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Bayern genießen Schloss und Schlösser genießen im Juli

Bei Schloss steigen vor unseren geistigen Augen sogleich Bilder von prachtflatternden Fahnen auf hohen Dächern und Türmen auf. Und für einen Moment hat man vergessen, dass ein „Schloss“ auch etwas sein kann,wofür man einen Schlüssel braucht. So oder so – Genussaspekte gibt es rund um Schloss und Schlösser viele unterhaltsame Geswchichten aus allen Regierungsbezirken Bayerns.

Author: Gerald Huber

Published at: 6-7-2018 | Archiv

Bayern genießen - Sendung hören: Schloss und Schlösser genießen im Juli

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Schloss"

  • Oberbayern - Schlossbrauerei Stein an der Traun? Schloss – Bier – böser Ritter. Alles geboten (Regina Fanderl)
  • Niederbayern- Kunstschlosserei aus Niederbayern (Birgit Fürst)
  • Oberpfalz - Wasser-Schlösser in der Eisernen Oberpfalz (Thomas Muggenthaler)
  • Oberfranken - Schlossküche der Fränkischen Schweiz – Genuss aus oberfränkischen Schlössern, zwischen Vampiraugen, Krötenschleim und (fast) wahren Spukgeschichten (Tobias Föhrenbach)
  • Unterfranken - Die Schlossgeister aus Mainberg – was macht eine Tanzgarde eigentlich außerhalb der Faschingszeit? (Norbert Steiche)
  • Mittelfranken - Liebesschlösser aus Nürnberg. Wie man Brücken entlastet. (Laura Grun)
  • Schwaben - Schloßgeist aus Überzeugung: Die Kastellanin im Sisi-Schloß Aichach (Barbara Leinfelder)

Das Schloss als Gebäude und das Schlüsselschloss haben selbstverständlich eine gemeinsame Wurzel. In beiden Fällen geht’s ums Sperren, um den Abschluss. Und vom Schluss sind die Wörter Schlüssel, schließen und Schloss letztlich auch abgeleitet. Erst im Spätmittelalter entwickelt sich aus dem altbekannten Schlüssel-Schloss auch das Schloss als Gebäude. Es war die Burgenzeit, in der regionale Herren für den Unterhalt von Straßen auf ihrem Grund zuständig waren. Um diesen Unterhalt zu refinanzieren, haben sie ihre Ansitze in beherrschende, die Wege quasi abschließende Lagen gebaut. Auf Anhöhen zumeist. Oben das Schloss, unterhalb der Schlagbaum, wo der Wegzoll, bairisch Maut, kassiert worden ist. Manchmal auch ein bisserl mehr. Solche Mehrkassierer haben die Kaufleute früherer Zeiten dann Raubritter genannt.

Schlossbrauerei und böser Ritter. Die Burgentrilogie von Stein an der Traun

Um diese Ritter haben sich dann immer mehr Geschichten gerankt: Wahrer Kern, viel Grusel drumrum. So, wie bei der Burg in Stein an der Traun im oberbayerischen Chiemgau. Schließlich – was für ein schönes Schlosswort! – kann man, wenn man nicht zuviel vom guten Bier intus hat, gleich noch ein Schloss anschauen: Das Schloss Pertenstein mit einem umfangreichen Kulturangebot. Berühmt weitum vor allem bei jungen Leuten sind die Flußauen der Alz im nahen Altenmarkt an der Alz. Alles Wissenswerte dazu wie immer auf unserer Internetseite unter bayern 2.de/brheimat.de.

Herrenhaus am Wasserschloss. Die eiserne Schönheit der Oberpfalz.

Schloss und Schluss sind also ein und dasselbe Wort. Am Schluss, am Abschluss wird etwas abgeschlossen. Zum Beispiel ein Wasserkanal oder eine Wasserleitung. Damit beispielsweise Brunnen gleichmäßig laufen und es aufgrund der natürlichen Druckschwankungen des Wassers nicht zu Pumpbewegungen kommt, wie bei manchen Springbrunnen, baut der Ingenieur ein sogenanntes Wasserschloss ein. Ein Wasserschloss kann auch das Wehr eines Kanals sein, an dem das Wasser für die Nutzung der Wasserkraft aufgestaut wird. Eine Wasserschlosslandschaft in diesem Sinn ist die Oberpfalz, das Ruhrgebiet des Mittelalters.

In der Eisernen Oberpfalz wurde Eisenerz abgebaut und mit der Kraft des reichlich vorhandenen Wassers in den Hammerwerken gleich verarbeitet. Weil die Unternehmer, die sogenannten Hammerherrn, durch diese Industrie sehr reich geworden sind und deshalb auch standesgemäß gewohnt haben, reihen sich dort entlang der Flüsse repräsentative Häuser, für die sich ebenfalls die Bezeichnung Schloss durchgesetzt hat. Eines der schönsten davon ist das Schloss Theuern bei Amberg, heute ein Bergbau- und Industriemuseum.

