34

Gefängnisseelsorger gesucht Muslim, staatstreu und nicht radikal

Salafisten in Haft versuchen Mithäftlinge zu radikalisieren – auch in Bayern. Als theologisches Gegengewicht gelten muslimische Seelsorger. Aber da besteht Nachholbedarf, wie aus einer Anfrage an die Staatsregierung hervorgeht, die dem BR exklusiv vorliegt.

Von: Joseph Röhmel

Stand: 23.11.2016 | Archiv

Gebetskette und Koran | Bild: picture-alliance/dpa/ANP

Brief aus dem Gefängnis

Er war der Goalgetter in seinem Fußballverein. Jetzt sitzt ein überzeugter Salafist aus München im Gefängnis. Er hat nachweislich verbotene islamistische Symbole im Internet geteilt und Rechnungen nicht bezahlt.

Zudem soll er Gleichgesinnte für den Dschihad in Syrien angeworben haben. Auf BR-Anfrage schreibt der junge Mann: "Ich bereue keine einzige Sekunde, weil ich für meinen Glauben in Haft sitze." Der Ex-Fußballer, so der Vorwurf gehobener Sicherheitskreise, hat im Gefängnis Mithäftlinge radikalisiert.

42 Islamisten in Haft

Georg Rosenthal hat die Anfrage gestellt.

Wie umgehen mit Salafisten im Knast? Wie verhindern, dass sie andere Menschen auf der Suche nach Halt und Orientierung mitreißen? Als theologisches Gegengewicht gelten muslimische Gefängnisseelsorger. Die gibt es aber eben nicht in jeder bayerischen Anstalt, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal.

Er hat eine Anfrage an die Staatsregierung gestellt, die dem BR vorliegt. Elf der 36 bayerischen Anstalten haben keinen muslimischen Seelsorger. Und wenn einer dann doch einmal benötigt wird, müssen katholische oder evangelische Kollegen einen Kontakt herstellen.

Dabei wäre es "so wichtig, Personen zu schulen, die das Vertrauen der Rechtsstaates haben und sich gleichzeitig das Vertrauen von Gefangenen erarbeiten können", sagt Rosenthal. 42 Islamisten sitzen laut Anfrage derzeit in Haft. Der SPD-Politiker fordert ein flächendeckendes Seelsorge-Netz. Das möchte auch der Freistaat, steht aber vor einer großen Herausforderung.

Islamwissenschaftler Rohe: Ablauf sehr improvisiert

Immerhin: Zum Stichtag 31. August waren mehr als 1.700 Gefangene muslimischen Glaubens in bayerischen Gefängnissen inhaftiert, insgesamt waren damals knapp 11.000 Menschen in Haft.

In einigen Anstalten sei der Ablauf der muslimischen Seelsorge noch sehr improvisiert, sagt Professor Mathias Rohe von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Der Islamwissenschaftler und Jurist hat kürzlich eine Masterarbeit zur muslimischen Gefangenenseelsorge in Bayern betreut. Aus der geht unter anderem hervor, dass in manchen Justizvollzugsanstalten der Seelsorger nur zum Beten kommt.

"Das eigentliche seelsorgerische Gespräch steckt noch in den Kinderschuhen. Gerade bei Leuten, die vielleicht radikalisiert worden sind, wäre es schon wichtig, dass sie mit Leuten reden, die auch theologisch argumentieren können."

Mathias Rohe 

Nur eine Aufwandsentschädigung

Ein weiteres Problem sieht der Islamwissenschaftler in der Bezahlung. Die meisten muslimischen Seelsorger seien im Ehrenamt tätig. Ganz anders sehe es bei evangelischer und katholischer Kirche aus.  

Dem bayerischen Justizministerium zufolge gibt es derzeit 16 evangelische und 14 katholische Seelsorger  - alle hauptamtlich tätig und von der Justiz bezahlt. Die muslimischen Kollegen bekommen dabei lediglich eine Aufwandsentschädigung. Immerhin: "Für die Schaffung weiterer seelsorgerischer Angebote für die muslimischen Gefangenen stehen 200.000 Euro im Rahmen des Nachtragshaushalts 2016 zur Verfügung", teilt das Justizministerium mit.

Bausback: "Können nicht den Bock zum Gärtner machen"

Der Wille ist vorhanden. Nur an der Umsetzung hapert es noch. Vor gut einem Jahr hat der Freistaat ein Antisalafimusnetzwerk installiert. Es soll verhindern, dass sich junge Menschen radikalisieren und es soll bis in die Haftanstalten hineinwirken.

Im Justizministerium sitzt deshalb eine Islamwissenschaftlerin, die die Umsetzung der Seelsorge im Gefängnis koordiniert. Gerade baut sie ein Netz aus Seelsorgern auf. Sie solllen eine Beziehung zu den Gefangenen herstellen und sich eng mit den Anstalten abstimmmen.

Nur müssen diese Seelsorger das Grundgesetz akzeptieren, sagt Justizminister Winfried Bausback

"Wir können nicht den Bock zum Gärtner machen."

Winfried Bausback

Bayerns Justizminister sind Fälle von Imamen bekannt, die zwar gern als Gefängnis-Seelsorger tätig wären, es aber nicht dürfen, weil sie selbst als Islamisten gelten.

Alternative aus Augsburg

Eine mögliche Alternative ist das verbandsunabhängige Projekt "Muslimische Seelsorge Augsburg - Musa", das derzeit in schwäbischen Gefängnissen getestet wird. Schon seit 2012 bildet das Projekt Ehrenamtliche zu muslimischen Seelsorgern aus. Sie wurden bisher in Krankenhäusern und Altenheimen eingesetzt.

