NSU-Prozess


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63. Verhandlungstag, 3.12.2013 Ein unerfreuliches Déjà-Vu

Der 63. Verhandlungstag brachte in vielfacher Hinsicht ein Déjà-Vu: Der Ex-Verfassungsschützer Andreas T. hatte schon einmal als Zeuge im Gerichtssaal gesessen. Und auch diesmal waren seine Aussagen in weiten Teilen wenig glaubhaft.

Von: Tim Aßmann

Stand: 03.12.2013 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

03 Dezember

Dienstag, 03. Dezember 2013

"Man zweifelt daran, ob Sie uns hier mit der Wahrheit dienen", sagte ein hörbar erboster Manfred Götzl, als die Befragung schon rund zwei Stunden lief.

"Vielleicht sollten Sie darüber nachdenken, ob das, was Sie hier sagen, der Wahrheit entspricht."

Manfred Götzl zu Andreas T.

Im Tag verrutscht

Der Vorsitzende Richter hatte den Zeugen wiederholt vor allem mit Fragen zu einem Sachverhalt gelöchert: Warum meldete sich Andreas T. im April 2006 nicht bei der Polizei, obwohl er doch wissen musste, dass er beim Mord an Halit Yozgat, dem Betreiber eines Internet-Cafés in Kassel, am Tatort war? Der Erklärungsansatz des Zeugen, er habe schon drei Tage nach dem Mord nicht mehr gewusst, dass er am Tag der Tat zum ungefähren Tatzeitpunkt in dem Internet-Café war, erschien Richter Götzl erneut nicht glaubwürdig. Andreas T. aber blieb dabei: Er will sich schlicht im Tag geirrt haben und deshalb nicht zur Polizei gegangen sein.

Thema der Befragung außerdem: Das Verhältnis zwischen dem V-Mann-Führer Andreas T. und dem damaligen Verfassungsschutz Informanten und Neonazi Benjamin G. V-Mann-Führer und -Quelle hatten nur wenige Tage nach dem Mord miteinander telefoniert. Die Anwälte der Familie Yozgat halten es für möglich, dass Benjamin G. die mutmaßlichen NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt kannte, die Halit Yozgat erschossen haben sollen.

Bewegender Appell im Gerichtssaal

Der V-Mann B. kommt am Mittwoch als Zeuge zum Prozess. Danach ist dann erneut Andreas T. geladen. Der heutigen Fortsetzung seiner Vernehmung hatten mehrere Nebenklage-Anwälte und Verteidiger widersprochen. Sie forderten, zunächst weitere Akten zum Fall Temme im NSU-Prozess beizuziehen. Die Bundesanwaltschaft sträubt sich schon seit Monaten dagegen. Nun forderten sogar die Eltern von Halit Yozgat in einem bewegenden Appell im Gerichtssaal die Aktenbestände ein.

Außerdem warfen die Opferanwälte der Bundesanwaltschaft und dem Gericht vor, an einer vollständigen Aufklärung des Mordes an Halit Yozgat nicht interessiert zu sein. Das Gericht entschied aber schließlich, die umstrittenen Aktenbestände auch weiterhin nicht zum Teil des Verfahrens zu machen.


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