Im Kulturschloss Theuern bei Amberg können Sie aber nicht nur ein Hammerwerk und eine Glasschleife besichtigen. Im Schloss sind außerdem wunderbare Porzellan und Glasprodukte aus der Region zu sehen. Theuern liegt an der Bayerischen Eisenstraße, die alle Sehenswürdigkeiten zu diesem Thema vereint. Informationen dazu auf unserer Internetseite unter bayern 2.de/brheimat.de.

Liebesschlösser aus Nürnberg. Wie man Brücken entlastet.

Ein Wasserschloss, mit dem Wasser abgesperrt wird, nennt man in Bayern normalerweise Klause. Die lateinischen Wörter clausa, clausura = Abschluss und das Wort claudere = abschließen, sind mit unserem Wort Schloß, Schluß verwandt. Wenn einer exklaudiert ist, also ausgeschlossen, dann ist er exklusiv. Von diesem exclusivus, später sclusivus und schlusivus kommt das deutsche Wort Schluß, das ja in Altbayern immer noch so lateinisch ausgesprochen wird: Schluuß und Schlooß. Mit der Exklusivität ist es ja so eine Sache. Heute hat das Wort den Beigeschmack von Luxus. Aber aufgepasst: Wer sich den nicht leisten kann, der ist eigentlich exklusiv. Inklusiv ist nur, wer sich den Luxus all inclusive leisten kann. Exklusivität also schließt aus. In der Liebe bedeutet Exklusivität, man ist treu. Man schließt alle anderen aus. Früher hat man dazu den Bund der Ehe geschlossen. Naja, die Ehe, wie überhaupt all das, was altbewährt war, ist heute nicht mehr so im Schwang. Weswegen die Leute auf allerhand Ersatzrituale ausweichen, die mit Verlaub, ziemlich narrert sind. Wie zum Beispiel auf eine Brücke zu gehen, ein Vorhängschloss mitzunehmen, da die beiden Vornamen draufzuschreiben, das Vorhängschloss ans Gländer zu hängen und den Schlüssel dann ins Wasser werfen. Naja, wenn ma glaubt, dass des länger hält.

Kunstschlosser und Genie. Ein historisches Handwerk in Niederbayern

Landshut, mit der alten Landeshut der Bayern, der Burg Trausnitz, dem Stammschloß der Wittelsbacher steht an besonders günstiger Stelle: Von zwei Seiten geschützt zwischen Burgberg und Isar. Und auf der dritten Seite, isaraufwärts nach Süden, da schieben sich zwei weitere Berge bis an die Isar hin. Das sind der Klausenberg und der Schloßberg. Wer nach Landshut wollte, der musste sich durch diese Klause, durch das Schloß hindurchzwängen. Übrigens: Das lateinische Wort Clavis = Schlüssel hängt natürlich mit der Klause zusammen. Auch unser Wort Klaue kommt davon. Ursprünglich nämlich war ein Schlüssel, ein Clavis nur eine Klaue, ein Haken, mit dem man durch ein Loch in der Tür, den innen liegenden Riegel zurückgeschoben hat. Später sind dann diese Haken und damit auch die Verriegelungen, die Schlösser, die sie gesperrt haben, immer komplizierter geworden, so dass schließlich um all die Schloß- und Schließangelegenheiten herum ein eigener Beruf entstanden ist: Der Schlosser. In heutigen Zeiten werden Schlösser nahezu ausschließlich maschinell hergestellt und die Schlosser widmen sich meistens anderen Metallbauarbeiten.

Es gibt aber noch Schlosser, Kunstschlosser, die den Namen verdienen. Der Schmied Matthäus Seisenberger ist so einer. Ob im Schillerhaus in Rudolstadt, im Goethehaus in Weimar, im Gestüt Schwaiganger, im Kloster Seeon, in Schloß Amerang oder im Grandhotel Kitzbühl – er hat schon für viele prominente Gebäude Schlösser gefertigt. Im kleinen Dorf Pauluszell, das zur Gemeinde Wurmsham im Landkreis Landshut gehört, schwingen er und seine fünf Mitarbeiter den Schmiedehammer und stellen jedes Einzelteil für ein Schloss selbst von Hand her.

Zu der Schmiede gehört übrigens der FREIRAUM, ein 7000 Quadratmeter großer Garten, in dem Seisenberger zusammen mit dem Zimmerer Michael Sindlhauser hochwertige Arbeiten von 45 Kunsthandwerkern und Künstlern präsentiert. Sogar einen eigenen Laden gibt’s und eine Cafeteria.

Zu dem FREIRAUM-Garten bei der Schmiede: 45 Kunsthandwerker und Künstler präsentieren hier hier hochwertigen Arbeiten. Dabei ist auch ein Laden mit kreativen Möbeln und Accessoires, in den eine Cafeteria integriert ist, die Seisenbergers Frau Renata betreut. Öffnungszeiten Donnerstag 13-18 Uhr, Freitag und Samstag 10-18 Uhr.

Schlossgeist aus Überzeugung. Die Kastellanin im Sisi-Schloss Aichach.

