Der Paricutín ist ein besonderer Vulkan. Ganz anders als der italienische Ätna zum Beispiel. Dort sammelt sich die Lava nämlich in einer Magmakammer, über Jahrhunderte hinweg, bis der Vulkan dann ausbricht. Und dann geht das Ganze von vorne los.

Literarisch verewigt

Rund um Paricutín aber steigt das Magma viel schneller auf, da gibt es keine unterirdischen Kammern, die volllaufen könnten. Lange passiert gar nichts und dann entsteht dort einfach ein neuer Vulkan wie im Zeitraffer. Wissenschaftler nennen das: monogenetischen Schlackenkegel. In dem Vulkanfeld, in dem er liegt, gibt es weitere 900 davon. In einem Jahrtausend entstehen dort auf diese Weise gleich zwei neue Vulkane.
Neun Jahre lang wuchs der Paricutín an, 1952 spuckte er das letzte Mal Lava.

Finale Höhe des Kegels: 424 Meter. Zwei Dörfer hat er unter sich begraben, die Reste der Kirche kann man heute noch besichtigen. Menschen hat er nicht verletzt, denn man konnte ihm beim Wachsen ja zuschauen. Seitdem ist es dort ruhig, zumindest geologisch gesehen. Der Paricutín ist ein Vulkan, der in einem einzigen langen Ausbruch entsteht und dann stirbt. Perfekt für den Tourismus, der rund um den Vulkan entstanden ist. Und sogar in die Literatur hat der Paricutín Einzug gefunden, nämlich als Alibi für Mr. White in dem Roman Stiller von Max Frisch aus dem Jahr 1954. Mr. White berichtet dort, er habe während des Ausbruchs auf einer Tabakplantage gearbeitet und sei damit eben nicht der gesuchte Stiller. Wie praktisch, dass die Entstehung dieses Vulkans so genau dokumentiert ist, dass sie auch als - zumindest literarisches - Alibi gelten kann.


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