Bayern 2

     

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Kommunen, Krautrock und Krawalle 68er in der bayerischen Provinz

Die sogenannten 68er sind inzwischen im Rentenalter. Ihre Generation, die sich gegen den Muff unter den Talaren stemmte, hat Deutschland wie keine andere danach verändert. Viele der wichtigsten Akteure kamen aus der Provinz.

Von: Thies Marsen

Stand: 08.05.2018 | Archiv

Lagebesprechung im Knastcamp in Füttersee nahe Ebrach - (v.l.) Tommy Weißbecker, Georg von Rauch, Irmgard Möller, Fritz Teufel | Bild: Werner Kohn, Bamberg

Fast vergessen ist, dass der Grundstein der 68er-Bewegung mitten in Oberbayern in Kochel am See gelegt wurde, wo sich ihre späteren Köpfe um Rudi Dutschke und Dieter Kunzelmann zur Klausur trafen und den Plan fassten, neue Wohn- und Lebensgemeinschaften zu gründen.

In Herrsching wurde an der Zukunft der Rock'n Roll gefeilt

Oder dass die damals innovativste Rockcombo Amon Düül zunächst in Herrsching am Ammersee und später nahe Landshut in wilden Kommunen an der Zukunft des Rock 'n' Roll feilte. Oder dass das oberfränkische Ebrach quasi zum Ausgangspunkt für den linken Terrorismus der 70er Jahre wurde, nachdem sich dort sogenannte "Haschrebellen" aus ganz Deutschland versammelt hatten.

So ging es in der Kommune zu, laut einem Kommunarden der ersten Stunde

Gemeinsam leben, gemeinsam wirtschaften: Wie die Idee der Kommune von Berlin zurück in die bayerische Provinz kommt: Es gelang einen schönen Bungalow mit großem Garten in Gröbenzell anzumieten:

Ein Kommunemitglied sagte: Okay, es werden alle Türen ausgehängt, es gibt keine Privatheit mehr bis aufs Klo sozusagen und alles gemeinsam, alles wird zusammen geschmissen, alles gemeinsam gemacht, man hörte alles und das führte auch für mich zu psychisch ziemlich unerträglichen Situationen.

"Ich hatte damals gerade mich mit einem Mädchen hier in München angefreundet, und sie ist dann auch mit in die Kommune und die hatte dann auch ziemlich rasch wieder andere Freundschaften, und in so einem Haus, in dem alle Türen ausgehängt sind, kriegt man natürlich alles im Detail mit. Und da muss ich schon sagen, da hab ich doch ziemlich drunter gelitten. Auch wenn ich sagte okay, ich halte das nicht aus, ich finde das schlimm, ich würde am liebsten wieder raus, dann gab es natürlich endlose Gespräche darüber, dass man einen Sprung machen muss und endlich aus seiner kleinbürgerlichen Besitzvorstellung raus muss und diese ganzen Geschichten, das lief natürlich ab."

Reinhard Wetter - 1968 Student in München - später Rechtsanwalt

Im Feature "Kommunen, Krautrock und Krawalle" versammelt Thies Marsen solche 68er Geschichten aus der bayerischen Provinz.


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