Bayern 2

     

radioWissen Literatur und Fälschung

Hände auf Computertastatur | Bild: colourbox.com

Dienstag, 20.03.2012
09:05 bis 10:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Ghostwriter
Autoren ohne Namen

Ossian
Der Barde aus den Highlands

Das Kalenderblatt
20.3.1848
Gogol reist ins Heilige Land
Ausgewählte Beiträge als Podcast verfügbar

Ghostwriter – Autoren ohne Namen
von Herbert Becker
Wenn auf einem Buchdeckel der Name eines berühmten Sportlers oder Künstlers, Schauspielers oder Politikers, Unternehmens- oder Kirchenführers prangt, dann ist der Verkaufserfolg gesichert. Es ist kein Geheimnis, dass die Prominenten aus Mangel an Zeit oder wegen fehlender sprachlicher Ausdrucksmittel ihre Texte oft nicht selbst zu Papier bringen, sondern die Dienste anonym bleibender Schreiber in Anspruch nehmen. Eben so ziehen Repräsentanten von Wirtschaft und Staat Redenschreiber heran, an den Pointen und Gags von Showmastern und Entertainern arbeiten ganze Ghostwriter-Kollektive, und auf das Verfassen von Lebenserinnerungen hat sich eine eigene Berufsgruppe, die der so genannten Autobiografiker spezialisiert. Den größten Teil der namenlosen Autoren und Autorinnen aber machen die akademischen Ghostwriter aus; im Auftrag von Firmen und Privatpersonen erstellen sie wissenschaftliche Gutachten und Fachartikel, schreiben Seminar- und Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen.

Ossian – Der Barde aus den Highlands
von Carola Zinner
"Ossian hat in meinem Herzen den Homer verdrängt!" Werther, der sensible Held aus Goethes Briefroman, nimmt vorweg, was wenige Jahre später die reale Leserschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts fast flächendeckend beteuert. Ossian, der Held schottischer und irischer Sagen, wird zur Ikone einer ganzen Epoche. Napoleon führt den "Ossian" stets im Reisegepäck mit, Herder entwickelt aus den Ossian'schen Gesängen den Begriff des "Volkslieds". Der Glanz fällt auch auf den Mann, der die alten Texte gesammelt und aufgeschrieben hat: James Macpherson, ein schottischer Dichter und Lehrer, hatte einige Zeit in den Highlands unterrichtet und war mit "Bruchstücken alter Dichtung" zurückgekommen. 1760 erschienen die "Fragments of ancient poetry", sensible, melancholische Texte, die angeblich aus dem 2. Jahrhundert stammten. Darin beklagt der schottische Barde Ossian sein Los und das seiner Angehörigen, die allesamt unter tragischen Umständen, meist im Kampf, ums Leben gekommen waren. Nach dem sensationellen Erfolg der "Fragments" schob Macpherson bald die Ossian´schen Dichtungen "Fingal" und "Temora" nach, die 1768/69 zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurden und zusammen mit den "Fragments" prägend wurden für "Sturm und Drang". Allerdings behaupteten einige wenige Kritiker, Macpherson habe sich den größten Teil der Texte aus den Fingern gesogen, das Ganze sei nichts anderes als ein gewaltiger Betrug.

Redaktion: Petra Herrmann
www.br.de/radio/bayern2/service/manuskripte/manuskripte-bestellen

Die ganze Welt des Wissens

Radiowissen bietet Ihnen die ganze Welt des Wissens: spannend erzählt, gut aufbereitet. Nützlich für die Schule und bereichernd für alle Bildungsinteressierten.