Schmiede, bzw. Schlosser sind übrigens die einzigen Handwerker die es in in der Antike in den Rang von Göttern geschafft haben. Hephaistos, bzw. Vulkanus, das war der Götterschmied. Kein Wunder, denn Schmiede waren die Ingenieure früherer Zeiten, Leute also, die ingeniert waren, in denen der Genius, das Genie gehaust hat. Ein kostbares, überaus kompliziertes Schloss zu erfinden und dann auch auszuführen – dafür braucht man tatsächlich Genialität, göttlichen Geist. Und an den Schlössern und den Schlossern sieht man: So ein Geist lebt tatsächlich ewig. Daher kommt selbstverständlich auch die Idee, dass die genialen Geister bedeutender Bewohner von alten Häusern, besonders Schlössern, nach wie vor präsent sind und umgehen. Solche Schlossgeister sind erst später zu Spukgestalten mutiert. Den Geist eines Hauses spürt jeder sofort, wenn er ein Haus betritt, in dem ein guter Geist herrscht. Und dafür ist die Tradition all derer verantwortlich, die sich einmal um das Haus gekümmert haben – und jetzt noch kümmern. In dem romantischen Wasserschloss Unterwittelsbach bei Aichach ist das so. Weit und breit kein Gespenst, wohl aber ein guter Geist – die Kastellanin, die seit vielen Jahren das Schloss betreut, in dem eine der heute berühmtesten Wittelsbacherinnen, die Kaiserin Sisi so manch schöne Stunde verlebt hat.

Die Umgebung von Aichach, die Heimat der Wittelsbacher, nennt sich touristisch „Wittelsbacher Land“. Ein gutes Stück Altbayern, das seit der Gebietsreform zu Bayerisch Schwaben gehört. Deswegen isst man hier auch altbayerisch. Zum Beispiel im Landgasthof Burghof, der vom Schloß aus auf einer kurzen Wanderung zu erreichen ist. und der zu den Wittelsbacher Spezialitätenwirten gehört. Alles Wissenswerte dazu auf unserer Internetseite unter bayern 2.de/brheimat.de.

Schlossgeist im Training. Rhythmischer Spuk im unterfränkischen Mainberg

Schloss Mainberg

Das Thema Schloßgeist kam erst so recht im 19. Jahrhundert auf, als in ganz Europa wohlhabende Industrielle, die oft geadelt wurden, alte Burgruinen und Schlösser aufkauften, um so ihren neuen Stand auch nach außen zu dokumentieren. Es war das Zeitalter der Romantik, in der man sich große Geschichten großer Geister aus vergangenen Zeiten erzählt hat. Und die neuen Burgbesitzer erzählten die alten Geschichten als Anekdoten stolz weiter. So wurden aus den großen Geschichten großer Geister vergangener Epochen, kleine Geschichten spukender Schlossgeister. Ein besonders gutes Beispiel ist dafür das Schloß Mainberg bei Schweinfurt in Unterfranken. Es stammt aus dem 13. Jahrhundert, war selbstverständlich Industriellensitz und muss dringend restauriert werden. Und die Schloßgeister? Nun ja. Obwohl es auf Meinberg zur Zeit keinen Bewohner gibt, der irgendwelche Geschichten erzählen könnte, sind sie höchst aktiv.

Schlossküche mit Krötenschleim. Spukgenuss aus Oberfranken

Bayern ist ein Schlösser- und Burgenland. und in Bayern wiederum gehört die Fränkische Schweiz zu den Schlossparadiesen: Rund 170 Burgen, Schlösser und Ruinen thronen dort auf Felsen und Bergkämmen. 35 davon sind heute noch bewohnt. Schlossgeister aber dürften alle haben. Überall gibt’s doch Geschichten und wenn sie bloß Küchengeschichten sind. Schließlich möchte doch jeder wissen, wie man früher auf so Schlössern gelebt hat und wovon. Was wurde in den Schlossküchen gekocht, was hat man zu welchen Anlässen zubereitet? Zwei Autoren lüften die Geheimnisse fürstlicher Rezepte und gespenstischer Geschichten.

Das Buch die Schlossküche der Fränkischen Schweiz ist beim Sutton Heimat Verlag erschienen und umfasst rund 120 Seiten. Ein besonderes Schmankerl haben wir für Sie rausgesucht. Das geschmorte Rebhuhn können sie nachkochen und sich ganz fürstlich dabei fühlen

Die Schlossen übrigens die Hagelkörner, das bleibt nachzutragen, haben mit dem Schloss, den Schlössern, Schlossern, dem Schließen und dem Abschluss garnix zu tun. Sie hängen mit dem alten Wort schlotzen zusammen, das heute noch viel im Schwäbischen gebraucht wird. Es bedeutet soviel wie zergehen, schlecken, also im Mund zergehen lassen. Ein Schlotzer ist ein Schleimbatzen – wo der zergeht, lassen wir einmal dahingestellt. Hagel-Schlossen jedenfalls sind eben zergehende Eisbatzen. Und von diesen weißen Hagel-Schlossen wiederum kommt unser Wort schlohweiß. Wird meistens für die Haare gebraucht. Aber eben auch für Schlossgespenster. Womit sich der Kreis für heute wieder mal geschlossen hätte.


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