Bayern 2

     

radioWissen am Nachmittag Literatur und Leben

Alte Fotos und Bücher | Bild: colourbox.com

Dienstag, 24.04.2012
15:05 bis 16:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Leben erzählen
Vom Reiz des Biografischen

Martin Walser
Der springende Brunnen

Das Kalenderblatt
24.4.1671
Küchenmeister Vatel begeht Selbstmord
Ausgewählte Beiträge als Podcast verfügbar

Leben erzählen – Vom Reiz des Biografischen
von Julia Mahnke-Devlin
Biografien boomen. Ein Blick in den Buchladen oder auf den eigenen Nachttisch beweist es. Von jeher beliebt sind historische Biografien, in denen neben einer Persönlichkeit auch deren Lebenswelt, das spezifische ihrer Epoche ein Gesicht erhält. Doch in letzter Zeit erscheinen Biografien und Autobiografien von Zeitgenossen, die zum Teil noch nicht einmal ihr drittes Lebensjahrzehnt vollendet haben. Hat diese Flut an Lebensbeschreibungen etwas mit dem Narzissmus prominenter Personen zu tun, einer öffentlichen Sinnkonstruktion? Und das Interesse der Leser, ist es durch Voyeurismus zu erklären? Im Gespräch mit Buchhändlern, Literaturwissenschaftlern und Psychologen nähern wir uns dem Phänomen "Biografie".

Martin Walser – Der springende Brunnen
von Hans Chrstian Kosler
Martin Walser zählt wegen seiner neuartigen Darstellung innerer Konflikte seiner Antihelden zu den bedeutendsten deutschen Autoren der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Buch "Ein springender Brunnen" ist ein autobiographischer Rückblick in die Zeit seiner Kindheit während des Nationalsozialismus. Johann, der Hauptheld, ist wie er der kleine Sohn eines Gastwirtsehepaars in Wasserburg. Das musisch veranlagte Kind lebt inmitten der dörflich-kleinstädtischen Gemeinschaft und versucht seine Eindrücke phantasievoll zu ordnen – zum Beispiel in einem "Wörterbaum". Sie stehen im Kontrast zum Vokabular der heraufziehenden Katastrophe, gespiegelt in der Freundschaft zu Adolf, der aus einer strammen Nazi-Familie stammt. Walsers Roman wurde besonders erfolgreich, aber auch kontrovers diskutiert. Der Autor musste sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, seine vermeintlich unpolitischen Erinnerungen verharmlosten die Nazi-Zeit. Tatsächlich wollte Walser damit eine direkte Nazikritik üben, sondern Jugenderlebnisse ohne nachträgliche Wertung schildern: "Solange etwas ist, ist es nicht das, was es gewesen sein wird. Wenn etwas vorbei ist, ist man nicht mehr der, dem es passierte."

Redaktion Petra Herrmann
Manuskripte bestellen (Bayern 2 Hörerservice)
www.br.de/radio/bayern2/service/manuskripte/manuskripte-bestellen

Die ganze Welt des Wissens

Radiowissen bietet Ihnen die ganze Welt des Wissens: spannend erzählt, gut aufbereitet. Nützlich für die Schule und bereichernd für alle Bildungsinteressierten.