Der Islamwissenschaftler Professor Rohe hat die Entwicklung des Projekts intensiv verfolgt. Er findet, derartige Programme sollte man fördern. Sie seien viel zu selten. Ein Projekt wie Musa könne aber niemals ganz Bayern abdecken.

Das Problem mit DITIB

Ein wichtiger Partner des Freistaats ist die türkische DITIB und deren Imame. Wie aus der Antwort auf die Anfrage des SPD-Politikers Rosenthal hervorgeht, werden diese Imame teilweise vom türkischen Konsulat vorgeschlagen. Ein großes Thema seit die Türkei immer totalitärer wird. Deshalb wundert sich Rosenthal, dass der Freistaat DITIB als kongenialen Gesprächspartner akzeptiert. "Das kann nicht so bleiben", fordert er.

Soll der Freistaat also die Partnerschaft mit DITIB aufkündigen? Für Justizminister Bausback eine schwierige Frage. Denn es gibt durchaus zuverlässige Seelsorger – jene, die einen engen Kontakt zu den Gefangen pflegen und auch auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Diese Seelsorger seien für die Anstalt sehr wertvoll. Nur, schränkt der Minister ein, die Gesamtentwicklung der DITIB-Organisation sei fragwürdig. Deshalb müsse man sie im Auge behalten.

Lücken und Alternativen der Seelsorge:

In der Justizvollzugsanstalt Aichach wird derzeit der Einsatz von deutschsprachigen Seelsorgerinnen des verbandsunabhängigen Projekts "Muslimische Seelsorge Augsburg - Musa" pilotiert.

Nach den ersten positiven Erfahrungen in der Justizvollzugsanstalt Aichach soll der Einsatz von Seelsorgern des Projekts Musa zukünftig auch in den Justizvollzugsanstalten Augsburg-Gablingen und Landsberg am Lech pilotiert werden. Hierfür stehen diese Anstalten bereits im Austausch mit den Projektverantwortlichen von Musa.

Die Justizvollzugsanstalten Bad Reichenhall, Erding, Erlangen, Garmisch-Partenkirchen, Kaisheim, Landshut, Mühldorf am Inn, Passau, Schweinfurt, Straubing und Weiden. verfügen derzeit über keinen muslimischen Seelsorger.


34

Kommentieren

Alois Hingerl , Donnerstag, 24.November 2016, 00:23 Uhr

16. Imane

Ich bin der Meinung, dass Imane geauso wie Relogionslehrer vom Staat bezahlt werden sollten. Unabhängig von DITIP oder so. Erdogan Hörige brauchen wir hier auch nicht!
@ Truderinger und Konsorten:
Ideologische HETZE braucht in dieser Zeit keine alte Sau.
Wenn man sich nur die "offiziellen" Medien (NDR, WDR usw.) anschaut, bekommt ein normaler Arbeitnehmer, der nur seine Freizeit genießen will, einfach nur Angst.
Alleine nur davon, was alles von, den viel zu hohen Steuern, bezahlt werden soll.
Auch, lieber Truderinger, hat auch Mutti nicht immer recht. Und wenn sie sich mal in Alteuropa umschauen würden, bekämen sie etwas von den Sorgen der Menschen mit. Sehen Sie nach Italien oder Spanien, wo die jungen Menschen keine Chance mehr haben auf ein "normales" Leben.
Und die AFD'ler sind zwar nicht zu wählen, wenn man sie aber als Stimmungsbarometer sieht, könnten alle Politiker etwas lernen.

Michael, Mittwoch, 23.November 2016, 22:01 Uhr

15. Islamische Seelsorger?

Ist doch irre, den Bock (Korangläubigen) zum Gärtner (Gefängnisseelsorger) zu machen.

Islam ist keine Lösung, sondern das Problem.

Christian Holz, Mittwoch, 23.November 2016, 21:16 Uhr

14. moslem. Gefängnisseelsorger

In Bezug auf Dschihadismusprävention mit der DITIB zusammenarbeiten zu wollen ist doch nur noch weltfremd. In NRW gab man kürzlich erst die Zusammenarbeit mit der DITIB wegen deren offener Terrorverherrlichung auf und dann schlägt Herr Rosenthal genau DAS vor! Dann kann man ja gleich Moslems mit der Taschenkontrolle vor Fußballstadien betrauen!

Christian Holz, Mittwoch, 23.November 2016, 20:52 Uhr

13. Gefängnisseelsorger

Zu erwarten, dass moslem. Gefängnisseelsorger ihre Glaubensbrüder vorm Abdrift in die Radikalität bewahren, ist naiv. Wer das glaubt, hat noch kein islamkrit. Buch gelesen. Die moslem. Gefängnisseelsorger sind ihrerseits Hardcoremoslems und bestärken die moslem. Nachwuchskriminellen vielmehr im Abdrift in tollwütigen Terrorislam und bluttriefenden Dschihadismus!

amadeus49, Mittwoch, 23.November 2016, 19:37 Uhr

12. Gefängnisseelsorger.

Wenn es notwendig ist einen islamischen Geistlichen für das Gefängnis zu haben wird es wohl die Möglichkeit geben gegen Aufwand einen zu finden. Gefängnis ist ja auch kein Kuraufenthalt, und dementsprechend zu handhaben. Ich frage mich was noch alles islamisiert werden muss um dem Zeitgeist zu entsprechen. Es gibt Kinderehen, es gibt Vielehen, es gibt Schariaehen, es gibt die Anregung gegen christliche Feste oder Bräuche, wann muss ich mich beschneiden lassen um dabei zu sein. Alles was Recht ist, es reicht.