In einem "Brandbrief" wenden sich Studierende mehrerer Filmhochschulen an die deutsche Politik: Der Bundestag solle die von der Ampel-Regierung geplante und nun auf der Kippe stehende Reform der Filmförderung noch vor Jahresende verabschieden. Sonst sehe man schwarz für die eigene Zukunft und für die deutsche Filmbranche insgesamt. Adressiert ist der offene Brief an die Fraktionsvorsitzenden und Abgeordneten des Bundestags, darunter Rolf Mützenich (SPD) und Friedrich Merz (CDU), an die Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien, den Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Die Grünen).
Studierende sehen deutschen Film "vor dem Abgrund"
"Der deutsche Film steht vor dem Abgrund – und mit ihm unsere Zukunft", heißt es in dem Schreiben. Die Reform der Filmförderung sei die letzte Chance, die kulturelle Vielfalt, die Kreativität und die Arbeitsplätze der Branche zu retten. Ohne die Reform würde der Filmstandort Deutschland den Anschluss an Europa und die Welt verlieren.
Unterschrieben haben den Brief Studierende und einige Professoren verschiedener deutscher Filmhochschulen, darunter die Hochschule für Fernsehen und Film München, die Filmakademie Baden-Württemberg und die Kunsthochschule für Medien Köln.
Neues Gesetz muss noch durch den Bundestag
Hintergrund ist die von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ausgearbeitete Reform der deutschen Filmförderung, die drei Säulen umfasst: erstens eine Zentralisierung und Entbürokratisierung der Förderung sowie die Zusammenlegung der wirtschaftlichen und der kulturellen Förderung. Die zweite Säule bildet ein neues Steueranreizmodell, durch das mehr große internationale Produktionen nach Deutschland gelockt werden sollen. Die dritte Säule beinhaltet eine Investitionsverpflichtung, die die Fernsehsender und Streamingdienste verpflichtet, sich pauschal einzubringen.
Ob diese Reform kommt, ist seit dem Ampel-Aus unklar. Das Gesetz ist ausgearbeitet, muss aber noch durch den Bundestag, wo noch abschließende Lesungen und die Abstimmung ausstehen. Und die Zeit drängt: Der Bundestag hat bis Jahresende nur noch zwei Sitzungswochen. Eine fatale Situation für Produktionsfirmen und Filmschaffende, die Planungssicherheit für das kommende Jahr brauchen.
Die Lage ist besonders brisant, weil das bisherige Filmförderungsgesetz zum 31. Dezember ausläuft. Dann würden keine Gelder vom Bund mehr fließen. Im Raum steht deshalb auch eine Verlängerung des alten Gesetzes. Das gilt allerdings als Bürokratieungeheuer, eine Überarbeitung wird parteiübergreifend als längst überfällig angesehen.
Angst vor "irreparablem Schaden"
Die Filmstudenten schreiben in ihrem Brief, dass sie Angst hätten, trotz ihrer Ausbildung keine Chancen mehr zu bekommen, ihre Geschichten zu erzählen, und dass sie "als junge Filmschaffende in Deutschland keine Zukunft mehr finden und gezwungen sind, in Länder abzuwandern, die die Bedeutung von Kultur und Filmförderung längst erkannt haben." Sie verweisen zudem auf die wirtschaftlich schlechte Lage vieler Produktionsfirmen.
Der Brief endet mit einem Appell an die Politik, schnell zu handeln. Die Reform biete "wegweisende Änderungen, die längerfristige Stabilität versprechen und den Filmstandort Deutschland wirtschaftlich wieder attraktiv machen können." Trete das novellierte Filmförderungsgesetz nicht zum 1. Januar in Kraft, werde "der Schaden irreparabel sein."
Update: Inzwischen hat sich auch Claudia Roth zu Wort gemeldet. In einer Pressemitteilung erklärt die Kulturstaatsministerin, dass sie sich "bei den demokratischen Fraktionen im Bundestag" dafür einsetzt, dass die Reform der Filmförderung noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen. "Die umfassende Reform der Filmförderung," heißt es in dem Statement, "ist von existenzieller Bedeutung für den Filmstandort Deutschland und für die gesamte Filmbranche hierzulande."
Eine erste wichtige Säule der Reform, die Novellierung des Filmfördergesetzes, sei bereits auf der Ziellinie. Auch die zweite Säule, das Filmförderzulagengesetz für ein Steueranreizmodell könne man in dieser Legislaturperiode noch umsetzen. Das Investitionsverpflichtungsgesetz könne hingegen nicht mehr vor den Neuwahlen in den Bundestag eingebracht werden. Als Grund nennt sie europarechtliche Vorgaben und die Stillhaltefrist.
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