NSU-Prozess


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70. Verhandlungstag, 19.12.2013 Die Theorien des Professor Mundlos

Siegfried Mundlos hat sich vor Gericht wie ausgewechselt gezeigt. In ruhigem Ton beschrieb er seinen verstorbenen Sohn Uwe Mundlos als Mitläufer, der ohne Hilfe des Verfassungsschutzes nicht zum Terroristen geworden wäre.

Von: Alf Meier

Stand: 19.12.2013 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

19 Dezember

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Seine Stimme klingt immer noch angegriffen, doch heute beißt Siegfried Mundlos nicht mitten in seiner Befragung durch das Gericht  in einen Apfel, um sich etwas Linderung zu verschaffen oder vielleicht nur um zu provozieren. Überhaupt wirkt der Vater des toten mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos wie ausgewechselt. Die Zeugeneinvernahme findet in ruhiger, sachlicher Atmosphäre statt, fast schon brav beantwortet Mundlos die Fragen des Vorsitzenden Richters. Dem emeritierten Professor aus Jena ist anscheinend klar geworden, dass sein Benehmen vom Vortag extrem schlecht ankommt. "Vater von Nazi-Killer nennt den Richter einen Klugscheißer", titelte beispielsweise die "Bild"-Zeitung.

Mundlos: Nicht bewiesen, dass NSU-Trio die Morde verübt hat

Siegfried Mundlos versuchte auch heute seinen Sohn in Schutz zu nehmen. Der 67-Jährige zeichnete das Bild eines Mitläufers, der ohne den Einfluss des Verfassungsschutzes nicht zum Terroristen geworden wäre. Um das Unbegreifliche zu begreifen, hat sich der Vater eine Theorie zurechtgelegt. Danach wäre der sogenannte "Thüringer Heimatschutz", die Neonazi-Gruppe, der auch Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in den 1990er-Jahren angehörten, ohne die Finanzierung durch V-Leute des Verfassungsschutzes nie so groß geworden. Die jungen Leute hätten gar nicht das Geld gehabt, um bis nach Bayern zu Aufmärschen, Konzerten und Treffen der Neonazi-Szene reisen, sagte er. Naive Jugendliche seien verleitet worden, um die Bilanz des Thüringer Verfassungsschutzes aufzuwerten, meint Siegfried Mundlos. Hinsichtlich der Taten gelte zudem die Unschuldsvermutung: Noch sei gar nicht bewiesen, dass das NSU-Trio die Morde begangen habe.

Nebenkläger: Kein Bezug zur Realität

Siegfried Mundlos habe den Bezug zur Realität verloren, meinten daraufhin einige Vertreter der Nebenklage. Die Anwälte versuchten, die Darstellungen des Professors zu relativieren. Mundlos erzähle die Geschichte eines jungen Mannes, der seinen Kameraden nicht aus Gesinnungsgründen, sondern nur aus Freundschaft in den Untergrund begleitete. Er zeichne das romantische Bild eines Sohnes, der sich nur aus modischen Gründen für Springerstiefel und Bomberjacken interessiert habe. Er wolle sich nicht eingestehen, dass seine Erziehung versagt habe, so die harte Kritik.

Mundlos: Zschäpe nicht rechtsradikal

Dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ausländerfeindlich ist oder war, glaubt Siegfried Mundlos nicht. Dagegen würde auch sprechen, dass sie einen rumänischen Vater habe. Er hätte Zschäpe in den 1990er-Jahren eher der linken Szene zugeordnet. Als ihm die Familie Böhnhardt damals mitteilte, die Beate habe sich dem rechten Spektrum zugewandt, habe er das nicht glauben können, sagt Siegfried Mundlos.


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