Bayern 2

     

radioWissen Wenn sich alles um das Ego dreht

Narziß verliebt sich in sein Spiegelbild - Gemälde von John Williams | Bild: picture-alliance/dpa

Mittwoch, 02.08.2017
09:05 bis 10:00 Uhr

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BAYERN 2

Narzissmus
Von ganzem Herzen Ich

Max Stirner
Ein Verfechter des Egoismus

Das Kalenderblatt
2.8.1610
Henry Hudson entdeckt die Hudson-Bay
Von Brigitte Kohn

Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

Narzissmus - Von ganzem Herzen Ich
Autorin: Anja Mauruschat / Regie: Irene Schuck
"Liebe zu mir selbst verbrennt mich, ich selbst entzünde die Liebesflammen, die ich erleide." Diese Erkenntnis legte vor 2.000 Jahren der römische Dichter Ovid in seinen "Metamorphosen" dem Jüngling Narziss in den Mund, als dieser verzweifelt verliebt sein Spiegelbild in einem Quell betrachtet. Damit artikulierte Ovid ein Motiv, das seit der Antike in der Literatur- und Kulturgeschichte immer wieder in Variationen auftauchte: Von Ovids mythischem Jüngling über die Stiefmutter in dem Gebrüder-Grimm-Märchen "Schneewittchen". In diesen Geschichten scheint das Wissen um eine tiefe Wahrheit gespeichert: Selbstbewunderung, Selbstverliebtheit und übersteigerte Eitelkeit finden sich seit jeher bei einigen Menschen, die mit diesen Eigenschaften anderen Menschen das Leben zur Hölle machen können.
Wenn heute von Narzissmus die Rede ist, spricht man allerdings in der Regel von einem komplexen Konstrukt, das sowohl normale als auch krankhafte Züge annehmen kann. Schon Sigmund Freud unterschied 1914 zwischen einem primären und einem sekundären Narzissmus, und Alice Miller betonte, dass es sowohl eine gesunde Selbstliebe gibt, die unverzichtbar ist, um sich im Leben durchzusetzen, als auch eine krankhafte, übersteigerte Form der Selbstliebe, die es unmöglich macht, mit anderen Menschen Beziehungen einzugehen. Nachdem Narzissmus Jahrzehnte lang als rein männliches Phänomen galt, weiß man heute außerdem, dass Frauen genauso wie Männer anfällig sein können für pathologische Grandiositätsvorstellungen, auch wenn sich diese bei den weiblichen Narzissten meist auf andere Weise zeigen als bei den männlichen.
Narzissmus ist schwer zu fassen. Klar scheint nur zu sein, dass er sich seit einigen Jahren wie ein Virus ausbreitet. Der US-amerikanische Historiker Christopher Lasch sprach bereits in den 70er Jahren vom "Zeitalter des Narzissmus". Zum Teil mag diese mit Selbstdarstellungsplattformen wie "Facebook" zu tun haben. Der Autor, Pädagoge und Therapeut Heinz-Peter Röhr sieht die Zunahme des Narzissmus jedoch in einem größeren Zusammenhang: "Der typische Narzisst, selbstbezogen und rücksichtslos, erfüllt vorzüglich die Bedingungen, die in der Wirtschaft gefragt sind und hat alle Chancen, Karriere zu machen." Wehe nur dem, der einen Narzissten oder eine Narzisstin zum Chef hat.

Max Stirner - Ein Verfechter des Egoismus
Autor und Regie: Martin Trauner
Von den meisten Philosophen kennt man nicht mehr, als einen einzigen markanten Ausspruch. Mehr nicht. Und verbindet damit ihr Leben, ihre Philosophie. So ergeht es dem in Bayreuth geborenen Max Stirner (1806-1856) auch nicht anders: Bekannt, wenn überhaupt gekannt, ist einzig sein Leitsatz: "Mir geht nichts über mich!". Ein Satz aus seinem Hauptwerk "Der Einzige und sein Eigentum". Schon seine Zeitgenossen hatten so ihre Probleme mit dem Philosophen, der sich nicht einordnen lassen wollte. Jungheglianer oder Anarchist? Egoismus oder Nihilismus? - Aber gerade seine Nichtfassbarkeit macht Max Stirner zu einem der interessantesten Denker der jüngeren Philosophie.

Moderation: Florian Kummert
Redaktion: Bernhard Kastner

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