Bayern 2

     

radioWissen Geschichte von Armut und Arbeitslosigkeit

Ein Obdachloser schläft im Eingang eines geschlossenen und mit Brettern vernagelten Geschäfts | Bild: BR/NiallCarson

Donnerstag, 14.10.2021
09:05 bis 10:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Die Arbeitslosen von Marienthal
Eine bahnbrechende Sozialstudie

Gesellschaft und Armut
Der Umgang mit Mittellosen

Das Kalenderblatt
14.10.1960
Familie Bacardi wird enteignet
Von Thomas Grasberger
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App und ist als Podcast verfügbar.

Die Arbeitslosen von Marienthal - eine bahnbrechende Sozialstudie
Autorin: Marlene Fercher / Regie: Frank Halbach
Marienthal - ein kleines Dorf in der Nähe von Wien. Die Weltwirtschaftskrise trifft 1930 die traditionsreiche Textilfabrik mit voller Wucht. Sie muss schließen. 80 Prozent des Dorfes leiden unmittelbar unter den Folgen der Arbeitslosigkeit, eine soziale Katastrophe. Eine Gruppe Sozialforscher und vor allem -forscherinnen machen sich ins Dorf auf und untersuchen diese Extremsituation. Was macht Arbeitslosigkeit mit dem Einzelnen, was mit der Gemeinschaft? Kommt es zur Revolution oder doch eher zur Resignation? Die Forschenden leben mit den Menschen, zeichnen akribischen den Alltag auf - vom Hausstand über Mahlzeitenberichte bis hin zu Messung der Gehgeschwindigkeit. Aber auch persönliche Interviews gehören zu ihrer Methodik. Sie versuchen die Arbeitslosigkeit nicht nur als Zahl, sondern von allen Seiten zu erfassen und in einen zugänglichen, lesbaren Text zu gießen. Ein damals revolutionärer Ansatz, der auch Kritik hervorruft. Die Grenze zwischen Beobachtung und Eingreifen ins Geschehen wird so manches Mal überschritten. Zwischen Statistik und sozialer Reportage - "Die Arbeitslosen von Marienthal" hat die Sozialforschung bis heute verändert.

Gesellschaft und Armut - der Umgang mit Mittellosen
Autorin: Maike Brzoska / Regie: Sabine Kienhöfer
Armut hat es zu allen Zeiten gegeben. Sehr unterschiedlich war aber, historisch betrachtet, der Umgang mit armen Menschen. In der Antike beispielsweise wurden Bettler und Habenichtse verhöhnt und bespuckt. Denn Armut galt als Strafe der Götter. Das änderte sich mit Ausbreitung des Christentums, das Nächstenliebe und das Teilen mit Bedürftigen propagierte. Jesus selbst lebte ja mit den Armen und Ausgestoßenen. Im Mittelalter dann, als zeitweise so viele Menschen hungerten, dass Bettlerhorden durchs Land zogen, wurde Armut kriminalisiert. Öffentlich um eine Spende zu bitten, war fortan verboten. Ein paar Jahrhunderte später internierte man Bedürftige sogar in Arbeitshäuser. Auf diese Weise wollte man sie an Arbeit gewöhnen. Denn wer arm ist, müsse ein Faulenzer und Schmarotzer sein, so die Idee dahinter. Ganz anders blickte Karl Marx auf Armut. Er sah in der Armut weniger ein persönliches Versagen, sondern hielt sie für systemisch bedingt. Er ging davon aus, dass die Verelendung der Massen schließlich zu revolutionären Umbrüchen führen würde. Über die Zeit hinweg hat sich so die Sicht auf Armut immer wieder stark gewandelt. Wobei man in heutigen Debatten viele der Argumente aus den Jahrhunderten wieder findet.
BR 2019

Moderation: Thies Marsen
Redaktion: Nicole Ruchlak

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